Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungsbefugnis vor dem BFH: Steuerberatungs-, Rechtsanwalts- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Leitsatz (NV)
1. Eine Steuerberatungs-, Rechtsanwalts- oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die nicht nach der jeweiligen Berufsordnung anerkannt bzw. zugelassen ist, ist vor dem BFH nicht zur Vertretung befugt.
2. Die Befugnis zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen nach § 3a StBerG vermittelt nur eine Vertretungsbefugnis vor dem FG, nicht dem BFH.
3. Ein europäischer Rechtsanwalt ist nur als niedergelassener europäischer Rechtsanwalt vertretungsbefugt, wenn er in die für den Ort seiner Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurde.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 2 Sätze 1, 2 Nr. 3, Abs. 4 Sätze 1, 3; EuRAG § 2 Abs. 1; StBerG §§ 3, 32 Abs. 3 S. 1, § 49; WiPrO § 1 Abs. 3; BRAO §§ 59c, 1, 3
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 26.01.2017; Aktenzeichen 7 K 518/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 26. Januar 2017 7 K 518/12 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Rz. 1
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat sich für seine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch eine Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. vertreten lassen, die eine Postanschrift in den Niederlanden hat und nach Angabe "Registered in England and Wales" ist. Die beiden Personen, die die Beschwerde- und Beschwerdebegründungsschrift unterzeichnet haben, bezeichnen sich selbst als "Belastingadviseur (NL)" sowie "Advocate (GB)" und als "nach § 3a StBerG-D gemeldet bei der StBK...", in einem Falle zusätzlich als "Staatl. Gepr. Betriebswirt".
Rz. 2
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) hat u.a. geltend gemacht, dem Kläger fehle es an der Postulationsfähigkeit, da die Prozessbevollmächtigte weder als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt noch als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen sei.
Entscheidungsgründe
Rz. 3
II. Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht durch eine postulationsfähige Person eingelegt wurde.
Rz. 4
1. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) müssen sich die Beteiligten nach § 62 Abs. 4 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind gemäß § 62 Abs. 4 Satz 3 FGO nur die in § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO bezeichneten Personen und Gesellschaften zugelassen.
Rz. 5
a) Bei den dort bezeichneten Personen handelt es sich nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 FGO um Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer. Den Rechtsanwälten gleichgestellt sind gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) i.V.m. §§ 1, 3 Abs. 1 und 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) niedergelassene europäische Rechtsanwälte, die auf Antrag in die für den Ort ihrer Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurden.
Rz. 6
b) Ferner sind zugelassen nach § 62 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 FGO Gesellschaften i.S. des § 3 Nr. 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG), die durch die vorbezeichneten Personen handeln. Bei diesen Gesellschaften wiederum handelt es sich um Partnerschaftsgesellschaften, deren Partner ausschließlich die in § 3 Nr. 1 StBerG genannten Personen (Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, niedergelassene europäische Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer) sind, sowie Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchprüfungsgesellschaften. Steuerberatungsgesellschaften bedürfen nach § 32 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. §§ 49 ff. StBerG der Anerkennung. Die Anerkennung setzt nach § 32 Abs. 3 Satz 2 StBerG u.a. voraus, dass die Gesellschaft von Steuerberatern verantwortlich geführt wird. Wirtschaftsprüfungsgesellschaften benötigen nach § 1 Abs. 3 der Wirtschaftsprüferordnung (WpO) die Anerkennung, die den Nachweis voraussetzt, dass die Gesellschaft von Wirtschaftsprüfern verantwortlich geführt wird. Rechtsanwaltsgesellschaften bedürfen der Zulassung gemäß §§ 59c ff. BRAO (zu alledem auch BFH-Urteil vom 18. Januar 2017 II R 33/16, BFHE 256, 206, BStBl II 2017, 663, unter II.1.a).
Rz. 7
2. Die als Prozessbevollmächtigte auftretende Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Ltd. ist bereits ihrem eigenen Auftreten zufolge nach keiner der genannten Vorschriften anerkannt bzw. zugelassen und daher nach Maßgabe von II.1.b nicht zur Vertretung vor dem BFH befugt.
Rz. 8
3. Die Beschwerde kann auch nicht deshalb als zulässig behandelt werden, weil die beiden Personen, die für die Prozessbevollmächtigte gezeichnet haben, ihrerseits nach den in II.1.a dargestellten Grundsätzen vertretungsbefugt wären.
Rz. 9
a) Soweit beide nach eigener Angabe gemäß § 3a StBerG die Befugnis zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen im Inland besitzen, sind sie deswegen nicht vertretungsbefugt vor dem BFH nach § 62 Abs. 4 Satz 3 FGO i.V.m. § 62 Abs. 2 Satz 1 FGO. § 3a StBerG vermittelt nach § 62 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 FGO im Rahmen der dort definierten Befugnisse nur die Vertretungsbefugnis vor dem Finanzgericht (FG). Auf die Frage, ob sie tatsächlich über diese Befugnis verfügen, kommt es an dieser Stelle daher nicht an.
Rz. 10
b) Soweit beide sich als "Advocate (GB)" und damit als Rechtsanwälte nach britischem Recht bezeichnen, haben sie jedoch selbst nicht dargelegt, dass sie nach § 2 Abs. 1 EuRAG in die für den Ort ihrer Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen worden und deshalb niedergelassene europäische Rechtsanwälte wären.
Rz. 11
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
Rz. 12
5. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ab.
Fundstellen
Haufe-Index 11219411 |
BFH/NV 2017, 1463 |
DStR 2017, 12 |