Leitsatz (amtlich)
Dem Großen Senat des BFH werden gemäß § 11 Abs. 3 und 4 FGO folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt: 1. Ist die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Gesuchs auf Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit unzulässig, wenn inzwischen das FG in der Hauptsache unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entschieden hat und gegen die Entscheidung Revision eingelegt ist? 2. Muß ein Senat in Beschlußsachen den Großen Senat in der Besetzung mit fünf Richtern auch dann anrufen, wenn über eine Beschwerde zu entscheiden ist?
Normenkette
FGO § 10 Abs. 3, § 51; ZPO § 46
Gründe
I.
Der Senat hat darüber zu entscheiden, ob die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) eingelegte Beschwerde gegen den Beschluß des Finanzgerichts (FG), durch den der Antrag des Klägers, einen Richter des FG wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, als unbegründet erklärt wird, unzulässig ist. Das FG hat vor der Entscheidung über diese Beschwerde unter Vorsitz des abgelehnten Richters in der Hauptsache entschieden und die Klage mit Urteil vom 14. Februar 1978 II 191/77 abgewiesen. Über die dagegen eingelegte Revision hat der erkennende Senat noch nicht entschieden.
Die Frage, ob und gegebenenfalls wie ein Beteiligter, der einen Richter in erster Instanz ohne Erfolg abgelehnt hat, geschützt werden kann, wenn der ohne Erfolg abgelehnte Richter vor Erledigung einer Beschwerde gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs bei der Fällung der Entscheidung in der Hauptsache mitgewirkt hat, der Richter aber in der Tat befangen war, hat die Rechtsprechung schon mehrfach beschäftigt. Die Lösungen unterscheiden sich - kurz zusammengefaßt - darin, daß nach der einen Auffassung die Überprüfung in einem gegen die Entscheidung in der Hauptsache schwebenden Revisions verfahren auf Grund von revisionsrechtlichen Rügen soll erfolgen können, während sie nach der anderen Auffassung in dem im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Beschwerde verfahren innerhalb des Ablehnungs verfahrens soll durchgeführt werden können. Folgerichtig hält die erstere Ansicht die weitere Durchführung eines Beschwerdeverfahrens für überflüssig und die Beschwerde damit für unzulässig, die zweite Ansicht dagegen die Beschwerde für sinnvoll, weil sie erst die Grundlage für die revisionsrechtlich dann zu berücksichtigende Rüge der mangelhaften Besetzung des Gerichts liefert, also für zulässig. Die Klärung der Streitfrage, die auch das von der Verfassung garantierte Recht des Beteiligten auf den gesetzlichen Richter berührt, ist daher nach Auffassung des Senats von grundsätzlicher Bedeutung.
II.
In dem Beschluß vom 2. März 1978 IV R 120/76 (BFHE 125, 12, BStBl II 1978, 404) entschied der IV. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) in einem Revisionsverfahren, die zulassungsfreie Revision sei auf Grund des in § 116 Abs. 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geregelten Tatbestands (der dem absoluten Revisionsgrund des § 119 Nr. 1 FGO entspricht) gegeben, obschon über die gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs gerichtete Beschwerde noch nicht entschieden gewesen sei. Der IV. Senat führte zunächst aus, der vorerst ohne Erfolg abgelehnte Richter habe an sich an der Entscheidung in der Hauptsache mitwirken dürfen, weil unter "Erledigung" des Ablehnungsgesuchs im Sinn des nach § 51 Abs. 1 FGO anwendbaren § 47 der Zivilprozeßordnung (ZPO) nicht nur die rechtskräftige Erledigung gemeint sei. Der insoweit abweichenden Ansicht des VII. Senats des BFH in dem Urteil vom 5. November 1974 VII R 69/72 (BFHE 114, 16, BStBl II 1975, 153) und des II. Senats des BFH (in einer nicht entscheidungserheblichen Bemerkung) in dem Beschluß vom 31. Mai 1972 II B 34/71 (BFHE 105, 337, BStBl II 1972, 567) könne er nicht folgen. Der Beteiligte, der den Richter abgelehnt habe, sei aber nicht schutzlos; zwar sei die gegen die Zurückweisung des Ablehnungsgesuchs eingelegte Beschwerde gegenstandslos und damit unzulässig geworden, doch könne die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung über das Ablehnungsgesuch im Rahmen einer Rüge nach § 116 Abs. 1 Nr. 1 (= § 119 Nr. 1) FGO erfolgen.
