Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge: Keine Berücksichtigung von Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das Gericht u.a., die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Dabei ist das Gericht naturgemäß nicht verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen. Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.
2. Mit Einwendungen gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den BFH nicht dargelegt werden.
3. Mit der Anhörungsrüge kann keine Ergänzung der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde herbeigeführt werden.
Normenkette
FGO §§ 133a, 96 Abs. 2; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
BFH (Beschluss vom 08.04.2020; Aktenzeichen IX B 130/19) |
Tenor
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 08.04.2020 - IX B 130/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
Rz. 1
Es kann dahinstehen, ob die Anhörungsrüge zulässig ist, insbesondere ob ihre Begründung den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Denn sie ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2 und 3 FGO).
Rz. 2
1. Der Anspruch auf rechtliches Gehör i.S. von Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und § 96 Abs. 2 FGO verpflichtet das Gericht u.a., die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen, in Erwägung zu ziehen und sich mit dem entscheidungserheblichen Kern des Vorbringens auseinanderzusetzen. Dabei ist das Gericht naturgemäß nicht verpflichtet, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 11.06.2008 - 2 BvR 2062/07, Deutsches Verwaltungsblatt 2008, 1056). Art. 103 Abs. 1 GG und § 96 Abs. 2 FGO sind erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom 10.09.2014 - IX S 10/14, BFH/NV 2015, 47, Rz 2; vom 28.08.2019 - IX S 18/19, BFH/NV 2020, 25, Rz 2).
Rz. 3
2. Das ist vorliegend nicht der Fall. Der erkennende Senat hat den Vortrag des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) aus seiner Beschwerdebegründung ersichtlich zur Kenntnis und dazu in der angefochtenen Entscheidung auch Stellung genommen. Das gilt insbesondere für das Vorbringen zum Vorliegen eines Verfahrensmangels in Gestalt einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO bzw. einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO (durch Übersehen der Zeugenaussage der verstorbenen Mutter des Klägers sowie von Kontoauszügen).
Rz. 4
a) Mit der Anhörungsrüge macht der Kläger geltend, der Senat habe verkannt, dass es um den Beweiswert der vorgelegten "Sammel-Quittung" gehe. Er, der Kläger, habe schlüssig dargelegt, dass zwischen dem Übersehen der betreffenden Beweismittel (Zeugenaussage, Kontoauszüge) und der Beurteilung des Beweiswerts der "Sammel-Quittung" durch die Vorinstanz ein kausaler Zusammenhang bestehe; mehr könne er nicht darlegen. Zudem sei darauf hinzuweisen, dass ein Dauersachverhalt vorliege und dass sich die Zeugenaussage seiner Mutter zum Zufluss der streitigen Rentenzahlungen auch auf die Jahre nach 2004 bezogen habe. Es sei unverständlich, wie der Senat zu dem Ergebnis gekommen sei, es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Vorinstanz die genannten Beweismittel bei der Urteilsfindung nicht berücksichtigt habe.
Rz. 5
b) Daraus ergibt sich keine Gehörsverletzung. Der Senat ist auf den vom Kläger gerügten Verfahrensmangel in seinem Beschluss vom 08.04.2020 ausführlich eingegangen. Dies betrifft vor allem die nach Ansicht des Klägers übersehenen Beweismittel. So hat der Senat darauf hingewiesen, dass das Finanzgericht einer Bestätigung der Mutter des Klägers --in schriftlicher Form oder in Gestalt der vorangegangenen Zeugenaussage-- ebenso wie den im Klageverfahren 3 K 2008/07 (Streitjahre: 2002 bis 2004) exemplarisch vorgelegten Kontoauszügen im Hinblick auf das Fehlen von Zahlungsbelegen für die Streitjahre 2005 bis 2007 gerade keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen habe. Dies verdeutlicht, dass sich der Senat mit dem entscheidungserheblichen Kern des klägerischen Vorbringens eingehend auseinandergesetzt hat.
Rz. 6
c) Letztlich wendet sich der Kläger mit seiner Anhörungsrüge gegen die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des erkennenden Senats über die Nichtzulassungsbeschwerde. Damit kann eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Bundesfinanzhofs (BFH) indes nicht dargelegt werden. Ebenso wenig kann mit der Anhörungsrüge eine Begründungsergänzung herbeigeführt werden (BFH-Beschluss vom 17.06.2005 - VI S 3/05, BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614, unter II.2., Rz 13).
Rz. 7
3. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 60 € erhoben (Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes).
Fundstellen
Haufe-Index 14190799 |
BFH/NV 2021, 37 |