Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Betriebsstättenbegründung allein durch Tätigkeit in Räumen des Vertragspartners
Leitsatz (NV)
1. Es ist nicht klärungsbedürftig, dass ein Unternehmer nicht allein deshalb eine Betriebsstätte in Räumen seines Vertragspartners hat, weil er tatsächlich dort tätig wird.
2. Auf Rechtsfragen, die sich nach dem von FG festgestellten Sachverhalt nicht stellen, kann eine Zulassung der Revision nicht gestützt werden.
Normenkette
AO § 12; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in den Streitjahren (1999 bis 2002) Einkünfte vermittels einer im Inland belegenen Betriebsstätte erzielt hat.
Der Kläger wohnte in den Streitjahren in den Niederlanden. Er war in Deutschland im öffentlichen Dienst tätig und betätigte sich zudem als Schriftsteller. Die Manuskripte erstellte der Kläger an seinem Wohnort; mit der Erfassung von Daten und deren Verarbeitung hatte er die in Deutschland tätige Firma X beauftragt.
Seit etwa 1998 entwickelte der Kläger eine mehrbändige …-buchreihe, die von einem deutschen Verlag (V) ab 2001 veröffentlicht wurde. Er gab V im Jahr 1999 eine verbindliche Zusage über Druck und Veröffentlichung der Buchreihe und schloss im Jahr 2000 Verlagsverträge ab. Nach den Verträgen war er verpflichtet, die Manuskripte in druckfertigen Satzvorlagen zu liefern. Mit der Erstellung der Satzvorlagen beauftragte er die Firma X.
Der Kläger gab für die Streitjahre bei dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) Feststellungserklärungen ab, die jeweils einen Verlust auswiesen. Das FA erließ zunächst erklärungsgemäße Feststellungsbescheide für 1999 und 2000, die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen. Im Anschluss an eine Betriebsprüfung gelangte er jedoch zu der Ansicht, dass der Kläger im Inland weder eine Betriebsstätte noch einen Vertreter i.S. des § 13 der Abgabenordnung (AO) oder des Art. 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie verschiedener sonstiger Steuern und zur Regelung anderer Fragen auf steuerlichem Gebiete vom 16. Juni 1959 (BGBl II 1960, 1782) --DBA-Niederlande-- besessen habe. Es hob daraufhin die zunächst erlassenen Bescheide auf.
In der Folge beantragte der Kläger, für die Streitjahre seine Einkünfte als selbständiger Autor gesondert festzustellen. Diesen Antrag lehnte das FA ab. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen, ohne die Revision gegen sein Urteil zuzulassen.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde macht der Kläger geltend, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen sei.
Das FA ist der Nichtzulassungsbeschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Der Kläger hat einen Grund für die Zulassung der Revision nicht in der gebotenen Weise dargelegt.
1. Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil u.a. dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1), die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert (Nr. 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (Nr. 3). Wird auf einen dieser Gründe eine Nichtzulassungsbeschwerde gestützt, so muss der Zulassungsgrund in der Beschwerdebegründung dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Fehlt es an einer solchen Darlegung, so ist die Nichtzulassungsbeschwerde unzulässig.
2. Im Streitfall rügt der Kläger als Verfahrensmangel, dass das FG ihm das rechtliche Gehör versagt und gegen das Gebot eines fairen Verfahrens verstoßen habe. Er habe in der ersten Instanz ausführlich zu den tatsächlichen Abläufen und zu den sich daraus ergebenden Rechtsfolgen vorgetragen; das FG sei dem nicht gefolgt, ohne zunächst einen Hinweis darauf zu geben, dass es den genannten Vortrag für unschlüssig halte. Das reicht zur Darlegung eines Verfahrensmangels jedoch schon deshalb nicht aus, weil nach ständiger Rechtsprechung des BFH ein FG nicht verpflichtet ist, den Beteiligten gegenüber bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung seine eigene Einschätzung der Rechtslage anzudeuten (BFH-Beschlüsse vom 7. Dezember 2006 IX B 50/06, BFH/NV 2007, 1135; vom 19. April 2007 VII B 162/06, BFH/NV 2007, 1519, m.w.N.). Auf weitere Ausführungen dazu wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO verzichtet.
