Entscheidungsstichwort (Thema)
Erlaß einer einstweiligen Anordnung (Steuergeheimnis)
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 26. September 1995 13 V 15/95 aufgehoben.
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Streitwert wird auf 8.000 DM festgesetzt.
Gründe
Gegen die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin (Antragstellerin) läuft ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung. In diesem Zusammenhang wurden in der Presse und anderen Medien Vermutungen über eine Einflußnahme des Antragsgegners und Beschwerdeführers (Finanzministerium – FinMin–) sowie nachgeordneter Landesbehörden auf das Besteuerungsverfahren der Antragstellerin angestellt. Daraufhin wurde von Abgeordneten und verschiedenen Fraktionen des Landtags beantragt, der Landtag möge beschließen, die Landesregierung zu ersuchen, über bestimmte, im einzelnen aufgeführte steuerliche Verhältnisse der Antragstellerin zu berichten. Das FinMin beabsichtigte, diesen Ersuchen unter Berufung auf § 30 Abs. Nr. 5 Buchst. c der Abgabenordnung (AO 1977) im wesentlichen zu entsprechen, und bat dementsprechend, wie in dieser Vorschrift vorgesehen, das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Zwecke der Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter unwahrer Tatsachen, die geeignet seien, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern, um die Erteilung des Einvernehmens zur Offenbarung der betreffenden steuerlichen Verhältnisse der Antragstellerin.
Noch während des laufenden Verfahrens zur Einholung des Einvernehmens des BMF erklärte die Antragstellerin mit Telefax-Schreiben vom 19. September 1995, daß sie einer Offenbarung ihrer steuerlichen Verhältnisse nicht zustimme und das FinMin nicht vom Steuergeheimnis entbinde. Da eine Auskunftserteilung gegenüber dem Parlament für den 28. September 1995 vorgesehen war, beantragte die Antragstellerin mit Telefax-Schriftsatz vom 25. September 1995 beim Finanzgericht (FG), dem FinMin „im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, steuergeheimnisgeschützte Kenntnisse über Verhältnisse der Antragstellerin gemäß § 30 Abs. 5 c) AO (richtig: Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c) dem Landtag … zu offenbaren”.
Noch am selben Tag (25. September 1995) ging beim FG ein Telefax-Schreiben des FinMin ein, in dessen Anlage ein BMF-Schreiben vom 22. September 1995 übermittelt wurde. Daraus ergibt sich, daß das BMF das begehrte Einvernehmen zur Offenbarung des Steuergeheimnisses der Antragstellerin nur in beschränktem Umfang hinsichtlich bestimmter Fragen, nicht jedoch in bezug auf alle gestellten Fragen der Abgeordneten und Fraktionen, erteilt hatte. Hierzu erklärte das FinMin im bezeichneten Telefax-Anschreiben, es folge der vom BMF vertretenen Rechtsauffassung und werde die Auskunft nur in diesem – konsentierten– Umfang erteilen.
Das FG gab dem Antrag auf Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung statt und untersagte dem FinMin im Wege einer Sicherungsanordnung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO–), „bis zur Entscheidung in einem gegebenenfalls von der Antragstellerin noch anhängig zu machenden Hauptsacheverfahren dem Landtag … steuergeheimnisgeschützte Verhältnisse der Antragstellerin gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 c der Abgabenordnung zu offenbaren”.
In den Gründen führte das FG zum Anordnungsanspruch der Antragstellerin auf Unterlassung der Offenbarung steuerlicher Verhältnisse (§ 30 Abs. 1 AO 1977) u.a. aus: Zwar beabsichtige das FinMin, wie sich aus dem Schreiben des BMF vom 22. September 1995 ergebe, die Auskunftserteilung gegenüber dem Parlament nur in eingeschränktem Umfang. In diesem Umfang sei die Offenbarung der steuerlichen Verhältnisse der Antragstellerin möglicherweise nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO 1977 gerechtfertigt. Da diese das Steuergeheimnis einschränkende Vorschrift aber nur in besonderen Ausnahmefällen anwendbar sei, könnten die in diesem Zusammenhang zu entscheidenden schwierigen Rechtsfragen nicht in dem summarischen Verfahren der einstweiligen Anordnung, bei dem der Entscheidungsspielraum des Gerichts noch dazu auf wenige Stunden eingeschränkt sei, geklärt werden, sondern nur in einem von der Antragstellerin ggf. einzuleitenden Hauptsacheverfahren. Als Anordnungsgrund sah das FG die unmittelbar bevorstehende, für den 28. September 1995 angekündigte Auskunftserteilung des FinMin gegenüber dem Landtag an, weil dadurch der Anspruch der Antragstellerin aus § 30 Abs. 1 AO 1977 unmittelbar gefährdet sei und im Falle einer Ablehnung des Antrags auf Erlaß der einstweiligen Anordnung die Entscheidung in der Hauptsache in nicht wieder rückgängig zu machender Weise vorweggenommen würde.
