Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmangel; Beweisführung hinsichtlich der Veräußerungsabsicht beim gewerblichen Grundstückshandel
Leitsatz (NV)
1. Die Bezeichnung eines Verfahrens mangels setzt den schlüssigen Vortrag von Tatsachen voraus, aus denen sich, deren Richtigkeit unterstellt, der behauptete Verfahrensmangel ergeben muß.
2. Das für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels notwendige subjektive Tatbestandsmerkmal der Veräußerungsabsicht kann nach ständiger Rechtsprechung nur anhand äußerer, objektiver Merkmale ermittelt und festgestellt werden. Das schließt eine unmittelbare Beweisführung durch einen Beteiligten oder durch die Vernehmung eines Zeugen, der seine Kenntnis nur aus Gesprächen mit dem Steuerpflichtigen bezieht, aus. Ein zu beachtender Beweisantrag muß sich deshalb zumindest auch auf objektive Umstände beziehen, die den Schluß auf das Vorliegen der inneren Tatsache ermöglichen und damit geeignet ist, die Vermutung für eine auch nur bedingte Veräußerungsabsicht zu erschüttern.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3; EStG § 15 Abs. 2 S. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und war deshalb zu verwerfen.
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben den behaupteten Verfahrensmangel nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen bezeichnet.
Wird die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensfehlers des Finanzgerichts (FG) begehrt (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), so muß dieser in der Beschwerdeschrift "bezeichnet" werden (vgl. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Eine den formellen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügende Begründung setzt den schlüssigen Vortrag von Tatsachen voraus, aus denen sich, deren Richtigkeit unterstellt, der behauptete Verfahrensmangel ergeben muß. Dabei ist von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG auszugehen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 31. August 1992 V R 47/88, BFHE 169, 250, BStBl II 1992, 1046, 1047).
An dem erforderlichen schlüssigen Vortrag fehlt es im Streitfall.
Die Kläger rügen, daß das FG in dem angefochtenen Urteil die beantragte Einver nahme der Architekten als Zeugen für den Beginn des gewerblichen Grundstückshandels zu Unrecht abgelehnt und ohne Zeugeneinvernahme den Zeitpunkt einer zumindest bedingten Veräußerungsabsicht unterstellt habe.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat in Übereinstimmung mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung und unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 21. Mai 1993 VIII R 10/92 (BFH/NV 1994, 94 f., m. w. N.) für die Abgrenzung zwischen einer nichtsteuerbaren privaten Vermögensverwaltung und einem gewerblichen Grundstückshandel der Anzahl der veräußerten Objekte und dem zeitlichen Abstand zwischen Erwerb sowie Veräußerung eine besondere indizielle Bedeutung zugemessen für die Annahme, daß der Erwerb des Grundstücks zumindest in bedingter Wiederveräußerungsabsicht erfolgt ist. Das FG hat die Fünfjahres-Frist nicht als absolut bindende Frist und wegen weiterer Umstände im Rahmen der vorgenommenen Würdigung des Gesamtbildes die geringfügige Überschreitung dieser Regelfrist um ein halbes Jahr nicht als bedeutsam beurteilt (vgl. dazu auch Urteil des erkennenden Senats vom 14. November 1995 VIII R 16/93, BFH/NV 1996, 466, 467, m. w. N.).
