Entscheidungsstichwort (Thema)
Klageabweisung als unbegründet ohne Prüfung der Sachurteilsvoraussetzungen verfahrensfehlerhaft
Leitsatz (NV)
Über eine Klage darf regelmäßig erst dann in der Sache entschieden werden, wenn geklärt ist, dass alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen; anderenfalls hat ein Prozessurteil zu ergehen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 26.09.2003; Aktenzeichen 8 K 4723/01) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, weil das Arbeitsverhältnis nicht beendet worden sei. Dies sei aber Voraussetzung für die Anwendung des § 3 Nr. 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bzw. des § 34 Abs. 1 EStG auf eine vom Arbeitgeber gezahlte Entschädigung. Dabei ließ das FG dahin gestellt, ob die Klage überhaupt zulässig sei. Hieran bestünden Zweifel, weil der Klage das Rechtsschutzinteresse fehlen könne. Das wäre der Fall, wenn die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) während des Klageverfahrens mit dem Beklagten und Beschwerdeführer, (Finanzamt --FA--) eine tatsächliche Verständigung darüber getroffen hätten, die Entschädigung gemäß § 34 Abs. 3 EStG zu besteuern.
Die Kläger hatten sich, nachdem das FA einen entsprechenden Änderungsbescheid erlassen hatte, geweigert, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. Ihr Vertreter habe die entsprechende Zusage nicht mit ihnen abgesprochen und sie seien dazu auch nicht verpflichtet, weil es sich allenfalls um eine unwirksame Verständigung über Rechtsfragen gehandelt habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Kläger haben Verfahrensfehler form- und fristgerecht dargelegt (§ 116 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), auf denen das Urteil des FG beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Über eine Klage darf regelmäßig erst dann in der Sache entschieden werden, wenn geklärt ist, dass alle Sachurteilsvoraussetzungen vorliegen. Anderenfalls hat ein Prozessurteil zu ergehen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7. August 2001 I B 16/01, BFHE 196, 12, BStBl II 2002, 13, m.w.N.). Das FG hätte demnach zunächst über die Frage der Zulässigkeit und des Rechtsschutzinteresses der Kläger entscheiden und die Klage gegebenenfalls durch Prozessurteil als unzulässig abweisen müssen. Eine Sachentscheidung über die von den Klägern erhobene Klage durfte nicht ergehen, bevor nicht geklärt war, ob alle Sachentscheidungsvoraussetzungen vorlagen.
Die Aufhebung des FG-Urteils und die Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung beruht auf § 116 Abs. 6 FGO. Die Sache ist nicht entscheidungsreif.
Fundstellen