Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe
Leitsatz (NV)
Für eine zwar rechtzeitig eingelegte, aber nicht fristgerecht begründete NZB ist PKH nur zu gewähren, wenn der Antragsteller die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der Begründungsfrist vorgelegt hat.
Normenkette
FGO §§ 56, 116 Abs. 3, § 142; ZPO §§ 114, 117
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Antragsteller als unbegründet abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Gegen das (am 30. Juli 2007 zugestellte) FG-Urteil haben die Antragsteller --vertreten durch Rechtsanwalt (RA) X-- mit Schriftsatz vom 7. August 2007 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 16. August 2007 beantragt, für die Nichtzulassungsbeschwerde Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und den noch zu bestellenden Fachanwalt für Steuern beizuordnen. Mit Schriftsatz vom 26. September 2007 meldeten sich die Rechtsanwälte Y-Z als Bevollmächtigte der Antragsteller und baten zur Fertigung der --bis zum 2. November 2007 einzureichenden-- Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde und insbesondere des PKH-Antrages um die Gewährung von Akteneinsicht. Mit Schriftsatz vom 2. November 2007 teilte RA X mit, dass der Antragsteller schwer erkrankt und nicht in der Lage sei, das Verfahren zu fördern. Er bat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren um Verlängerung der Begründungsfrist bis vorläufig zum 18. Dezember 2007.
Ebenfalls mit Schriftsatz vom 2. November 2007 --vorab per Telefax beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am selben Tage kurz vor Mitternacht-- teilten die Antragsteller mit, dass sie trotz anhaltender Krankheit und Arbeitsunfähigkeit des Antragstellers entgegen der ärztlichen Anweisung und aus Sorge um den Terminablauf nunmehr die Begründung des PKH-Antrages einreichen. In dieser legten die Antragsteller im Einzelnen dar, dass nach ihrer Auffassung die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geboten sei, weil das FG nicht über alle geltend gemachten Ansprüche entschieden habe. Sie beantragten außerdem die Gewährung von PKH auch für das PKH-Verfahren.
Mit Schriftsatz vom 5. November 2007 bestätigte RA X, dass er die Antragsteller nicht mehr vertrete. Nachdem die Vorsitzende des VIII. Senats des BFH mit Schreiben vom 6. November 2007 an die Rechtsanwälte Y-Z wegen des Ablaufs der Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einen Hinweis auf § 56 FGO erteilt hatte, beantragten die Antragsteller mit Schriftsatz vom 19. November 2007 --beim BFH per Telefax eingegangen am selben Tage-- Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO. Mangels (Gewährung von) PKH seien sie gehindert gewesen, die von RA X zur Fristwahrung eingelegte Beschwerde zu begründen, da dieser unmittelbar danach sein Mandat aus sachlichen Erwägungen niedergelegt habe. Der von ihnen konsultierte RA Y habe sich durch Akteneinsicht einen Überblick verschaffen und versuchen wollen, vorab eine PKH-Entscheidung zu erreichen. Hierzu sei es jedoch offensichtlich nicht gekommen. RA Y habe im Weiteren die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde von einem Vorschuss abhängig gemacht. Zur Erfolgsaussicht sei im Schriftsatz vom 2. November 2007 hinreichend dargelegt, dass das FG sowohl einen selbständigen Anspruch (Anerkennung der Verluste zum Nennwert) als auch ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel (Antrag auf Zurückverweisung an den Beklagten sowie zuletzt Aussetzungsantrag bis zur Entscheidung des Beklagten) teils mit Stillschweigen übergangen habe. Das Original des Schriftsatzes vom 19. November 2007 ging am 27. November 2007 beim BFH ein. Es enthielt als Anlage u.a. das amtliche Formular zur Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf Gewährung von PKH wird abgelehnt.
1. Der Senat legt den --auch ohne Einschaltung eines postulationsfähigen Vertreters zulässigen (z.B. BFH-Beschluss vom 12. Juli 2007 IX S 10/07 (PKH), BFH/NV 2007, 1918, m.w.N.)-- Antrag der Antragsteller dahin aus, dass sie nur den bereits von RA X gestellten Antrag auf PKH wiederholen und begründen wollen. Denn für das PKH-Verfahren selbst darf keine PKH gewährt werden (z.B. Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. Mai 1984 VIII ZR 298/83, BGHZ 91, 311).