Nach ständiger Rechtsprechung ist bei einem ausreichend engen zeitlichen Zusammenhang nach den Regeln der Lebenserfahrung von einer zumindest bedingten Wiederverkaufsabsicht auszugehen. Unerheblich ist es, ob bei Erwerb schon eine feste Verkaufsabsicht bestanden hat oder die eigentliche Absicht auf eine anderweitige Nutzung als durch Verkauf gerichtet war (vgl. BFH-Urteile vom 13. Dezember 1995 XI R 43--45/89, BStBl II 1996, 232, 237, m. w. N., und vom 12. September 1995 IX R 140/92, BFHE 178, 385, BStBl II 1995, 839, 840, m. w. N., ständige Rechtsprechung). Die konkreten Anlässe und Beweggründe für den Verkauf sind grundsätzlich unbeachtlich, weil sie im allgemeinen nichts darüber aussagen, ob der Steuerpflichtige nicht auch aus anderen Gründen zum Verkauf bereit gewesen wäre und insofern von Anfang an eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht bestanden hat (BFH/NV 1996, 466, 467 zur Frage einer nach dem Erwerb selbst vorgenommenen langfristigen Vermietung; BFH/NV 1994, 94, 95; BFHE 178, 385, BStBl II 1995, 839, 840 betreffend langfristige Vermögensanlage zur Alterssicherung; BFH-Urteil vom 8. August 1979 I R 186/78, BFHE 129, 177, BStBl II 1980, 106, m. w. N. betreffend Erkrankung und Finanzierungsschwierigkeiten). Das subjektive Tatbestandsmerkmal der Veräußerungsabsicht kann nach der ständigen Rechtsprechung nur anhand äußerer, objektiver Merkmale ermittelt und festgestellt werden (vgl. BFH-Urteile vom 15. Dezember 1992 VIII R 9/90, BFH/NV 1993, 656, 657, m. w. N.; vom 6. April 1990 III R 28/87, BFHE 160, 494, BStBl II 1990, 1057, 1059; Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 767, m. w. N.). Das schließt, soweit sie zum Nachweis der Veräußerungsabsicht überhaupt zulässig ist, eine unmittelbare Beweisführung durch eine Beteiligtenvernehmung oder durch die Vernehmung eines Zeugen, der seine Kenntnis nur aus Gesprächen mit dem Steuerpflichtigen bezieht, aus. Deshalb muß sich ein Beweisantrag zumindest auch auf objektive Umstände beziehen, die den Schluß auf das Vorliegen der inneren Tatsache ermöglichen und damit geeignet ist, die Vermutung für eine auch nur bedingte Veräußerungsabsicht zu erschüttern (BFH-Urteile vom 20. September 1995 X R 34--35/93, BFH/NV 1996, 302, 303, m. w. N., und in BFH/NV 1993, 656, 657).
Soweit die benannten Zeugen die ursprüngliche Absicht des Klägers bestätigen sollten, das Grundstück für eigene Zwecke der Kapitalanlage zu bebauen, war ein solcher Beweisantrag nicht geeignet, eine aus den objektiven Umständen (der großen Anzahl veräußerter Objekte -- nämlich 12 Anteile -- sowie den zeitlichen Zusammenhang) abgeleitete Schlußfolgerung auf eine von Anfang an bestehende, zumindest bedingte Wiederveräußerungsabsicht zu widerlegen. Dies trifft in gleicher Weise zu für die in das Wissen der Zeugen gestellten Umstände, daß die Pläne zur Bebauung für eigene Zwecke erst im September 1982 fallen gelassen und auch die Initiative zur Veräußerung an die Bauherrengemeinschaft von den vom Kläger mit der Planung beauftragten Architekten ausgegangen sei. Auch diese letztgenannten Umstände belegen nach der zitierten ständigen Rechtsprechung allenfalls die Beweggründe für die schließlich getroffene unbedingte Entscheidung zugunsten des Verkaufs, vermögen indessen nicht die von den maßgebenden objektiven Merkmalen (größere Objektzahl und zeitlicher Zusammenhang) ausgehende Indizwirkung zu widerlegen (BFH/NV 1993, 656, 657).
Eine Beweiserhebung war auch nicht deshalb geboten, weil ein längerer, über fünf Jahre hinausgehender zeitlicher Abstand zwischen Anschaffung und Veräußerung die Indizwirkung abschwächt und eine Kompensation durch andere objektive Umstände, z. B. eine höhere Objektzahl als die Mindestanzahl von vier Objekten oder eine besondere Branchennähe, notwendig ist (vgl. dazu BFH/NV 1996, 466, 467; BFH- Urteil vom 28. Juli 1993 XI R 21/92, BFH/NV 1994, 463, 464). Die in das Wissen der Zeugen gestellten Sachverhalte stellen keine im Sinne dieser Rechtsprechung "besonderen Umstände" dar.
Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 421584 |
BFH/NV 1996, 897 |