Entscheidungsstichwort (Thema)
Unangemessene Kfz-Kosten?
Leitsatz (NV)
1. Ob Anschaffungskosten in Höhe von 120 000 DM für einen Pkw (teilweise) unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG sind, beurteilt sich nach dem Umständen des Einzelfalls.
2. Die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg des Steuerpflichtigen ist (nur) eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7
Verfahrensgang
Schleswig-Holsteinisches FG |
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdegegner (Kläger) sind Eheleute, die für die Streitjahre (1986 und 1987) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Der Kläger erzielte als freipraktizierender ... -Arzt Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von rd. 300 000 DM (1986) bzw. 400 000 DM (1987); seine Umsätze betrugen 1986 rd. 730 000 DM und 1987 rd. 820 000 DM. Er erwarb in der zweiten Jahreshälfte 1986 für 120 984,70 DM einen Mercedes 560 SEL.
Der Kläger machte die Aufwendungen für den Pkw zu 70 % als Betriebsausgaben bei seinen Einkünften aus selbständiger Arbeit geltend.
Nach einer Betriebsprüfung ging der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) davon aus, daß 40 000 DM der Anschaffungskosten unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) seien. Er erhöhte die Gewinne 1986 und 1987 um entsprechende AfA-Differenzbeträge.
Das Finanzgericht (FG) gab im zweiten Rechtsgang der Klage gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1986 und 1987 vom 3. Juni 1993 statt.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des FA, die es auf Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) und grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) stützt.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde des FA ist unbegründet.
1. Das angefochtene Urteil weicht nicht i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von den vom FA angeführten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) ab.
Eine Abweichung im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn das FG in dem angefochtenen Urteil einen abstrakten Rechtssatz aufgestellt hat, der von einem -- ebenfalls tragenden -- abstrakten Rechtssatz in einer Entscheidung des BFH abweicht. Es reicht aus, daß sich der vom FG aufgestellte Rechtssatz konkludent, d. h. aus scheinbar nur fallbezogenen Rechtsausführungen ergibt (vgl. BFH-Beschluß vom 23. April 1992 VIII B 49/90, BFHE 167, 488, BStBl II 1992, 671 m. w. N.).
Das FA hat eine Abweichung der Vorentscheidung von den BFH-Urteilen vom 8. Oktober 1987 IV R 5/85 (BFHE 150, 558, BStBl II 1987, 853), vom 13. November 1987 III R 227/83 (BFH/NV 1988, 356) und vom 23. November 1988 I R 149/84 (BFH/NV 1989, 362) geltend gemacht. Nach dieser Rechtsprechung sei die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg ein entscheidendes Merkmal für die Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen. Demgegenüber habe das FG die Aufwendungen als angemessen angesehen, obgleich nach seinen Ausführungen dem Repräsentationsaufwand beim Kläger keine Bedeutung zukommt.
Die vom FA behauptete Abweichung liegt nicht vor.
Das FG ist in der Vorentscheidung von der genannten Rechtsprechung ausgegangen und hat die danach gebotene Einzelfallwürdigung vorgenommen. Es hat zusammenfassend ausgeführt (vgl. Urteil S. 17), die fehlende Bedeutung des Repräsentationsaufwandes für die erfolgreiche Tätigkeit als ... -Arzt führe nicht dazu, daß die Anschaffungskosten als unangemessen i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG angesehen werden könnten, denn das Merkmal des Repräsentationsaufwandes sei zwar ein gewichtiges, aber nur ein Merkmal unter vielen, die bei der Würdigung des Einzelfalles abzuwägen seien. Der vom Kläger längerfristig erzielte Gewinn, die Wirtschaftlichkeit der Anschaffung des Fahrzeuges, der Umstand, daß es sich um ein Serienfahrzeug handele, und der relativ hohe Anteil der betrieblichen Fahrten sowie die im Verhältnis zu den übrigen Kosten nicht ins Gewicht fallenden Aufwendungen für das Kfz, einschließlich der AfA-Beträge, führten dazu, daß die AfA-Beträge auf der Basis des Kaufpreises als Betriebsausgaben absetzbar seien.
Dies widerspricht nicht der bezeichneten BFH-Rechtsprechung. Den genannten Urteilen kann nicht entnommen werden, die Anschaffung eines teueren und schnellen Wagens sei stets "unangemessen" i. S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG, wenn die Benutzung eines repräsentativen Wagens für den Geschäftserfolg keine Bedeutung hat. Vielmehr ist die Bedeutung des Repräsentationsaufwandes eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind (BFH-Urteile vom 26. Januar 1988 VIII R 139/86, BFHE 153, 4, BStBl II 1988, 629; vom 10. November 1988 IV R 70/88, BFH/NV 1989, 573, und vom 2. März 1989 IV R 105/86, BFH/NV 1989, 693).
2. Die behauptete grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist nicht gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO "dargelegt".
Das Erfordernis einer solchen Darlegung bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, daß der Beschwerdeführer konkret darauf eingehen muß, inwieweit die als grundsätzlich angesehene Rechtsfrage im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 153, BStBl II 1983, 479, und vom 27. Januar 1995 VIII B 105/94, BFH/NV 1995, 808). Der bloße Hinweis des FA, es sei bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden worden, ob bei einem Freiberufler, bei dem der Pkw keine Repräsentationswirkung und keine hohe betriebliche Fahrleistung habe, die Vorschrift des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG zur Anwendung komme, genügt hierfür nicht (vgl. BFH-Beschluß vom 11. Januar 1995 V B 45/94, BFH/NV 1995, 804).
Die Entscheidung ergeht im übrigen gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.
Fundstellen
Haufe-Index 421041 |
BFH/NV 1996, 308 |