Entscheidungsstichwort (Thema)

Vereinbarter Preis im Sinne des § 23 Nr. 1 KVStG 1972

 

Leitsatz (NV)

1. § 23 Nr. 1 KVStG 1972 ist ausgelaufenes Recht. Die Klärung von Rechtsfragen zu § 23 Nr. 1 KVStG 1972 hat heute regelmäßig keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

2. Unter dem vereinbarten Preis i. S. des § 23 Nr. 1 KVStG 1972 ist die Gesamtheit der vereinbarten Gegenleistung zu verstehen. Besteht die Gegenleistung ganz oder teilweise aus Sach- oder Dienstleistungen, so ist ihr Wert nach den Vorschriften des BewG zu ermitteln.

3. Das BewG geht von einem objektiven Wert aus (vgl. §§ 9 Abs. 2, 11 Abs. 1 BewG).

 

Normenkette

KVStG 1972 § 23 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG München

 

Gründe

Die Beschwerde ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen.

1. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung hat eine Rechtssache nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Entscheidung durch das Revisionsgericht für die Zukunft noch richtungsweisend sein kann. Daran fehlt es, wenn die zu klärende Rechtsfrage ausgelaufenes oder auslaufendes Recht betrifft (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 15. Februar 1979 V B 28/78, BFHE 127, 81, BStBl II 1979, 274; vom 31. Juli 1987 V B 36/87, BFH/NV 1988, 172; vom 30. Januar 1989 V B 123/86, BFH/NV 1989, 706; vom 19. Oktober 1993 VII B 154/93, BFH/NV 1994, 835). Von diesem Grundsatz gilt nur dann eine Ausnahme, wenn die streitige Rechtsfrage noch für eine Vielzahl von Fällen entscheidungserheblich ist (vgl. BFH- Beschlüsse vom 19. Juni 1973 VII B 32/72, BFHE 109, 425, BStBl II 1973, 685; in BFHE 127, 81, BStBl II 1979, 274).

2. Die Rechtsfrage, deren grundsätzliche Bedeutung die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde geltend macht, betrifft die Anwendung und Auslegung des § 23 Nr. 1 des Kapitalverkehrsteuergesetzes i. d. F. vom 17. November 1972 (KVStG 1972). Die Vorschriften der §§ 12 und 17 bis 26 KVStG 1972 wurden jedoch durch das Finanzmarktförderungsgesetz vom 22. Februar 1990 (BGBl I 1990, 266, BStBl I 1990, 152) zum 1. Januar 1991 aufgehoben. § 23 Nr. 1 KVStG 1972 ist deshalb heute ausgelaufenes Recht. Zwar sind die aufgehobenen Vorschriften noch auf solche Steuerbescheide anzuwenden, die eine vor dem 1. Januar 1991 entstandene Börsenumsatzsteuerschuld festsetzen. Die Klägerin hat jedoch in ihrer Beschwerdebegründung nicht dargelegt, daß ungeachtet der vierjährigen Festsetzungsverjährungsfrist die Rechtsfrage für eine Vielzahl konkreter Streitfälle tatsächlich entscheidungserheblich ist. Beim BFH war im Zeitpunkt der Beschlußfassung kein diesbezügliches Verfahren anhängig. Über andere Verfahren bei einem Finanzgericht (FG) oder bei einer Finanzbehörde ist nichts bekannt. Bei dieser Sachlage muß für den Streitfall davon ausgegangen werden, daß die Klärung der von der Klägerin geltend gemachten Rechtsfrage keine grundsätzliche Bedeutung hat.

3. Im Interesse des Rechtsfriedens weist der Senat darauf hin, daß höchstrichterlich geklärt ist, was unter dem "vereinbarten Preis" i. S. des § 23 Nr. 1 KVStG 1972 zu verstehen ist. Nach den Urteilen vom 8. Mai 1974 II 133/65 (BFHE 112, 299, BStBl II 1974, 470), vom 25. Januar 1978 II R 43/76 (BFHE 124, 246, BStBl II 1978, 258) und vom 13. Mai 1981 II R 167/80 (BFHE 133, 450, BStBl II 1981, 649) ist darunter die Gesamtheit der vereinbarten Gegenleistung zu verstehen. Besteht die Gegenleistung ganz oder teilweise aus Sach- oder Dienstleistungen, so ist ihr Wert nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) zu ermitteln. Das BewG geht insoweit von objektiven Werten aus (vgl. §§ 9 Abs. 2, 11 Abs. 1 BewG). Schon deshalb kann es nicht darauf ankommen, welchen Wert die Vertragsparteien im Streitfall den hingegebenen Aktien subjektiv beimaßen. Es kommt allein auf ihren objektiven Wert an. Deshalb hat das FG in der Vorentscheidung zutreffend § 11 Abs. 1 BewG angewendet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421044

BFH/NV 1996, 298

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