Entscheidungsstichwort (Thema)

Wesentlicher Verfahrensmangel; Terminsaufhebung

 

Leitsatz (NV)

Ein Verfahrensmangel i. S. des §116 Abs. 1 Nr. 3 FGO (mangelnde Vertretung) liegt nicht vor, wenn ein Beteiligter die Abladung von Zeugen als Terminsaufhebung mißversteht und deshalb nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage der Kläger und Revisionskläger (Kläger) nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 14. März 1997 als unbegründet abgewiesen. Zuvor hatte es die Prozeßbevollmächtigten der Kläger, die Kläger persönlich, den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt -- FA --) und zwei Zeugen zum Termin geladen (Ladung vom 6. Februar 1997). Das FG ordnete in der Ladung das persönliche Erscheinen der beiden Kläger an und bat um Mitteilung, ob die Anhörung weiterer Zeugen für notwendig erachtet werde. Nachdem die beiden Zeugen schriftlich mitgeteilt hatten, daß sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch machen würden, benachrichtigte das FG die beiden Zeugen unter dem 21. Februar und 3. März 1997, daß der Termin zur mündlichen Verhandlung am 14. März 1997 aufgehoben worden sei. Durchschriften dieser Benachrichtigung übersandte das FG den Prozeßbevollmächtigten der Kläger, den Klägern persönlich und dem FA. In den Benachrichtigungen heißt es: " ... wird Kopie des Schriftsatzes der (Zeugen) ... sowie der heutigen Terminsabladung mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt". Einen Tag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung teilte der Berichterstatter des FG dem Büro der Prozeßbevollmächtigten mit, die Klage habe kaum Erfolgsaussicht, und bat um Rückruf des Prozeßbevollmächtigten nach dessen Rückkehr. Zur mündlichen Verhandlung am 14. März 1997 erschien für die Kläger niemand. Einer der Prozeßbevollmächtigten der Kläger erklärte auf telefonische Rückfrage des FG, die Abladung der Zeugin A sei als Terminsaufhebung verstanden worden.

Mit ihrer auf §116 Abs. 1 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gestützten Revision machen die Kläger geltend, sie seien in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen. Sie seien aufgrund des Wortlauts der Aufhebung der Ladung der beiden Zeugen davon ausgegangen, die mündliche Verhandlung am 14. März 1997 werde nicht stattfinden. Ihre Prozeßbevollmächtigten hätten deshalb den Vermerk über den Termin zur mündlichen Verhandlung im Terminkalender gestrichen und den Termin nicht wahrgenommen.

Die Kläger beantragen, unter Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung und unter Änderung des Einkommensteuerbescheides 1988 die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um ... DM herabzusetzen und beim Kläger weitere Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit von ... DM zu berücksichtigen. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig und deshalb durch Beschluß zu verwerfen (§124 Abs. 1 Satz 2, §126 Abs. 1 FGO). Es fehlt an der schlüssigen Darlegung eines Zulassungsgrundes i. S. des §116 Abs. 1 Nr. 3 FGO, denn die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, ergeben nicht den behaupteten Mangel.

Nach der zuletzt genannten Vorschrift bedarf es einer Zulassung zur Einlegung der Revision nicht, wenn als wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird, daß ein Beteiligter im Verfahren nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes vertreten war. Die Vorschrift greift auch dann ein, wenn der Prozeßbevollmächtigte oder der Beteiligte nicht oder nicht ordnungsgemäß geladen und deshalb nicht erschienen ist. Einer fehlenden Ladung steht der Fall gleich, daß das FG eine mündliche Verhandlung durchführt, obwohl der Termin zuvor aufgehoben wurde (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. April 1990 8 C 38/88, Neue Juristische Wochenschrift 1993, 583; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §119 Rz. 19, m. w. N.). Die Kläger machen geltend, sie hätten die "Terminsaufhebung" gegenüber den beiden Zeugen, die das FG ihnen nachrichtlich zur Kenntnis gegeben hatte, als Terminsaufhebung i. S. des §227 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) ausgelegt. Die hierfür angeführten Tatsachen ergeben jedoch nicht, daß dieser Schluß berechtigt war. Die Kläger haben ausgeführt, daß das FG ihnen und ihrem Prozeßbevollmächtigten mitgeteilt habe, daß die Zeugen abgeladen worden seien. Hieraus folgt nicht, daß der Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben worden sei. Dies ergibt sich auch nicht aus dem von den Klägern zitierten mit "Ladung-Benachrichtigung" überschriebenen Schriftsatz, in dem es wörtlich geheißen habe: " ... danach ist der auf den 14. 3. 1997, 12:45 Uhr, anberaumte Termin zur mündlichen Verhandlung aufgehoben worden". Denn dieser Schriftsatz war, wie die Kläger ausführen, an die Zeugen gerichtet gewesen und (lediglich) als Anlage der Benachrichtigung der Kläger und deren Prozeßbevollmächtigten über die Abladung der Zeugen beigefügt. Auch wenn die Ausdrucksweise nicht der für die Aufhebung der Ladung von Zeugen in §381 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehenen entsprochen hat, rechtfertigt dies -- insbesondere wegen der Adressierung an die Zeugen und die Beifügung als Anlage zur Mitteilung über die Abladung der Zeugen -- nicht den Schluß, daß der Termin zur mündlichen Verhandlung gegenüber den Klägern aufgehoben worden sei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 66880

BFH/NV 1998, 588

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