Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhaftigkeit der Ladung - Mangel der gesetzlichen Vertretung?
Leitsatz (NV)
Ein Mangel der gesetzlichen Vertretung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr.3 FGO ist dann nicht gegeben, wenn die Ladung zwar fehlerhaft ist, der Beteiligte oder sein Bevollmächtigter aber vor dem Termin von dessen Anberaumung nachweislich Kenntnis erhalten haben.
Normenkette
FGO § 116 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte vor dem Finanzgericht (FG) Klage erhoben, um die Herabsetzung einer seinen verstorbenen Bruder betreffenden Einkommensteuerveranlagung zu erreichen. Das FG wies die Klage ab mit der Begründung, die Klage sei trotz mehrfacher Aufforderung nicht begründet worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung sei für den Kläger niemand erschienen. Das Klageziel sei mithin nicht ausreichend erkennbar.
Gegen dieses Urteil legte der Kläger Revision ein. Die Begründung lautet:
,,1) Die Revision ist zulässig, da den Klägern rechtliches Gehör im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nach § 90 FGO versagt wurde.
2) Das Finanzgericht hat einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt, der von den Beteiligten nicht eingehalten werden konnte.
Mit Schreiben vom 14.5. 1992 wurde Ladung zur mündlichen Verhandlung auf Freitag, den 12.6. 1992 geladen."
Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Revision ist unzulässig.
Abweichend von § 155 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) findet die Revision nach Art.1 Nr.5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nur statt, wenn das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) sie zugelassen haben. Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.
Der Kläger hat auch keinen wesentlichen Verfahrensmangel dargelegt, der eine zulassungsfreie Revision nach § 116 Abs. 1 FGO begründen könnte.
Verfahrensmängel im Sinne dieser Vorschrift können vom BFH nur geprüft werden, wenn sie in zulässiger, d.h. den Anforderungen des § 120 Abs. 2 FGO entsprechender Weise gerügt werden (Klein / Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr.218).
Im Streitfall fehlt es bereits an der Bezeichnung einer Rechtsnorm, deren Verletzung die zulassungsfreie Revision eröffnen könnte. Die geltend gemachte Verletzung des rechtlichen Gehörs ist in dem Katalog des § 116 Abs. 1 FGO nicht enthalten.
Allerdings behauptet der Kläger, sein Prozeßbevollmächtigter sei nicht ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden. Hierin könnte die Rüge zu sehen sein, daß er, der Kläger, im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten gewesen sei (§ 116 Abs. 1 Nr.3 FGO).
Die Fehlerhaftigkeit der Ladung führt jedoch nicht ohne weiteres zu einem Mangel der gesetzlich vorgeschriebenen Vertretung i.S. des § 116 Abs. 1 Nr.3 FGO (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, § 91 Rdnr.14). Insbesondere ist ein solcher Mangel dann nicht gegeben, wenn der Beteiligte oder sein Bevollmächtigter vor dem Termin von dessen Anberaumung nachweislich Kenntnis erhalten haben (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 1979 VI R 3/79, BFHE 128, 176, BStBl II 1979, 654; vom 4. März 1992 II R 48/91, nicht veröffentlicht).
Daß sein Prozeßbevollmächtigter die Ladung nicht rechtzeitig vor Beginn der mündlichen Verhandlung erhalten habe, hat der Kläger nicht behauptet. Eine solche Fallgestaltung ist auch fernliegend, da die als Anlage zur Revisionsbegründung in Kopie vorgelegte Ladung mit verschiedenen Bearbeitungshinweisen wie: ,,Rücksprache X" und ,,WV 10.06." versehen war.
Der Prozeßbevollmächtigte des Klägers konnte auch nicht ernsthaft in Zweifel ziehen, daß die mündliche Verhandlung, zu der die Ladung vom 14. Mai 1992 ergangen war, am Freitag, dem 12. Juni 1992 stattfinden sollte. Bei der Jahresangabe ,,1929" handelte es sich offenkundig um einen ,,Zahlendreher", der den Prozeßbevollmächtigten nicht dazu berechtigte, die Ladung zu ignorieren. Zudem spricht auch der Wiedervorlagevermerk ,,10.06." dafür, daß er sie richtig verstanden hat.
Fundstellen
Haufe-Index 418788 |
BFH/NV 1993, 117 |