2. Der Antrag auf Gewährung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist unbegründet.
a) Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 142 FGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO). Die Erklärung ist auf amtlichem Vordruck abzugeben (§ 117 Abs. 3 und 4 ZPO). Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn bei summarischer Prüfung für den Eintritt des Erfolges eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Juli 1999 V S 6/99, BFH/NV 2000, 193). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.
b) Das beabsichtigte Verfahren wegen Nichtzulassung der Revision hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
aa) In diesem Zusammenhang ist ohne Bedeutung, dass die von RA X eingelegte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nicht innerhalb der Frist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO durch eine zur Vertretung vor dem BFH berechtigte Person (§ 62a FGO) begründet worden und deshalb unzulässig ist. Denn Beteiligten, die wegen Mittellosigkeit nicht in der Lage sind, eine vertretungsberechtigte Person mit der Begründung der Beschwerde zu beauftragen, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden.
bb) Die Wiedereinsetzung setzt jedoch voraus, dass die Beteiligten ohne Verschulden verhindert waren, die gesetzliche Frist einzuhalten. Dazu gehört im Falle der Versäumung der Begründungsfrist, dass sie (spätestens) bis zu deren Ablauf die Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen Formblatt vorgelegt haben (z.B. BFH-Beschluss vom 22. September 2004 III S 10/04 (PKH), BFH/NV 2005, 363; zur Notwendigkeit der Vorlage der Erklärung innerhalb der Beschwerdefrist beim Antrag auf PKH für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde, s. BFH-Beschlüsse vom 28. April 2004 VII S 9/04, BFH/NV 2004, 1288, und vom 28. September 2005 X S 15/05 (PKH), BFH/NV 2005, 2249, jeweils m.w.N.; vgl. dazu auch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Februar 2000 2 BvR 106/00, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 2000, 1409).
cc) Den um PKH nachsuchenden Beteiligten ist es auch zuzumuten, sich über die formalen Erfordernisse ggf. beim FG oder BFH zu erkundigen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 2249, m.w.N.).
c) Im Streitfall ist die Frist für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde am 2. November 2007 abgelaufen. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist erst am 27. November 2007 beim BFH eingegangen. Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsteller ohne ihr Verschulden gehindert waren, das ausgefüllte Formblatt rechtzeitig einzureichen (§ 56 FGO), sind weder ihrem Vorbringen zu entnehmen noch sonst ersichtlich.
d) Im Übrigen ergibt sich aus dem Schriftsatz der Antragsteller vom 2. November 2007 auch kein Grund für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 FGO. Der von ihnen geltend gemachte Verfahrensmangel des Fehlens von Entscheidungsgründen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO i.V.m. § 119 Nr. 6 FGO) liegt nicht vor. Nach dem Sinn des sich aus § 105 Abs. 2 Nr. 5 FGO ergebenden Begründungszwangs sollen die Prozessbeteiligten darüber Kenntnis erhalten, auf welchen Feststellungen, Erkenntnissen und rechtlichen Überlegungen das Urteil beruht. Diesem Zweck genügt eine Begründung nur dann nicht und stellt deshalb einen Verfahrensmangel i.S. des § 119 Nr. 6 FGO dar, wenn den betroffenen Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen, weil die Begründung des Urteilsspruchs überhaupt oder im Hinblick auf einen --selbständigen-- prozessualen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel fehlt oder weil die Entscheidungsgründe nur aus inhaltsleeren Floskeln bestehen oder missverständlich und verworren sind. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht gegeben.
Gegenstand des Rechtsstreits ist --entgegen der Auffassung der Antragsteller-- nicht die Feststellung der Ursache des Auflösungsverlustes, sondern ausschließlich die Frage, welche Aufwendungen damit im Zusammenhang stehen und nachgewiesen sind; die hierzu notwendige Beurteilung hat das FG vorgenommen.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren entstehen nicht (§ 1 Nr. 3, § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes i.V.m. dem Kostenverzeichnis).
Fundstellen