Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Festsetzung des Streitwerts nach der Bedeutung der Sache
Leitsatz (NV)
Bei der Festsetzung des Streitwerts im Revisionsverfahren nach der Bedeutung der Sache ist die Unzulässigkeit der Revision, auch wenn sie offensichtlich ist, kein maßgeblicher Gesichtspunkt. Ebenso hat die Qualität der Behandlung der Sache durch den Prozeßbevollmächtigten außer Betracht zu bleiben.
Normenkette
GKG § 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, §§ 11, 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1; BRAGO § 8 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Durch Beschluß des Bundesfinanzhofs (BFH) wurde die vom Kostenschuldner und Erinnerungsführer (Kostenschuldner) eingelegte Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG), in dem das FG dessen Klage gegen die Rücknahme der Umschreibung einer Abfindungsbrennerei abgewiesen hatte, kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Die Kostenstelle des BFH setzte die vom Kostenschuldner zu entrichtenden Gerichtskosten, ausgehend von einem Streitwert von 6000 DM, auf ... DM (einschließlich ... DM verauslagte Postgebühren) fest.
Gegen die Kostenrechnung legte der Kostenschuldner Erinnerung ein mit dem Begehren, bei der Kostenrechnung einen niedrigeren Streitwert zugrunde zu legen. Damit solle erreicht werden, daß sowohl die Anwaltsgebühren seiner früheren Prozeßbevollmächtigten, weil diese die Einlegung der unzulässigen Revision zu vertreten habe, als auch die Gerichtskosten begrenzt würden. Der Kostenbeamte habe nämlich in seiner Stellung als Amtsperson die Unzulässigkeit des Revisionsantrags erkannt und deshalb nicht den vom FG festgesetzten Streitwert von 10000 DM übernommen; ein Streitwert von 6000 DM sei aber zu hoch, weil sich infolge der Unzulässigkeit der Revision für den Kostenbeamten der sichere Anhaltspunkt ergeben habe, daß die Sache für den Rechtsmittelführer ohne Bedeutung sei.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist unbegründet.
Mit der Erinnerung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) können auch Einwendungen gegen den vom Kostenbeamten zugrunde gelegten Streitwert geltend gemacht werden (vgl. BFH-Beschluß vom 9. April 1990 III E 3/89, BFH/NV 1991, 551).
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 GKG bestimmt sich der Streitwert im Revisionsverfahren nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers, hier des Kostenschuldners. Ist im Revisionsverfahren, wie im Streitfall, ein bezifferter Antrag nicht gestellt worden, ist der Streitwert nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Rechtsmittelführers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Dabei ist sein gesamtes Vorbringen im Klage- und im Revisionsverfahren zu berücksichtigen (BFH-Beschlüsse vom 6. August 1971 III B 4/71, BFHE 103, 303, BStBl II 1972, 89; BFH/NV 1991, 551). Ergeben sich hieraus keine genügenden Anhaltspunkte, aus denen sich der Wert des Streitgegenstandes bestimmen läßt, ist nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG der Regelstreitwert von 6000 DM anzunehmen.
Nach diesen Grundsätzen hält der von der Kostenstelle des BFH zugrunde gelegte Regelstreitwert der Nachprüfung stand. Die Bedeutung der Sache für den Kostenschuldner bemißt sich nach seinem Interesse daran, daß die Umschreibung der Obstabfindungsbrennerei mit einem Brennrecht von ... Liter Alkohol auf seine Person bestehen bleibt. Dem gesamten Vorbringen des Kostenschuldners kann der Senat indessen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Bezifferung dieses Interesses, auch nicht im Wege der Schätzung, entnehmen. Damit scheidet eine individuelle Bestimmung des Streitwerts aus.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß nach dem Vorbringen des Kostenschuldners das FG einen Streitwert von 10000 DM festgesetzt hat. Zwar bleibt es bei unverändertem Streitgegenstand des Revisionsverfahrens grundsätzlich beim erstinstanzlichen Streitwert (BFH-Beschluß vom 9. November 1992 VIII E 1/92, BFH/NV 1993, 680). Eine Bindungswirkung entfaltet der erstinstanzliche Streitwert in solchen Fällen allerdings nur insoweit, als dieser in der Revisionsinstanz nicht überschritten werden darf (§ 14 Abs. 2 Satz 1 GKG). Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn die Kostenstelle des BFH bei ihrer Beurteilung des Sach- und Streitstandes nach ihrem Ermessen zu einem niedrigeren Streitwert als die Vorinstanz gekommen ist. Im übrigen ist im Streitfall der Kostenschuldner dadurch nicht beschwert.
Entgegen der Auffassung des Kostenschuldners kann hier nicht ein noch geringerer Streitwert zugrunde gelegt werden. Die insoweit vom Kostenschuldner angeführten Gründe liegen sämtlich außerhalb der vom GKG verfolgten Zwecke. Die Streitwertfestsetzung dient als Grundlage für die Berechnung der Gerichtsgebühren, die grundsätzlich derjenige zu zahlen hat, dem sie vom Gericht auferlegt worden sind, so regelmäßig der im Rechtsstreit Unterlegene, weil er die erfolglose Inanspruchnahme des Gerichts veranlaßt hat. Für die Bestimmung des Streitwerts ist es infolgedessen unerheblich, ob eine Klage oder ein Rechtsmittel - hier die Revision - vom Gericht schon als unzulässig verworfen oder nur als unbegründet ab- oder zurückgewiesen wird. So wie es für die Bemessung der doppelten Verfahrensgebühr für die Revision ohne Einfluß ist, ob die Revision zu einer Sachentscheidung geführt hat oder nicht (vgl. BFH-Beschluß vom 22. Februar 1990 VII E 10/89, BFH/NV 1990, 521), so verhält es sich auch hinsichtlich der Festsetzung des Streitwerts. Eine Revision, die sich im Ergebnis als unzulässig herausstellt, ändert nichts an der Bedeutung der Sache für den Rechtsmittelführer i.S. des § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG. Dabei spielt es ebenfalls keine Rolle, aus welchen Gründen es zu der unzulässigen Revision gekommen ist, wer die Unzulässigkeit zu vertreten hat und ob die Unzulässigkeit für das Gericht schon von vornherein leicht erkennbar war.
Die Festsetzung des Streitwerts als Bemessungsgrundlage für die Gerichtskosten dient auch nicht als Sanktionsmittel gegen einen Rechtsanwalt, der namens seines Mandanten eine unzulässige Revision eingelegt hat. Wenn sich der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften bemißt (§ 8 Abs. 1 Satz 1 der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte), so geschieht das lediglich aus Gründen der Zweckmäßigkeit, hat aber keinen Einfluß auf die Bestimmung des Streitwerts für die Gerichtskosten. Das gilt auch für interne Angelegenheiten zwischen Anwalt und Mandant, so etwa für Meinungsverschiedenheiten in diesem Verhältnis über den Schwierigkeitsgrad einer Sache oder über die Qualität der Behandlung durch den Anwalt. Eine Reduzierung des Streitwerts nach dem GKG kommt aus einem solchen Grund nicht in Betracht.
Auch im übrigen liegen keine Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit des Kostenansatzes vor. Die Kostenrechnung entspricht vielmehr dem Gesetz (§ 11 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Anlage 1 Nr. 1310).
Das Verfahren über die Erinnerung ist gemäß § 5 Abs. 4 GKG gerichtsgebührenfrei.
Fundstellen
Haufe-Index 419783 |
BFH/NV 1994, 896 |