Gegen die Entscheidung des FG hat das FinMin form- und fristgerecht Beschwerde (mit dem Ziel der Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung und der Zurückweisung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung) eingelegt und dazu unter näherer Darlegung ausgeführt, für die vom FG erlassene einstweilige Anordnung bestehe für die Antragstellerin weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund.
Mit Schriftsatz vom 12. Oktober 1995 hat das FinMin den Rechtsstreit für erledigt erklärt unter Hinweis auf ein bereits vorgelegtes Schreiben der Antragstellerin vom 8. Oktober 1995 an das FinMin folgenden Wortlauts: „Sehr geehrter Herr Minister, hiermit entbinde ich Sie von der Wahrung des Steuergeheimnisses – soweit dies in meiner Befugnis liegt – in dem Umfang, wie er durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. September 1995 für zulässig gehalten wurde (Schlußformel)”.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie führt aus, der Erledigungserklärung des FinMin könne nicht zugestimmt werden, da eine Erledigung der Hauptsache nicht eingetreten sei. Das FinMin beabsichtige nämlich, steuergeheimnisgeschützte Kenntnisse über ihre Verhältnisse zu offenbaren, die von der Entbindung vom Steuergeheimnis im Schreiben vom 8. Oktober 1995 nicht erfaßt seien. Dies ergebe sich aus dem Schreiben des FinMin an das BMF vom 11. Oktober 1995, in dem das BMF um Erweiterung seines mit Schreiben vom 22. September 1995 erklärten Einvernehmens hinsichtlich von Themenkomplexen ersucht werde, die bisher noch nicht Gegenstand des Einvernehmens gewesen seien. Die Gefahr der Offenbarung des Steuergeheimnisses bestehe also fort.
Auf die Replik des FinMin, bei dem mit Schreiben vom 11. Oktober 1995 an das BMF eingeleiteten Richtigstellungsverfahren handele es sich um ein neues Verfahren mit neuem Streitgegenstand, hinsichtlich dessen die Antragstellerin die Möglichkeit habe, erneut eine einstweilige Anordnung beim FG zu beantragen, hat die Antragstellerin entgegnet, auch dieses weitere Richtigstellungsverfahren sei von der einstweiligen Anordnung des FG erfaßt. Diese untersage nämlich dem FinMin generell, steuergeheimnisgeschützte Kenntnisse über Verhältnisse der Antragstellerin gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO 1977 zu offenbaren. Ein neuer Streitgegenstand liege somit nicht vor. Mithin sei keine Erledigung der Hauptsache eingetreten. Vielmehr sei die Beschwerde des FinMin, da die einstweilige Anordnung zu Recht ergangen sei, zurückzuweisen.
Die Beschwerde des FinMin ist begründet. Sie führt in Anwendung der Grundsätze im Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. März 1979 GrS 3/78 (BFHE 127, 155, 160, BStBl II 1979, 378) zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Ablehnung des Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung als unzulässig mit der Kostenfolge zum Nachteil der Antragstellerin gemäß § 135 Abs. 1 FGO.
1. Wie der Große Senat in der vorgenannten Entscheidung ausgeführt hat, ist, wenn im Revisionsverfahren der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist, die beklagte Finanzbehörde als Revisionsklägerin die Erledigung erklärt und der Kläger seinen Sachantrag aufrecht erhält, die Klage unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig abzuweisen und sind die Kosten des gesamten Verfahrens nach § 135 Abs. 1 FGO dem Kläger aufzuerlegen. Hält der Kläger in einer solchen Situation nämlich seinen in der Vorinstanz gestellten Sachantrag aufrecht, so ist in Befolgung der Dispositionsmaxime, nach der allein der Kläger durch sein Klagebegehren – auch im Revisionsverfahren– den Prozeßrahmen absteckt (vgl. auch den Beschluß des Großen Senats vom selben Tag GrS 4/78, BFHE 127, 147, BStBl II 1979, 375), über diesen Sachantrag zu entscheiden. Er bleibt Gegenstand des Revisionsverfahrens und der Nachprüfung durch den BFH als Revisionsgericht im Rahmen der Revisionsanträge (Senatsbeschluß vom 29. Mai 1990 VII R 67/87, BFH/NV 1991, 175). Die einseitige Erledigungserklärung der beklagten Finanzbehörde ist auch in der Revisionsinstanz nicht mehr als eine Anregung für das Revisionsgericht zur Prüfung, ob noch ein Rechtsschutzinteresse für das Klagebegehren besteht (BFH-Urteil vom 17. Oktober 1990 I R 36/88, BFH/NV 1991, 835). Die Tatsache der Erledigung ist dabei nur ein Inzident festzustellender Umstand, der das Rechtsschutzinteresse an einer Sachentscheidung entfallen läßt (siehe Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 138 Rz. 21 m.w.N.).
