Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertfestsetzung bei Streit über eine Beiladung
Leitsatz (NV)
Ist in einem Verfahren über die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheides das Interesse des aufgrund des selben Haftungstatbestandes ebenfalls in Anspruch genommenen Beiladungsprätendenten an seiner Beiladung darauf ausgerichtet, seine eigene haftungsrechtliche Inanspruchnahme infolge einer etwaigen Reduzierung des Auswahlermessens des FA zu verhindern, so ist für die Festsetzung des Streitwertes die Höhe der Haftungssumme des streitgegenständlichen Haftungsbescheides maßgebend.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1, § 25 Abs. 2; FGO § 60 Abs. 1, 3
Tatbestand
Der Beiladungsprätendent und Beschwerdeführer (Beiladungsprätendent) ist zusammen mit dem Kläger durch zwei selbstständige Haftungsbescheide gemäß § 191 der Abgabenordnung (AO 1977) i.V.m. §§ 421, 427 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) als Haftungsschuldner in Anspruch genommen worden. Der Kläger hat gegen den an ihn gerichteten Haftungsbescheid Klage erhoben. Den Antrag des Beiladungsprätendenten, zu diesem Verfahren beigeladen zu werden, hat das Finanzgericht (FG) abgelehnt. Die gegen die Entscheidung des FG gerichtete Beschwerde hat der erkennende Senat mit Beschluss vom 23. Januar 2004 VII B 184/03 als unbegründet zurückgewiesen, da weder ein Fall der notwendigen Beiladung nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) noch ein Fall der einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO vorliege. Eine Beiladung sei insbesondere deshalb nicht geboten, weil der Beiladungsprätendent ein den Belangen des Klägers entgegenstehendes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits habe und der Kläger der beantragten Beiladung entgegengetreten sei. Ziel des Beiladungsprätendenten sei die haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Klägers, die dieser im finanzgerichtlichen Verfahren zu verhindern suche.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt, den Streitwert durch Gerichtsbeschluss festzusetzen. Der Beklagte (das Finanzamt --FA--) hat auf Anfrage der Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) die Auffassung vertreten, dass bei einem Streit über die Erforderlichkeit einer Beiladung der Streitwert des Hauptsacheverfahrens maßgebend sei, wenn sich wie im Streitfall das Interesse des Klägers auf den gesamten Streitwert erstrecken würde. Der Beiladungsprätendent regt an, den Streitwert auf 15 % des streitgegenständlichen Haftungsbescheides festzusetzen. Ziel des Antrages auf Beiladung sei die Eröffnung einer Möglichkeit zum Verfahrensvortrag gewesen, um durch vollständige Sachverhaltsaufklärung eine sachgerechte Ermessensentscheidung durch das FA zu ermöglichen.
Entscheidungsgründe
Der Antrag des Klägers auf Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes für das vor dem BFH durchgeführte Beschwerdeverfahren ist zulässig. Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) setzt in der Finanzgerichtsbarkeit das Prozessgericht den Wert des Streitgegenstandes durch Beschluss fest, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte kann auch der Prozessbevollmächtigte eines Beteiligten den Antrag stellen. Da sich im Streitfall der Wert des Streitgegenstandes nicht unmittelbar aus den Anträgen der Parteien oder der bisherigen Rechtsprechung des BFH eindeutig entnehmen lässt, liegt das zu fordernde Rechtsschutzinteresse des Klägers an einer Festsetzung des Streitwertes vor.
Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG ist im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Im Streitfall ist das Interesse des Beiladungsprätendenten an seiner Beiladung darauf ausgerichtet, seine alleinige haftungsrechtliche Inanspruchnahme infolge einer etwaigen Reduzierung des Auswahlermessens des FA zu verhindern. Eine von ihm angestrebte ermessensgerechte Betätigung des Auswahlermessens durch das FA setzt notwendigerweise eine Inanspruchnahme des Klägers voraus. In diesem Fall erstreckt sich das Interesse des Beiladungsprätendenten --wie auch das des Klägers-- auf den gesamten Streitgegenstand des Hauptverfahrens (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 135 FGO Rdnr. 166; Hartmann, Kostengesetze 24. Aufl., § 13 GKG Anhang I "Beigeladener" sowie BFH-Entscheidung vom 3. August 1994 III B 132/94, BFH/NV 1995, 149), so dass für die Festsetzung des Streitwertes die Höhe der Haftungssumme des streitgegenständlichen Haftungsbescheides maßgeblich ist. Ausweislich der Einspruchsentscheidung des FA, mit der die Haftungssumme gegenüber dem ursprünglichen Haftungsbescheid heraufgesetzt worden ist, beträgt die Haftungssumme nunmehr … DM.
Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen, weil für die Streitwertfestsetzung Gerichtsgebühren nicht vorgesehen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 1207638 |
BFH/NV 2004, 1413 |