3. Zur Frage der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) trägt der Kläger vor, der BFH mache das Vorliegen einer Betriebstätte davon abhängig, dass der Unternehmer Verfügungsmacht über die zu beurteilende Einrichtung besitze. Diese Rechtsprechung werde jedoch im Schrifttum kritisiert. Zudem sei der Begriff "Verfügungsmacht" in der Rechtsprechung "bis zur Unkenntlichkeit vernebelt" worden; inzwischen habe der BFH die Bedeutung dieses Kriteriums selbst eingeschränkt (Senatsurteil vom 4. Juni 2008 I R 30/07, BFHE 222, 14, BStBl II 2008, 922). Der Streitfall könne und solle Anlass sein, es aufzugeben. Dieser Vortrag erfüllt die Anforderungen an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung nicht.
Denn unabhängig von genauem Inhalt und rechtlicher Bedeutung des Begriffs "Verfügungsmacht" hat ein Unternehmer im Betrieb seines Vertragspartners jedenfalls nicht allein deshalb eine Betriebsstätte i.S. des § 12 AO, weil er tatsächlich dort tätig wird. Das hat der Senat erst jüngst bestätigt (Urteil in BFHE 222, 14, BStBl II 2008, 922), und der Kläger zeigt keine Gesichtspunkte auf, unter denen diese Rechtsprechung erneut überdacht werden müsste. Ebenso lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, inwieweit sich auf der Grundlage der genannten Rechtsprechung im Streitfall eine klärungsbedürftige Frage stellen könnte: Das FG hat das Verhältnis zwischen dem Kläger und X dahin gewürdigt, dass der Kläger zwar oft im Betrieb der X anwesend war, dabei aber keine gesicherte Rechtsposition im Hinblick auf die Nutzung irgendwelcher Räumlichkeiten besaß; diese bindende (§ 118 Abs. 2 FGO) tatrichterliche Feststellung läuft der Sache nach darauf hinaus, dass keine über das Tätigwerden hinausgehenden Umstände vorliegen, die für die Betriebsstättenfrage bedeutsam sein könnten. Angesichts dessen entspricht das angefochtene Urteil in dieser Frage der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Der Vortrag des Klägers, dass diese Rechtsprechung widersprüchlich sei und "keine intersubjektiv nachprüfbaren klaren Subsumtionsmaßstäbe" liefere, reicht ebenso wie der Hinweis auf kritische Stimmen im Schrifttum zur Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nicht aus.
Dasselbe gilt für den Hinweis, es müsse geklärt werden, ob das Vorliegen einer Betriebsstätte stets eine rechtliche Verfügungsbefugnis des Unternehmers voraussetze oder ob eine rein faktische Herrschaftsmacht über eine bestimmte Einrichtung genügen könne. Denn insoweit fehlt es jedenfalls an Ausführungen dazu, dass diese Frage im Streitfall geklärt werden könnte. Das angefochtene Urteil enthält keine Feststellungen, aus denen sich ableiten ließe, dass der Kläger hinsichtlich der Betriebsräume der X eine "faktische Herrschaftsmacht" in dem von ihm genannten Sinne --die Beschwerdebegründung verweist dazu auf den Fall der rechtswidrigen Hausbesetzung-- abgeleitet werden könnte. Auf Rechtsfragen, die sich nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt nicht stellen, kann aber eine Zulassung der Revision nicht gestützt werden (Senatsbeschluss vom 25. November 2008 I B 99/08, BFH/NV 2009, 405, m.w.N.).
4. Im Hinblick auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO fehlt es ebenfalls an der gebotenen Darlegung des Zulassungsgrundes. Das bedarf ebenfalls keiner Begründung (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen
Haufe-Index 2204531 |
BFH/NV 2009, 1588 |