Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (NV)
Tritt ein Wechsel in der Person des mit der Fristenkontrolle betrauten Büropersonals ein, so erfordert das eine besondere Sorgfalt und Kontrolle der im Zeitpunkt des Wechsels laufenden Fristen durch den Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe selbst.
Normenkette
FGO §§ 56, 116 Abs. 3 S. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Nach § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Nichtzulassungsbeschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung des angefochtenen Urteils zu begründen. Diese Frist lief im Streitfall am 2. Oktober 2002 ab. Die Begründung ist erst nach Ablauf der Begründungsfrist beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen.
2. Die Fristversäumnis kann nicht nach § 56 FGO geheilt werden. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist nach dieser Vorschrift nur zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist ―hier: die Begründungsfrist― einzuhalten. Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten ist dem Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nach § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) zuzurechnen. Die Fristversäumnis ist nicht unverschuldet.
Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen für eine zuverlässige Fristenkontrolle sorgen und die Organisation des Bürobetriebs so gestalten, dass Fristversäumnisse vermieden werden (z.B. Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 X R 112/92, BFH/NV 1994, 328). Für den Fall der Verhinderung oder Abwesenheit eines mit der Fristenkontrolle betrauten Mitarbeiters muss außerdem durch organisatorische Maßnahmen die Weiterbearbeitung, zumindest aber die Einhaltung von Fristen sichergestellt werden (vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 56 Rz. 20, Stichwort "Büroorganisation", m.w.N. der Rechtsprechung). Tritt, wie im Streitfall geltend gemacht, ein Wechsel in der Person des mit der Fristenkontrolle betrauten Büropersonals ein, so erfordert das eine besondere Sorgfalt und Kontrolle der im Zeitpunkt des Wechsels laufenden Fristen durch den Angehörigen der rechts- und steuerberatenden Berufe selbst (BFH-Beschluss vom 13. Juli 1989 VIII R 55/88, BFH/NV 1990, 248). Der Prozessvertreter hat eine solche eigenverantwortliche Fristenkontrolle unterlassen. Dieses Organisationsverschulden schließt eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.
3. Im Übrigen hätte die Nichtzulassungsbeschwerde auch ansonsten keinen Erfolg, weil die Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht bzw. kein Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend gemacht wird.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 911431 |
BFH/NV 2003, 645 |