Diese Grundsätze sind auch im Beschwerdeverfahren zu beachten, denn die Dispositonsmaxime (vgl. § 65 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), auf die der Große Senat seine Entscheidung gestützt hat, gilt nicht nur für das Klage- bzw. Revisionsverfahren (§ 121 FGO), sondern auch für das Beschwerdeverfahren (§ 113 Abs. i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), auch im Rahmen einer einstweiligen Anordnung (siehe § 114 Abs. 3, § 128 Abs. 3 FGO). Erledigt sich mithin nach Erlaß einer einstweiligen Anordnung im Beschwerdeverfahren der Rechtsstreit in der Hauptsache, erklärt die Finanzbehörde als Antragsgegner und Beschwerdeführer die Erledigung und hält der Antragsteller im Beschwerdeverfahren seinen Sachantrag aufrecht, ist der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung unter Aufhebung der Vorentscheidung wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
2. Diese prozessuale Situation ist im Streitfall eingetreten. Das FinMin hat als Antragsgegner und Beschwerdeführer den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt; die Antragstellerin hat ihren vorinstanzlichen Sachantrag im Beschwerdeverfahren aufrechterhalten. Der Rechtsstreit ist – entgegen der Auffassung der Antragstellerin– in der Hauptsache erledigt. Die Erledigung ist eingetreten durch das Schreiben der Antragstellerin vom 8. Oktober 1995, in dem sie das FinMin von der Wahrung des Steuergeheimnisses in dem Umfang, wie er durch das Schreiben des BMF vom 22. September 1995 für zulässig gehalten wurde, entbunden hat.
a) Die Frage der Erledigung der Hauptsache bestimmt sich nach dem Streitgegenstand des Verfahrens, insbesondere danach, welche prozessualen Ansprüche der Kläger oder Antragsteller geltend macht (vgl. Senatsbeschluß vom 22. April 1986 VII B 140/85, BFH/NV 1987, 47). Im Streitfall ist der Antrag der Antragstellerin darauf gerichtet, dem FinMin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, steuergeheimnisgeschützte Kenntnisse über Verhältnisse der Antragstellerin gemäß § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO 1977 zu offenbaren. Infolge der Bezugnahme auf die genannte Vorschrift, welche zum Zwecke der Offenbarung des Steuergeheimnisses die Einhaltung eines bestimmten geregelten Verfahrens vorschreibt (Entscheidung der zuständigen obersten Finanzbehörde des Landes im Einvernehmen mit dem BMF nach vorheriger Anhörung des Steuerpflichtigen), ist in Übereinstimmung mit dem FG bei der Beurteilung dieses Antrags davon auszugehen, daß Streitgegenstand des Verfahrens die vom FinMin nach Einholung des Einvernehmens des BMF konkret getroffene Entscheidung sein sollte, nur bestimmte Fragen aus der Vielzahl der parlamentarischen Antragen zu beantworten und damit nur insoweit das Steuergeheimnis der Antragstellerin zu offenbaren, denn nur insoweit konnte die sich gegen die beabsichtigte Offenbarung zur Wehr setzende Antragstellerin überhaupt beschwert sein.
Einer Auslegung des Antrags in diesem Sinne steht nicht entgegen, daß sich diese Einschränkung nicht ausdrücklich aus dem Antrag selbst, sondern erst aus dem am gleichen Tag, wenige Stunden nach dem Antrag, beim FG eingegangenen Telefax des FinMin vom 25. September 1995 ergibt, mit dem das FinMin unter Hinweis auf das vom BMF mit Schreiben vom 22. September erklärte begrenzte Einvernehmen zur Offenbarung des Steuergeheimnisses der Antragstellerin erst seine eigentliche Entscheidung getroffen hat, nämlich das Steuergeheimnis der Antragstellerin nur im Rahmen des vom BMF erteilten Einvernehmens zu offenbaren. Bei dieser Sachlage kann das aufrechterhaltene Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin allein dahingehend verstanden werden, daß Rechtsschutz nur zur Verhinderung der konkret, im Rahmen des vom BMF erteilten Einvernehmens, angekündigten Offenbarung des Steuergeheimnisses der Antragstellerin in Anspruch genommen werden sollte.