Der VII. Senat, bei dem der IV. Senat wegen der die Auslegung des § 47 ZPO betreffenden, oben geschilderten Divergenz anfragte, ob der erkennende Senat insoweit seine Rechtsprechung aufrechterhalten wolle, stimmte der Auffassung des IV. Senats zu, daß § 47 ZPO nicht die rechtskräftige Erledigung meine. Dabei bleibt auch der jetzt erkennende Senat.
Er hält zwar die vom IV. Senat gegebene Begründung insoweit nicht für überzeugend, als dieser aus § 48 ZPO hergeleitet hat, daß auch in § 47 ZPO das Wort "Erledigung" die Entscheidung des Gerichts erster Instanz über das Ablehnungsgesuch bedeute. Doch ist der erkennende Senat der Auffassung, daß das Gericht durch die in einem Nebenverfahren eingelegte Beschwerde nicht gehindert ist, in der Hauptsache zu entscheiden, weil eine Beschwerde in aller Regel keine aufschiebende Wirkung hat (§ 131 Abs. 1 FGO), und daß auch Gründe der Prozeßökonomie gegen diese aufschiebende Wirkung sprechen, weil der Fortgang des Verfahrens nicht behindert werden soll und weil es sonst auch in der Hand unseriöser Beteiligter läge, das Verfahren durch unbegründete (wenn auch nicht gerade willkürliche) Ablehnungsgesuche zu verschleppen.
In der dem IV. Senat gegenüber abgegebenen Stellungnahme auf die genannte Anfrage hatte der VII. Senat aber geäußert, daß angesichts der - geänderten - Auffassung zu § 47 ZPO die Frage neu überdacht werden müsse, wie der Beteiligte vor der Mitwirkung eines in der Tat befangenen Richters geschützt werden könne. Der VII. Senat hat dabei eindeutig erklärt, er halte nach wie vor daran fest, daß die Frage der Richterablehnung unmittelbar kein Gegentand der Prüfung durch das Revisionsgericht sein könne, da es sich um eine Entscheidung der Vorinstanz handele, die mit der Beschwerde besonders anfechtbar sei (vgl. § 155 FGO i. V. m. §§ 512, 548 ZPO). Zur Begründung hat der Senat auf seinen Beschluß vom 7. April 1976 VII B 7/76 (BFHE 118, 301, BStBl II 1976, 387) der die seiner Ansicht nach gleich zu beantwortende Frage der Ablehnung eines Sachverständigen betrifft, hingewiesen. Der VII. Senat hat ferner ausgeführt, gegen die Auffassung, daß im Revisionsverfahren unmittelbar die Rechtmäßigkeit der Entscheidung der Vorinstanz über den Ablehnungsantrag geprüft werden könne, spreche auch die Vorschrift des § 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO (= § 119 Nr. 2 FGO). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift seien nicht gegeben, da der Richter ohne Erfolg abgelehnt worden sei. Diese Vorschrift stehe aber zu § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO (= § 119 Nr. 1 FGO) im Verhältnis der Spezialität, d. h. ihr komme der Vorrang zu. Andernfalls wäre sie nämlich überflüssig, insbesondere der Hinweis, daß Voraussetzung der Rüge die Ablehnung "mit Erfolg" sei. Bei einer Ablehnung, die in der ersten Instanz keinen Erfolg gehabt habe, scheide daher eine Berufung auf § 116 Abs. 1 Nr. 1 FGO (= § 119 Nr. 1 FGO) aus (so Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 51 Anm. 4 [§ 46 ZPO Anm. 2 b aa] und für die entsprechende Frage in der Zivilprozeßordnung Wieczorek, Zivilprozeßordnung und Nebengesetze, 2. Aufl., § 46 Anm. B III; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 37. Aufl., § 46 Anm. 2; wohl auch Reichsgericht (RG), Beschluß vom 23. April 1907 VII 49/07, RGZ 66, 46). Soweit der VII. Senat in der Entscheidung VII R 69/72 einen anderen Standpunkt vertreten habe, also § 119 Nr. 1 FGO für anwendbar gehalten habe, halte er daran nicht fest.
