Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgebender Zeitpunkt für das Vorliegen eines Revisionszulassungsgrundes
Leitsatz (NV)
Ob die Revision vom BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2
Verfahrensgang
FG Münster (Urteil vom 27.04.2004; Aktenzeichen 15 K 1516/00 U) |
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darum, ob die gemäß § 233a der Abgabenordnung (AO 1977) bestandskräftig festgesetzten Zinsen zur Umsatzsteuer zu erlassen sind.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt den Erlass, weil umsatzsteuerbaren und umsatzsteuerpflichtigen Vorgängen, die bei einer Außenprüfung nachträglich aufgedeckt wurden und zu Umsatzsteuer-Nachforderungen beim Kläger für die Vergangenheit führten, damit korrespondierende und später an den Kläger abgetretene Umsatzsteuer-Erstattungsansprüche gegenüberstehen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers als unbegründet ab.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und weil eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich sei (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger hat zur Begründung seiner Nichtzulassungsbeschwerde auf das (seinerzeit noch) bei dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) anhängige Verfahren Rs. C-152/02, Terra Baubedarf GmbH, verwiesen. Er hat vorgetragen, die Rechtsfrage, ob der Anspruch auf Erstattung des Vorsteuerabzugs auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung zurückwirke, habe wegen des zu dieser Frage bereits anhängigen Vorabentscheidungsersuchens beim EuGH grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Dasselbe gelte für die Frage, ob dies (die Rückwirkung) auch im Falle der Abtretung des Vorsteuererstattungsanspruchs gelte oder ob insoweit das Recht erst mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Abtretung geltend gemacht werden könne. Da in Kürze mit einer abweichenden Entscheidung des EuGH zu der bislang praktizierten BFH-Rechtsprechung hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung und Geltendmachung des Rechts auf Vorsteuerabzug zu rechnen sei, seien auch die Revisionsvoraussetzungen gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO erfüllt.
2. Diese Ausführungen rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
Der EuGH hat in der Rs. C-152/02 mit Urteil vom 29. April 2004 Terra Baubedarf-Handel GmbH (Umsatzsteuer-Rundschau 2004, 323) entschieden, dass der Anspruch auf Erstattung von Vorsteuerbeträgen nicht auf den Zeitpunkt der Erbringung der Leistung zurückwirkt. Der Unternehmer kann vielmehr Vorsteuerbeträge erst in dem Besteuerungszeitraum abziehen, in dem die materiell-rechtlichen Anspruchsvoraussetzungen i.S. des § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) insgesamt vorliegen; zu diesen Voraussetzungen gehört eine Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis (vgl. die Nachfolgeentscheidung des BFH, Urteil vom 1. Juli 2004 V R 33/01, BFHE 206, 463, BStBl II 2004, 861).
Die von dem Kläger seiner Beschwerde zugrunde gelegte Annahme, der EuGH würde die ihm vorgelegte Rechtsfrage anders entscheiden, ist mithin nicht eingetreten.
3. Dass gleichwohl die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen ist, hat der Kläger innerhalb der Begründungsfrist von zwei Monaten nach der Zustellung des FG-Urteils (vgl. § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO) nicht entsprechend den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 8. Januar 2004 V B 37-39, 57/03, BFH/NV 2004, 829, m.w.N.) dargelegt.
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 1379212 |
BFH/NV 2005, 1580 |