b) Etwas anderes kann auch aus dem den Antrag aufgreifenden Tenor der Vorentscheidung nicht entnommen werden. Zwar ist der Antragstellerin einzuräumen, daß sich aus dem Tenor der Vorentscheidung allein – wie auch schon aus ihrem Antrag– eine ausdrückliche Begrenzung des Entscheidungsgegenstands auf die Offenbarung ihres Steuergeheimnisses lediglich im Umfang des vom BMF erteilten Einvernehmens nicht ergibt. Es ist allerdings anerkannt, daß zur Beseitigung von Unklarheiten oder Zweifeln, welche die Urteils- oder Beschlußformel aufwirft, ergänzend auch der übrige Urteils- oder Beschlußinhalt (Tatbestand und Entscheidungsgründe: vgl. § 105 Abs. 2 Nr. 3 bis 5 FGO) im Wege der Auslegung heranzuziehen ist (BFH-Urteile vom 27. Juli 1993 VIII R 67/91, BFHE 173, 480, BStBl II 1994, 469; vom 17. November 1992 VIII R 35/91, BFH/NV 1993, 316 m.w.N.; siehe auch Gräber/von Groll, a.a.O., § 105 Rz. 9 m.w.N.).
Im Streitfall folgt aus Tatbestand und Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses klar, daß das FG lediglich über den Streitgegenstand entschieden hat, der Gegenstand des vom BMF erteilten Einvernehmens war und bezüglich dessen die Antragstellerin später das FinMin von der Wahrung des Steuergeheimnisses entbunden hat. Schon im Tatbestand hat das FG ausgeführt, daß sich die Antragstellerin mit ihrem Antrag gegen die Absicht des FinMin wendet, den parlamentarischen Ersuchen, „im Einvernehmen mit dem Bundesminister der Finanzen in bestimmten Umfang zu entsprechen”, wobei das FG hinsichtlich des Umfangs ausdrücklich auf das Schreiben des FinMin vom 25. September 1995 und auf die diesem beigefügte Anlage – Schreiben des BMF vom 22. September 1995– Bezug genommen hat. Auch in den übrigen Entscheidungsgründen gibt das FG klar zu erkennen, daß Streitgegenstand „die Auskunftserteilung gegenüber dem Parlament nur in eingeschränktem Umfang” ist. Wäre es anders, hätte das FG den dann weitergehenden Antrag der Antragstellerin jedenfalls wegen Fehlens eines Anordnungsgrundes ablehnen müssen.
c) Durch die mit Schreiben vom 8. Oktober 1995 erklärte Einwilligung der Antragstellerin in die Offenbarung ihres Steuergeheimnisses „in dem Umfang, wie er durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 22. September 1995 für zulässig gehalten wurde”, hat sich mithin, da diese Einwilligung den gesamten Streitgegenstand abdeckt, das Antragsverfahren in der Hauptsache erledigt. Dadurch ist das Rechtsschutzinteresse für das Antragsbegehren entfallen, so daß der Antrag unzulässig geworden ist (vgl. Gräber/Koch, a.a.O., § 114 Rz. 27 m.w.N.).
d) Soweit die Antragstellerin auf ein fortbestehendes Rechtsschutzinteresse verweist, weil das FinMin beabsichtige, steuergeheimnisgeschützte Kenntnisse über ihre Verhältnisse zu offenbaren, die von der Entbindung vom Steuergeheimnis im Schreiben vom 8. Oktober 1995 nicht erfaßt seien, und sich hierzu auf das Schreiben des FinMin an das BMF vom 11. Oktober 1995 stützt, in dem das BMF um die Erteilung eines erneuten Einvernehmens zur Offenbarung ihres Steuergeheimnisses hinsichtlich von Themenkomplexen ersucht werde, die bislang noch nicht Gegenstand des erteilten Einvernehmens gewesen seien, handelt es sich um einen neuen Streitgegenstand.
Da dieser Streitgegenstand nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist, ist dem Senat eine Entscheidung hierüber verwehrt. Sollte sich das FinMin nach Einholung des Einvernehmens des BMF zu einer Offenbarung des Steuergeheimnisses der Antragstellerin in weiterem Umfang, als bisher von der Antragstellerin zugestanden, verstehen, so steht es der Antragstellerin frei, beim FG erneut um vorläufigen Rechtsschutz nachzusuchen. Dabei wäre ggf. zu erwägen – was im Rahmen des vorliegenden Verfahrens offenbleiben kann–, ob eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO überhaupt das geeignete Verfahren zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes gegenüber einer drohenden Offenbarung des Steuergeheimnisses zur Richtigstellung in der Öffentlichkeit verbreiteter Tatsachen, die geeignet sind, das Vertrauen in die Verwaltung erheblich zu erschüttern, darstellt oder ob angesichts des in § 30 Abs. 4 Nr. 5 Buchst. c AO 1977 eingehend geregelten diesbezüglichen Verwaltungsverfahrens nicht eher Aussetzung der Vollziehung der vom FinMin getroffenen Entscheidung, das Steuergeheimnis in einem bestimmten Punkt oder in bestimmtem Umfang zu offenbaren, gemäß § 69 FGO in Betracht käme.
3. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2, § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes.
Fundstellen
Haufe-Index 1148407 |
BFH/NV 1996, 457 |