Gerade im Hinblick auf diese Rechtslage (d. h. die Mitwirkungsmöglichkeit des vorerst ohne Erfolg abgelehnten Richters an der Entscheidung einerseits und die Nichtnachprüfbarkeit im Revisionsverfahren andererseits) - so fuhr der VII. Senat in seiner Stellungnahme gegenüber dem IV. Senat fort - sei er der Auffassung, daß an seiner Entscheidung vom 28. September 1972 VII B 70/72 (BFHE 107, 100, BStBl II 1973, 18) nicht mehr festzuhalten sei, wonach die Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Gesuchs um Ablehnung eines Richters des FG unzulässig sei, wenn das FG bereits in der Sache entschieden habe. Dieser Entscheidung könne nur dann gefolgt werden, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel eingelegt worden sei. Sei aber Revision eingelegt worden, so sei eine solche Beschwerde im Gegensatz zu der zitierten Entscheidung nicht "zwecklos und gegenstandslos" (Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 51 FGO Anm. 24 Abs. 3; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 51 Anm. 4 [§ 46 ZPO Anm. 2 c]). Sie biete vielmehr für den betroffenen Beteiligten die einzige Möglichkeit, die Frage der Parteilichkeit des abgelehnten Richters doch noch zweitinstanzlich entscheiden zu lassen und zur Grundlage einer Revisionsrüge im Hauptverfahren zu machen. Führe nämlich das Beschwerdeverfahren zum Erfolg und werde das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt, so stehe damit fest, daß bei der Vorentscheidung ein Richter mitgewirkt habe, der mit (nachträglichem) Erfolg abgelehnt gewesen sei (§ 116 Abs. 1 Nr. 2, § 119 Nr. 2 FGO). Die gleiche Auffassung werde z. B. vertreten von Wieczorek (a. a. O., § 46 Anm. B II d; Stein/Jonas (Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 19. Aufl., § 46 Anm. II) und Kollnig (Neue Juristische Wochenschrift 1967 S. 2045, 2046 - NJW 1967, 2045, 2046 -). Der Fall sei genau so zu sehen wie jener des wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Sachverständigen: Werde das entsprechende Ablehnungsgesuch im Beschwerdeverfahren für begründet erklärt, so sei dadurch nach überwiegender Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum dem Sachurteil erster Instanz für das Revisionsverfahren insoweit die Grundlage entzogen worden, als es das Gutachten des betreffenden Sachverständigen gewertet habe (vgl. die zitierte Entscheidung VII B 7/76 mit weiteren Nachweisen).
Entgegen dieser Stellungnahme hat der IV. Senat in dem dann ergangenen Urteil die unmittelbare Überprüfung im Revisionsverfahren für zulässig und § 116 Abs. 1 Nr. 1 (= § 119 Nr. 1) FGO für anwendbar gehalten.
Der erkennende Senat beabsichtigt, entsprechend der oben eingehend wiedergegebenen Stellungnahme gegenüber dem IV. Senat, die er sich auch jetzt in vollem Umfang zu eigen macht, zu entscheiden und die Beschwerde für zulässig zu halten.
III.
