Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestanforderungen an Beschwerdeinhalt
Leitsatz (NV)
Die FGO enthält keine Regelungen über Form und Frist einer Beschwerdebegründung. Jedoch folgt aus den allgemeinen Überlegungen zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen des Rechtsschutzbedürfnisses und der Geltendmachung einer Beschwer, daß jede Beschwerde einen bestimmten Mindestinhalt haben muß. Die Beschwerde muß danach nicht nur die angefochtene Entscheidung eindeutig kennzeichnen, sondern auch das Begehren erkennen lassen.
Normenkette
FGO § 51 Abs. 1, § 62 Abs. 3 S. 2, § 128 Abs. 1; ZPO § 42 Abs. 2, § 46 Abs. 2
Tatbestand
I. Mit per Telefax eingereichtem Schriftsatz vom 15. Mai 1997 bestellte sich der Prozeßbevollmächtigte im finanzgerichtlichen Verfahren unter gleichzeitiger Übermittlung einer Prozeßvollmacht und lehnte den Vizepräsidenten des Finanzgerichts (FG) als Vorsitzenden des beim FG erkennenden Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Dieser habe zu erkennen gegeben, daß bezüglich einer noch zu treffenden Entscheidung die Meinung des Richters insoweit schon feststehe, daß er dem Klageantrag des Klägers nicht stattgeben wolle.
Das FG hat den Ablehnungsantrag mit Beschluß vom 16. Mai 1997 als unbegründet abgelehnt und mit Urteil vom gleichen Tage die Klage als unzulässig abgewiesen.
Gegen den am 1. Juli 1997 zugestellten Beschluß legte der Prozeßbevollmächtigte Beschwerde ein, weil der Befangenheitsantrag zu Unrecht abgelehnt worden sei. Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Den Aufforderungen der Geschäftsstelle des erkennenden Senats an den Prozeßbevollmächtigten vom 29. September 1997 und vom 1. Dezember 1997, eine Prozeßvollmacht im Original vorzulegen, ist der Prozeßbevollmächtigte nicht nachgekommen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig. Sie ist durch Beschluß zu verwerfen (§132 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).
1. Die Beschwerde ist statthaft (§51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. §46 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --, §128 Abs. 1 FGO, vgl. auch Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Januar 1996 IX R 32/95, BFH/NV 1996, 490).
2. Der Prozeßbevollmächtigte hat jedoch im Beschwerdeverfahren keine schriftliche Prozeßvollmacht eingereicht, geschweige denn seine Bevollmächtigung durch die von der Geschäftsstelle des erkennenden Senats mehrfach angeforderte Originalvollmacht nach §62 Abs. 3 Satz 1 FGO nachgewiesen. Fehlt es an diesem Nachweis, so ist das Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (vgl. zum Erfordernis der Vorlage der Prozeßvollmacht im Original zuletzt BFH-Beschluß vom 21. Mai 1997 IV B 99/96, BFH/NV 1997, 871, m. umf. N.).
3. Darüber hinaus erfüllt die Beschwerde auch nicht die Mindestvoraussetzungen für eine Begründung eines solchen Rechtsmittels.
Zwar enthält die FGO keine Vorschriften über den Mindestinhalt einer Beschwerde i.S. des §128 FGO. Auch kann dem §120 Abs. 2 FGO kein Begründungszwang entnommen werden. Die Einreichung einer Beschwerdebegründung ist auch an keine bestimmte Frist gebunden. Jedoch folgt aus den allgemeinen Überlegungen zum Rechtsschutzbedürfnis und zur Geltendmachung einer Beschwer, daß jede Beschwerde einen bestimmten Mindestinhalt haben muß. Sie muß nicht nur die angefochtene Entscheidung eindeutig kennzeichnen, sondern auch das Begehren erkennen lassen (vgl. BFH-Beschlüsse vom 31. August 1995 I B 8/92, BFH/NV 1996, 225, 226; vom 17. November 1995 VIII B 109/95, BFH/NV 1996, 419, jeweils m.w.N.).
In dem angefochtenen Beschluß hat das FG ausgeführt, daß der Ablehnungsantrag nicht erkennen lasse, woraus der Kläger eine angebliche Voreingenommenheit des Vizepräsidenten des FG ableiten wolle. Er habe nicht dargelegt, durch welche richterlichen Handlungen bei ihm der Eindruck habe entstehen können, der abgelehnte Richter sei voreingenommen, geschweige denn solche Handlungen gemäß §51 Abs. 1 FGO i.V.m. §294 ZPO glaubhaft gemacht. Nach §51 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. §42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Dabei kommt es entscheidend darauf an, ob ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei objektiver und vernünftiger Betrachtung davon ausgehen darf, daß der Richter nicht unvoreingenommen, sondern unsachlich oder willkürlich entscheiden wird. Einen derartigen Grund hat der Beschwerdeführer weder im finanzgerichtlichen Verfahren noch in der Beschwerde gegen den ablehnenden Beschluß des FG auch nur andeutungsweise bezeichnet.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §135 Abs. 2 FGO i.V.m. §143 Abs. 1 FGO. Der Prozeßbevollmächtigte hat zwar im Beschwerdeverfahren keine Vollmacht eingereicht. Im Hinblick auf das mit dem Beschwerdeverfahren in Verbindung stehende Revisionsverfahren ... , in dem zumindest eine Prozeßvollmacht in Fotokopie vorgelegt worden ist, sind die Kosten des Verfahrens nicht dem Prozeßbevollmächtigten als vollmachtlosem Vertreter aufzuerlegen (vgl. BFH-Beschluß vom 22. September 1994 VIII R 45/94, BFH/NV 1995, 426, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 67501 |
BFH/NV 1998, 1227 |