Entscheidungsstichwort (Thema)
BFH ist für einen erst nach Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils ergangenen Abrechnungsbescheid nicht Gericht der Hauptsache i.S. von § 69 Abs. 3 FGO
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat mit Beschluss vom 6. November 2000 dem Antrag der Antragsteller auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Einkommensteuerbescheide 1991 bis 1994 nur insoweit entsprochen, als es die Bescheide für 1991, 1993 und 1994 wegen bisher nicht als Sonderausgaben anerkannter Steuerberatungskosten, die die Antragstellerin betrafen, ausgesetzt hat. Im Urteil vom 25. November 2003 bestätigte das FG seine Rechtsauffassung im Grundsatz, verringerte jedoch die auf die Antragstellerin entfallenden Steuerberatungskosten. Gegen das Urteil wurde Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Diese wird im Wesentlichen wie folgt begründet:
Das FG habe sich nicht an die Grundsätze des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Beurteilung einer sog. Liebhaberei gehalten.
Zuzulassen sei auch wegen des beim BFH bereits anhängigen Verfahrens XI R 6/02 (zugelassen vom Senat) und zur Klärung der von Fuhrmann in Neue Juristische Wochenschrift (NJW) 2003, 2586 aufgeworfenen Fragen.
Pauschale Werbungskosten seien aufgrund der bisherigen Handhabung durch den Antragsgegner (Finanzamt --FA--) anzuerkennen.
Die Antragsteller seien nicht darauf hingewiesen worden, dass sie im Zusammenhang mit den Verlusten aus Vermietung und Verpachtung Planungsunterlagen vorzulegen haben.
Es sei rechtswidrig, die Steuerberatungskosten, die der Antragsteller für die steuerliche Beratung in Rechnung gestellt habe, nicht vollumfänglich anzuerkennen.
Die Antragsteller beantragen:
Es wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Gerichts vom 6. November 2000 ausgesprochene AdV bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens FG Münster 15 K 3829/00 E bzw. BFH XI B 9/04 fort gilt.
Die Vollziehung der mit Anschreiben des FA vom 26. April 2004 übersandten "Abrechnungen 1991, 1993 und 1994, jeweils vom 03.02.2004" sowie der Vollstreckungsankündigung vom 26. April 2004 wird ausgesetzt.
Soweit die AdV gewährt wird, wird die Verwirkung von evtl. Säumniszuschlägen bis zum Ergehen der gerichtlichen Entscheidung über die Aussetzungsanträge aufgehoben.
Ferner begehren die Antragsteller mit Schriftsatz vom 4. August 2004 AdV der im Abrechnungsbescheid vom 8. Juni 2004 festgestellten Säumniszuschläge.
Das FA beantragt, die Anträge abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Das Verfahren betreffend den im Schriftsatz vom 4. August 2004 gestellten Antrag auf AdV des Abrechnungsbescheides vom 8. Juni 2004 wird abgetrennt und an das FG Münster verwiesen. Das den Abrechnungsbescheid betreffende Aussetzungsverfahren wird deshalb an das für die Hauptsache zuständige Gericht verwiesen (vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1994 VIII S 4/94, BFH/NV 1995, 800). Für eine AdV des erst nach Ergehen des finanzgerichtlichen Urteils ergangenen Abrechnungsbescheids ist der BFH nicht zuständig. Er ist nur im Umfang der Nichtzulassungsbeschwerde Gericht der Hauptsache i.S. des § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
2. Die Anträge im Übrigen werden abgelehnt. Sie sind teils unzulässig, teils unbegründet.
a) Der Antrag, festzustellen, dass die mit Beschluss des FG vom 6. November 2000 ausgesproche AdV bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gelte, ist nicht statthaft. Die FGO sieht ein derartiges Feststellungsverfahren nicht vor.
b) Da die vom FA nach § 100 Abs. 2 Satz 3 FGO erlassenen "Abrechnungen" keine Verwaltungsakte i.S. des § 69 Abs. 1 FGO sind, versteht der erkennende Senat den diesbezüglich gestellten Antrag dahin, dass die Antragsteller AdV der angefochtenen Steuerbescheide für 1991, 1993 und 1994 begehren. Dieser Antrag ist, soweit er nicht bereits unzulässig ist, unbegründet.
Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes aussetzen, soweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen. Bei der Frage nach dem Bestehen ernstlicher Zweifel ist nicht nur die materielle Rechtmäßigkeit des zu beurteilenden Bescheids, sondern auch zu berücksichtigen, inwieweit dieser Bescheid unter verfahrensrechtlichen Gesichtspunkten noch geändert werden kann. Dieser Grundsatz gilt namentlich dann, wenn es um Bescheide geht, die Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde sind. Deshalb kann in einem solchen Fall eine AdV nur gewährt werden, wenn auch bei Beachtung der beschränkten Überprüfungsmöglichkeiten des BFH im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ernstlich mit einer Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsaktes gerechnet werden kann (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Juli 2002 I S 5/02, BFH/NV 2002, 1340; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Rdnr. 97, m.w.N.).
Im Streitfall hält der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragsteller im Wesentlichen für unzulässig, weil ihre Beschwerdebegründung nicht den vom Gesetz gestellten Anforderungen entspricht. Im Übrigen ist sie unbegründet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom heutigen Tag Az. XI B 9/04 hingewiesen. Die Nichtzulassungsbeschwerde hatte auch bei der in diesem Verfahren ausreichenden summarischen Überprüfung der Zulassungsvoraussetzungen zu keinem Zeitpunkt Aussicht auf Erfolg.
Anhaltspunkte dafür, dass die Vollziehung der angefochtenen Bescheide für die Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, werden nicht dargelegt und sind auch nicht erkennbar.
Fundstellen