Der erkennende Senat sieht sich nicht durch die vom IV. Senat in seinem Beschluß IV R 120/76 geäußerte Ansicht, eine Beschwerde sei in dem hier zu entscheidenden Fall unzulässig, gebunden. Der IV. Senat hatte über die Zulässigkeit einer Revisionsrüge in einem Revisionsverfahren zu befinden, während hier über eine Beschwerde im Richterablehnungsverfahren zu entscheiden ist. Bei der Entscheidung des IV. Senats, daß eine revisionsrechtliche Überprüfung möglich sei, hatte die Erwägung, daß eine Beschwerde unzulässig sei, nur den Charakter einer beiläufigen, die Entscheidung nicht tragenden Bemerkung. Der IV. Senat wollte seine Auffassung, ein noch nicht rechtskräftig abgelehnter Richter könne ohne Verkürzung des Rechtsschutzes mitwirken, gegen den Vorwurf absichern, es werde eine Überprüfung der ablehnenden Entscheidung im Rechtsmittelweg ausgeschlossen; denn - so meinte er - eine solche Nachprüfung könne ja im Revisions verfahren erfolgen. Dem stehe nicht entgegen, daß eine Beschwerde im Ablehnungs verfahren unzulässig sei. Dieser letzteren Feststellung hätte es nicht bedurft. Wäre die Beschwerde zulässig gewesen, wäre der Rechtsschutz des Ablehnenden erst recht nicht beeinträchtigt und somit die Entscheidung des IV. Senats, die dann sogar zu einer doppelten Rechtsschutzmöglichkeit geführt hätte, ebenfalls nicht in Frage gestellt gewesen.
Der erkennende Senat hat daher von einer Anfrage beim IV. Senat abgesehen.
Er ruft den Großen Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage (§ 11 Abs. 4 FGO) an.
Für den Fall, daß der Große Senat entgegen den oben gemachten Ausführungen zu der Auffassung kommen sollte, der erkennende Senat beabsichtige, von einer entscheidungserheblichen Rechtsansicht des IV. Senats abzuweichen, stützt der erkennende Senat die Anrufung hilfsweise auf § 11 Abs. 3 FGO (vgl. den Beschluß des Großen Senats vom 16. Januar 1967 GrS 4/66, BFHE 88, 3, BStBl III 1967, 240).
IV.
Der Senat hat diesen Vorlagebeschluß in der nach § 10 Abs. 3 FGO vorgeschriebenen Besetzung von drei Richtern erlassen. Er setzt sich damit in Widerspruch zu der Entscheidung des Großen Senats vom 10. März 1969 GrS 4/68 (BFHE 95, 366, BStBl II 1969, 435) und insbesondere zu dem Beschluß vom 28. November 1977 GrS 4/77 (BFHE 124, 130, BStBl II 1978, 229).
Der Große Senat, der in seiner Entscheidung GrS 4/68 über eine Sache zu befinden hatte, über die endgültig durch Urteil zu entscheiden war, hat seine Auffassung, die Anrufung müsse immer durch fünf Richter erfolgen, in dem Beschluß GrS 4/77 auch auf Fälle erweitert, in denen die endgültige Entscheidung durch Beschluß ergehen muß, also nur von drei Richtern gefällt werden darf. Er hat das nicht näher begründet.
Für diesen letzteren Fall - nur darüber ist hier zu befinden - kann der erkennende Senat dem Großen Senat nicht folgen. Beiden Entscheidungen des großen Senats liegt die Auffassung zugrunde, die Regelung in § 10 Abs. 3 FGO über die Besetzung der Senate in Beschlußsachen mit drei Richtern diene nur der Vereinfachung. Dieser Zweck mag zutreffend sein. Maßgebend aber ist allein, in welcher Gestalt dieser Zweck seinen gesetzlichen Niederschlag gefunden hat. Ist damit, wie bei § 10 Abs. 3 FGO, der gesetzliche Richter bestimmt worden, so würde der verfassungsrechtliche Grundsatz, daß niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden darf (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes - GG -) verletzt, wenn bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung fünf Richter statt der im Gesetz vorgesehenen drei Richter mitwirken würden.
So hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) für den ähnlich liegenden Fall seiner Anrufung in dem Beschluß vom 7. Oktober 1970 1 BvL 22/70 (BVerfGE 29, 178) ausgesprochen, daß der Vorlagebeschluß nur von den Richtern gefaßt werden könne, die auch für die Fällung der endgültigen Entscheidung zuständig seien.
Die Erwägung des Großen Senats, es könne eine unzulässige Revision in Vollbesetzung verworfen werden, wenn sich die Unzulässigkeit erst bei der Beratung im Vollsenat herausstelle, kann nicht zu den dabei angenommenen unlösbaren Schwierigkeiten führen, wenn zunächst in der Besetzung mit fünf Richtern geprüft wird, ob die Revision zulässig ist, und gegebenenfalls in dieser Besetzung auch der Beschluß über die Verwerfung der Revision ergeht (s. Beschluß des erkennenden Senats vom 14. Februar 1978 VII R 91/77, BFHE 124, 309, BStBl II 1978, 312). Im vorliegenden Fall geht es aber um eine Beschlußsache nach § 51 Abs. 1 FGO i. V. m. § 46 ZPO, die in jedem Fall vom Senat in der Besetzung mit drei Richtern entschieden werden muß. Hier würde es gerade nicht der Vereinfachung dienen, wenn sich z. B. bei der Beratung der Beschwerdesache im Dreier-Senat ergäbe, daß der Große Senat anzurufen sei, und deshalb der Dreier-Senat die Sache an den Fünfer-Senat verwiese, dieser aber zur Überzeugung käme, daß der Große Senat nicht anzurufen sei. In diesem Falle müßte die Sache an den Dreier-Senat zurückverwiesen werden, dem damit aber seine Entscheidung als gesetzlicher Richter nicht abgenommen wäre, so daß der gleiche Kreislauf von neuem beginnen könnte.
Gerade in eiligen Fällen, wie in dem vorliegenden Fall einer Richterablehnung, wäre eine solche Verzögerung nicht zu vertreten, zumal sie auch gegen Art. 101 Abs. 1 GG verstößt. Auch die Bestimmung in § 10 Abs. 3 FGO, wonach bei Beschlüssen auf Grund mündlicher Verhandlung die Vollbesetzung vorgeschrieben ist, spricht dafür, daß diese nur dann zulässig ist, wenn sie - ausnahmsweise - vorgeschrieben ist.
Für die Rechtsauffassung des vorlegenden Senats sprechen in diesem Zusammenhang noch folgende Gründe:
Der Große Senat entscheidet bindend über eine für einen Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage, ohne daß ihm allerdings die Entscheidung des Rechtsstreits selbst übertragen wird. Mit der Anrufung des Großen Senats fällt jedoch bereits eine bedeutsame Vorentscheidung, die praktisch gesehen zumeist die Entscheidung vorwegnimmt. Die die Anrufung bestimmenden Richter entscheiden dabei aber nicht nur über die dem Großen Senat vorzulegende Rechtsfrage, sondern auch über andere Rechtsfragen, von denen es unter Umständen erst abhängt, ob die dem Großen Senat vorzulegende Rechtsfrage überhaupt entscheidungserheblich ist. Der Dreier-Senat, an den die Sache nach der Entscheidung des Großen Senats wohl zurückgehen muß, ist nur an die vom Großen Senat entschiedene Rechtsfrage gebunden. Der Dreier-Senat kann also zu einer anderen Entscheidung kommen, die die vom Großen Senat entschiedene Rechtsfrage entscheidungsunerheblich werden läßt.
Fundstellen
Haufe-Index 72913 |
BStBl II 1979, 565 |
BFHE 1979, 27 |