Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilwert bei Einlage eines Grundstücks
Leitsatz (NV)
Die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigende Zweifel bestehen zu der Frage, ob und in welcher Höhe potentielle Anschaffungsnebenkosten bei Bestimmung des Teilwerts eines eingelegten Grundstücks zu berücksichtigen sind.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 5 S. 1; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) zu 1 bis 3 und der am ... 1992 verstorbene D schlossen sich im Jahre 1978 zu einer BGB-Gesellschaft, der "Bauherrengemeinschaft A-Straße" (Gesellschaft), mit dem Antragsteller zu 3 als alleinigem Geschäftsführer zusammen.
In einem Rechtsstreit vor dem Finanzgericht (FG) einigten sich die Beteiligten darauf, daß die Gesellschaft bis zum 24. April 1982 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und danach Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte. Den Ergebnissen einer Außenprüfung bei der Gesellschaft folgend setzten die Antragsteller den Grund und Boden in der Anfangsbilanz zum 25. April 1982 mit dem Teilwert von 998 880 DM (2 081 qm zu 480 DM/qm) an. Mit ihrem Einspruch gegen den darauf ergangenen Feststellungsbescheid 1983 und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung machten die Antragsteller geltend, der Teilwert sei mit 1 155 738 DM anzusetzen. Der Unterschiedsbetrag beruhe auf dem Ansatz von Grunderwerbsteuer, Maklerprovision und Notariats- und Grundbuchkosten in Höhe von insgesamt 156 738 DM, wovon (104 752 DM) auf das Streitjahr entfielen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde wie auch der Einspruch zurückgewiesen. Einen während des Klageverfahrens gegen den Gewinnfeststellungsbescheid erneut gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wies das FG durch den angefochtenen Beschluß zurück.
Das FG führte zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen aus:
Bei summarischer Prüfung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids. Das FA habe der Gewinnermittlung für das Streitjahr zu Recht einen Teilwert des Grund und Bodens in Höhe von 998 880 DM zugrunde gelegt und in die Wertermittlung keine potentiellen Anschaffungsnebenkosten einbezogen.
Das FG hat die Beschwerde mit der Begründung zugelassen, die Frage der Einbeziehung von Anschaffungsnebenkosten in den Teilwert sei klärungsbedürftig, auch wenn keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestünden.
Mit ihrer Beschwerde tragen die Antragsteller vor, für den Zeitpunkt der Betriebseröffnung sei auf den Marktpreis abzustellen; dieser enthalte aber die Anschaffungsnebenkosten, die daher in den Teilwert einzugehen hätten.
Die Antragsteller beantragen, den Beschluß des FG aufzuheben und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung stattzugeben.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet.
1. Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) soll das FG die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes u. a. dann ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit bestehen. Derartige Zweifel sind anzunehmen, wenn bei überschlägiger Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Gründen gewichtige, gegen sie sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (s. etwa Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 13. Juli 1994 I B 53/94, BFHE 175, 101, BStBl II 1995, 65) oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen aufwerfen (BFH-Beschluß vom 12. November 1992 XI B 69/92, BFHE 170, 106, BStBl II 1993, 263, m. w. N., ständige Rechtsprechung). Solche Umstände sind im Streitfall gegeben.
2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes sind Wirtschaftsgüter, die mehr als drei Jahre vor Einlage in das Betriebsvermögen angeschafft wurden, mit dem Teilwert zu bewerten. Für die Bestimmung des Teilwerts gilt die Vermutung, daß der Teilwert eines Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Erwerbs den Anschaffungskosten entspricht und sich zu einem späteren Zeitpunkt mit den Wiederbeschaffungskosten deckt (z. B. BFH-Urteile vom 20. Mai 1988 III R 151/86, BFHE 153, 566, BStBl II 1989, 269, und vom 8. September 1994 IV R 16/94, BFHE 176, 340, BStBl II 1995, 309, jeweils m. w. N.). Bei einem Grundstück lassen sich die Wiederbeschaffungskosten aus dem Verkehrswert oder gemeinen Wert ableiten (vgl. BFH-Urteil vom 25. August 1983 IV R 218/80, BFHE 139, 268, BStBl II 1984, 33). Dies alles gilt auch für die Bestimmung des Teilwerts bei einer Betriebseröffnung (BFH-Urteile vom 7. Dezember 1978 I R 142/76, BFHE 128, 178, BStBl II 1979, 729, und vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77, BFHE 135, 282, 285, BStBl II 1982, 456).
a) Wie die Antragsteller zu Recht ausgeführt haben, umfassen die Wiederbeschaffungskosten auch die Anschaffungsnebenkosten. Der von den Beteiligten übereinstimmend als gemeiner Wert anerkannte Grundstückswert von 480 DM/qm wäre danach lediglich Grundlage der Wertermittlung, aus der die Wiederbeschaffungskosten abzuleiten sind. Zu diesem Ergebnis ist auch der BFH zur Frage der Teilwertabschreibung auf Wertpapiere des Umlaufvermögens gelangt (BFH-Urteil vom 15. Juli 1966 VI 226/64, BFHE 86, 699, BStBl III 1966, 643), während das Schleswig-Holsteinische FG zu der gleichen Frage beachtliche Gründe für eine abweichende Meinung aufgeführt hat (Urteil vom 26. Februar 1969 II 77/68, Entscheidungen der Finanzgerichte 1969, 294). Zu dem gleichen Ergebnis ist das FG in dem angefochtenen Beschluß gelangt und hat dies auf acht Seiten ausführlich begründet. Der Senat ist der Auffassung, daß bereits ein derartiger Begründungsaufwand ebenso für eine Unsicherheit in der Beurteilung dieser Rechtsfrage spricht, wie die für die Zulassung der Beschwerde angeführte Begründung: Danach ist die Rechtsfrage nämlich "klärungsbedürftig im Hinblick darauf, daß die Teilwertdefinition des Gesetzes selbst die aufgeworfene Rechtsfrage nicht eindeutig beantwortet". In der Rechtsprechung wird diese Frage -- wie dargelegt -- kontrovers beurteilt. Für den Senat bestehen daher ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids i. S. des § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO.
b) Da sich nach Aktenlage auch nicht nachvollziehen läßt, wie der Prüfer den Preis für das Grundstück ermittelt hat, ergibt sich auch eine Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen. Die Beteiligten sind zwar übereinstimmend davon ausgegangen, daß der vom Prüfer zugrunde gelegte Wert die Anschaffungsnebenkosten nicht enthält. Tat sachenfeststellungen zu den Grundlagen dieser Schätzung hat das FG aber nicht getroffen und war dazu im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung auch nicht verpflichtet; dazu ist das Hauptsacheverfahren vorgesehen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids ergeben sich daher auch insoweit.
c) Der Beschluß des FG war daher aufzuheben und dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ohne Präjudiz für das Hauptsacheverfahren stattzugeben.
Fundstellen
Haufe-Index 422192 |
BFH/NV 1997, 563 |