Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassungsfreie Verfahrensrevision -- Vertretungsmangel
Leitsatz (NV)
Das Vorbringen des Revisionsklägers, das FG habe die gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 FGO angeforderte Prozeßvollmacht zu Unrecht als fehlend beanstandet, weil diese sich in den beigezogenen Steuerakten befinde, enthält keine schlüssige Rüge eines die zulassungsfreie Verfahrensrevision eröffnenden Mangels, auch nicht eines solchen der prozeßordnungswidrigen Vertretung i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO; denn ein Beteiligter ist schon dann nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten, wenn ein Bevollmächtigter für ihn auftritt, dem eine schriftliche Prozeßvollmacht erteilt worden ist, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Vollmacht durch Vorlage der entsprechenden Urkunde gegenüber dem Gericht gemäß § 62 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO nachgewiesen wurde.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 3, § 116 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Prozeßbevollmächtigten (P) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hatten beim Finanzgericht (FG) namens der Klägerin Klage gegen eine Grunderwerbsteuerfestsetzung erhoben. Auf die Verfügung des Vorsitzenden Richters am FG, mit der den P unter Fristsetzung gemäß § 62 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO n. F.) die Beibringung der Vollmachtsurkunde aufgegeben worden war, erklärten die P, daß diese unmittelbar von der Klägerin eingereicht werde. Eine Vollmacht wurde nicht vorgelegt.
Das FG beraumte Termin zur mündlichen Verhandlung an, zu dem es die P sowie den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) förmlich lud. Im Termin zur mündlichen Verhandlung erschien für die Klägerin niemand. Das FG wies die Klage mangels Nachweises der Bevollmächtigung als unzulässig ab.
Gegen diese Entscheidung, die keinen Ausspruch über die Zulassung der Revision enthält, hat die Klägerin durch fristgerecht eingegangenen Schriftsatz ihrer P Revision eingelegt und -- neben materiell-rechtlichen Einwänden gegen die Grunderwerbsteuerfestsetzung -- ausgeführt, das erstinstanz liche Urteil stütze sich auf die unrichtige Feststellung, sie -- die Klägerin -- habe die Einreichung einer Prozeßvollmacht verabsäumt, obwohl sich diese in den beigezogenen Steuerakten des FA befinde.
Einen bestimmten Antrag hat die Klägerin nicht gestellt. Ihrem Vorbringen ist -- sinn gemäß -- das Begehren zu entnehmen, das Urteil des FG aufzuheben.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unzulässig und deshalb gemäß §§ 124, 126 Abs. 1 FGO durch Beschluß zu verwerfen.
Die Revision der Klägerin ist nicht statthaft und damit unzulässig. Hat weder das FG noch auf Beschwerde der Bundesfinanzhof (BFH) die Revision zugelassen, ist die Revision nur statthaft, wenn einer der in § 116 Abs. 1 FGO abschließend bezeichneten Verfahrensmängel schlüssig gerügt wird. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.
Die Klägerin macht in verfahrensrechtlicher Hinsicht geltend, die das finanzgerichtliche Urteil tragende Feststellung, sie -- die Klägerin -- habe dem FG die angeforderte Vollmachtsurkunde nicht vorgelegt, sei unzutreffend, weil sich eine umfassende Prozeßvollmacht in den beigezogenen Behördenakten befinde. Dieser Vortrag enthält keine schlüssige Darlegung eines Verfahrensmangels, auch nicht des Mangels der Vertretung gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO. Ein Mangel der Vertretung ist zwar auch dann gegeben, wenn das FG bei der Ladung zur mündlichen Verhandlung den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt und dadurch dem Beteiligten die Teilnahme unmöglich gemacht hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. Januar 1988 IV R 14/86, BFHE 152, 196, BStBl II 1988, 447; vom 15. Dezember 1986 IV B 59-61/86, IV B 66/86, BFH/NV 1988, 643, und vom 29. Juni 1989 V R 112/88, V B 72/89, BFHE 157, 308, BStBl II 1989, 850, m. w. N.). Ein solcher Fehler bei der Ladung ist aber von der Klägerin nicht schlüssig behauptet worden. Aus ihrem Vortrag ist zu entnehmen, daß den P, die ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung eingeladen wurden, für die gerichtliche Interessenvertretung der Klägerin Vollmacht erteilt worden war und die Klägerin daher im Klageverfahren ordnungsgemäß durch diese vertreten war. Denn ein Beteiligter ist schon dann nach den Vorschriften des Gesetzes vertreten, wenn ein Bevollmächtigter für ihn auftritt, dem eine schriftliche Prozeßvollmacht erteilt worden ist, und zwar unabhängig von der Frage, ob diese Vollmacht durch Vorlage der entsprechenden Urkunde gegenüber dem Gericht gemäß § 62 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO nachgewiesen wurde (BFH-Urteil vom 27. April 1994 XI R 29/93, BFHE 174, 304, BStBl II 1994, 661, und BFH in BFHE 157, 308, BStBl II 1989, 850 -- 851 --; Tipke/Kruse, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 16. Aufl., § 116 FGO Tz. 18).
Fundstellen
Haufe-Index 421579 |
BFH/NV 1997, 39 |