Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Divergenz
Leitsatz (NV)
Eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen oder die (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles bzw. schlichte Subsumtionsfehler des FG reichen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der FGO nicht aus.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 09.10.2008; Aktenzeichen 1 K 206/03) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügte Abweichung der angefochtenen Entscheidung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) liegt nicht vor und kann die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht rechtfertigen.
1. Eine die einheitliche Rechtsprechung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO gefährdende Divergenz liegt vor, wenn das FG bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage eine andere Auffassung vertritt als der BFH, das Bundesverfassungsgericht, der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, ein anderes oberstes Bundesgericht oder ein anderes FG (vgl. Gräber/ Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N.). Das FG muss seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung des anderen Gerichts nicht übereinstimmt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Januar 1991 VI B 140/89, BFHE 163, 204, BStBl II 1991, 309; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 54, m.w.N.).
2. Sowohl das von dem Kläger benannte Urteil des Niedersächsischen FG vom 21. Juni 2002 14 K 621/97 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2002, 1594) als auch die nachfolgende --das finanzgerichtliche Urteil bestätigende-- Revisionsentscheidung des BFH vom 4. November 2004 III R 21/02 (BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168) stellen die höchstrichterlichen Grundsätze, wem das Ergebnis einer gewerblichen Tätigkeit steuerlich zuzurechnen ist, zutreffend dar. Unternehmer sei derjenige, der Unternehmerinitiative entfalten könne und der das Unternehmerrisiko trage. Die bestimmenden Merkmale seien unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen. Dem durch eine Handelsregistereintragung oder gewerbebehördliche Anmeldung gesetzten Rechtsschein komme dabei allerdings eine geringere Bedeutung zu. Entscheidend seien vielmehr die für die Unternehmerstellung charakteristischen Wesensmerkmale der Unternehmerinitiative und des Unternehmerrisikos.
Die Grundsätze, die das FG seiner angefochtenen Entscheidung auf den S. 7 und 8 zugrunde gelegt hat, stimmen mit diesen Grundsätzen im Gegensatz zur Auffassung des Klägers überein. Das FG hat sogar ausdrücklich auf das BFH-Urteil in BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168 Bezug genommen und teilweise die Ausführungen fast wörtlich übernommen. Es hat weiterhin in Übereinstimmung mit dem BFH-Urteil in BFHE 207, 321, BStBl II 2005, 168 ausgeführt, die Merkmale der (Mit-)Unternehmerinitiative und des (Mit-)Unternehmerrisikos könnten im Einzelfall mehr oder weniger ausgeprägt sein, es sei jedoch notwendig, dass beide vorliegen. Ob dies zutreffe, sei unter Berücksichtigung aller die rechtliche und wirtschaftliche Stellung einer Person insgesamt bestimmenden Umstände zu würdigen.
3. Die Entscheidung, ob der Kläger, dessen Vater oder beide nach diesen Kriterien als Unternehmer anzusehen waren, hatte das FG unter Würdigung der Umstände dieses Einzelfalls zu treffen. Das FG hat demgemäß entschieden, dass nur dem Kläger, nicht aber (auch) seinem Vater die Ergebnisse des Bestattungsunternehmens zuzurechnen waren.
Eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen oder die (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls bzw. schlichte Subsumtionsfehler des FG reichen für eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 70/07, BFH/NV 2008, 380). Die von dem Kläger angegriffene steuerliche Beurteilung der Fragen, ob bei dem Kläger bereits durch die rechtliche Weisungsbefugnis gegenüber seinem Vater die Unternehmerinitiative gegeben war bzw. ob dessen Vater trotz der faktischen Verfügungsbefugnis über die Geschäftskonten kein Unternehmensrisiko getragen hatte, kann daher die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen.
4. Zudem liegt den beiden angeblichen Divergenzentscheidungen --worauf der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) zu Recht hinweist-- ein in einem wesentlichen Punkt nicht vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Es handelte sich dort um die steuerliche Beurteilung des Betreibens einer Handelsvertretung, die für eine Gesellschaft für Vermögensberatung und Vermittlung tätig war und in der die persönliche Arbeitsleistung des --mit Wissen der Gesellschaft allein tätig werdenden-- Ehegatten so entscheidend in den Vordergrund trat, dass der vermögensmäßigen Beteiligung des anderen, das Einzelunternehmen offiziell führenden Ehegatten an dem Unternehmen keine ins Gewicht fallende Bedeutung zukam. Die Prägung durch den persönlichen Arbeitseinsatz, der nur geringe Kapitaleinsatz sowie das kaum nennenswerte wirtschaftliche Risiko führten dazu, dass sowohl das FG als auch der BFH bei der Beurteilung der Unternehmereigenschaft entscheidend auf das Tatbestandsmerkmal der Unternehmerinitiative abgestellt haben.
Im Streitfall ist jedoch weder die persönliche Arbeitsleistung des Vaters des Klägers für dessen Bestattungsunternehmen kennzeichnend noch ist von einem lediglich geringen Kapitaleinsatz und wirtschaftlichen Risiko des Klägers auszugehen, so dass bei dieser Ausgangslage den Wesensmerkmalen der Unternehmerinitiative und des Unternehmerrisikos eine andere Gewichtung zukommen muss.
Fundstellen