Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterreichen der Streitwertgrenze; kein bestimmter Revisionsantrag
Leitsatz (NV)
1. Zur Höhe des Streitwerts bei einem Revisionsbegehren, das auf die Umqualifizierung von Einkünften (Vermietung und Verpachtung statt Gewerbebetrieb) gerichtet ist.
2. Zu den Voraussetzungen eines bestimmten Revisionsantrags.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 1; BFHEntlG Art. 1 Nr. 5 S. 1; FGO § 120 Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine durch notariellen Vertrag vom Dezember 1973 errichtete KG, an der Frau X-W als persönlich haftende Gesellschafterin sowie ihr Sohn und ihre Mutter jeweils als Kommanditisten beteiligt waren. Die Kommanditistin W brachte ihren bis zu diesem Zeitpunkt als Einzelunternehmen geführten Schuhwaren-Einzelhandel in die Gesellschaft ein, einschließlich zweier zum Betriebsvermögen gehörender Grundstücke in A, an denen sie sich jedoch den lebenslänglichen Nießbrauch vorbehielt. Für die betriebliche Nutzung dieser Grundstücke stand der Nießbrauchberechtigten ein Entgelt von . . . DM zu, das sie im Streitjahr 1974 auch erhielt. Die Einlagen der persönlich haftenden Gesellschafterin und ihres Sohnes wurden dadurch geleistet, daß die bisherige Einzelunternehmerin, die Kommanditistin W, ihrer Tochter als persönlich haftender Gesellschafterin 58 % und ihrem Enkel 40 % ihres Kapitalkontos schenkweise übertrug, während ihr selbst der Rest des Kapitalkontos von 2 % verblieb.
Durch einen weiteren Gesellschaftsvertrag vom Dezember 1974 schied die Kommanditistin, Frau W, mit Wirkung zum 31. Dezember 1974 aus der Gesellschaft aus.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte Frau W im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb 1974 als Mitunternehmerin und rechnete ihr die Pachtzahlungen von . . . DM als Vorweggewinn zu. Im Rahmen einer bei ihr durchgeführten Betriebsprüfung begehrte die Klägerin, die Pachtzahlungen außer Ansatz zu lassen und sie als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu behandeln, da Frau W wegen ihrer geringfügigen Beteiligung nicht als Mitunternehmerin anzusehen sei. Sie habe weder Mitunternehmerinitiative entfaltet noch Unternehmerrisiko getragen.
Einspruch gegen den berichtigten Gewinnfeststellungsbescheid 1974 und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) folgte der Auffassung des FA.
Mit ihrer durch Schriftsatz vom 24. März 1982 eingelegten Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Ihre Revisionsbegründung vom 27. April 1982 setzt sich mit den Gründen der Vorentscheidung auseinander, enthält aber keinen förmlichen Revisionsantrag.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Es fehlt ein bestimmter Antrag i. S. des § 120 Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO). In der Revisions- und in der Revisionsbegründungsschrift ist kein förmlicher Antrag gestellt worden. Allerdings bedarf es keines förmlichen Antrags, wenn sich das Prozeßbegehren unzweideutig aus der Revisionsbegründung ergibt (zuletzt das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 11. November 1983 III R 25/77, BFHE 140, 289, 292, BStBl II 1984, 187, 188). Aber auch hieran fehlt es. Die Ausführungen in der Revisionsbegründungsschrift lassen nicht erkennen, welches Ziel angestrebt wird; es wird lediglich dargelegt, daß dem FG Verfahrensfehler unterlaufen und seine Rechtsausführungen irrig seien.
Selbst wenn man unterstellt, daß das Revisionsbegehren wie das Klagebegehren darauf gerichtet war, die . . . DM Pachtzahlungen bei der Gewinnfeststellung 1974 außer Ansatz zu lassen, ist die Revision wegen Nichterreichens der Streitwertgrenze nach Art. 1 Nr. 5 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.V.m. § 115 Abs. 1 FGO unzulässig, da das FG die Revision nicht zugelassen hat.
Der Streitwert beträgt nämlich nicht . . . DM, wie das FG meint, oder . . . DM, wie die Klägerin unter Hinweis auf die gewerbesteuerliche Auswirkung meint. Denn letztere darf im Rahmen des hier anhängigen Gewinnfeststellungsverfahrens nicht berücksichtigt werden, sondern nur im Verfahren der Anfechtung des Gewerbesteuermeßbescheids. Maßgebend für die Höhe des Streitwerts ist nur das finanzielle Interesse, das der Steuerpflichtige mit seiner Anfechtung eines eine bestimmte Steuer oder eine bestimmte Besteuerungsgrundlage (hier: den Gewinn aus Gewerbebetrieb) festsetzenden Steuerbescheids verfolgt, nicht Auswirkungen auf andere Steuerarten. Da bei Erfolg des unterstellten Revisionsbegehrens die Einkünfte lediglich umzuqualifizieren wären - statt Einkünfte der Frau W aus Gewerbebetrieb, wären solche aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen -, durfte als Streitwert allenfalls der Satz von 1 % des streitigen Betrages angesetzt werden (vgl. BFH-Urteil vom 12. März 1970 IV 4/64, BFHE 99, 11, BStBl II 1970, 547). Denn bei beiden Einkunftsarten ergeben sich für Frau W gleiche einkommensteuerliche Auswirkungen. Bei Prüfung der Zulässigkeit ihrer Revision durfte sich die Klägerin nicht auf die Streitwertfestsetzung der Vorinstanz verlassen. Denn für die Zulässigkeit der Revision ist der Streitwert der Vorinstanz ohne Bedeutung, vielmehr entscheidet der BFH über die Höhe des Streitwerts, der sich nach dem Begehren des Revisionsführers im Zeitpunkt der Einlegung der Revision richtet, selbst (vgl. BFH-Urteil vom 20. Mai 1965 IV 195/63 U, BFHE 82, 598, 599, BStBl III 1965, 462, 463).
Fundstellen
Haufe-Index 413804 |
BFH/NV 1985, 95 |