Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindungswirkung von Feststellungsbescheiden bei Hinzurechnung nach dem AIG
Leitsatz (NV)
Ein Feststellungsbescheid, der den Gewinn aus einer Betriebsveräußerung als Hinzurechnungsbetrag gem. § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG feststellt, löst keine Bindung dahin aus, daß im Folgebescheid für den Hinzurechnungsbetrag der halbe Steuersatz gem. § 34 EStG zu gewähren wäre.
Normenkette
AO 1977 § 179ff; EStG §§ 16, 34; AuslInvG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war als Kommanditistin an der Firma X GmbH & Co. KG beteiligt (künftig: X-KG). Die X-KG unterhielt in den USA eine Betriebsstätte, die 1975 bis 1978 und 1980 Verluste erwirtschaftete. Der auf die Klägerin entfallende Verlustanteil wurde auf ihren Antrag gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 des Auslandsinvestitionsgesetzes (AIG) bei den entsprechenden Einkommensteuerveranlagungen abgesetzt.
Im Streitjahr 1981 wurde ein Teil der US-Betriebsstätte mit Gewinn veräußert. Das für die X-KG zuständige Betriebs-Finanzamt setzte u. a. diesen Veräußerungsgewinn bei der Gewinnfeststellung für 1981 im geänderten Feststellungsbescheid an. Der Bescheid enthielt hierzu folgenden Vermerk:
,,Bei dem positiven Betrag des Jahres 1981 handelt es sich um Gewinn aus einer (Teil-)Betriebsveräußerung (§ 16 EStG) der US-Betriebsstätte, der im Rahmen des § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG zu erfassen ist. Die Anwendung des Progressionsvorbehalts nach § 32 b EStG entfällt insoweit."
Mit gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO 1977) geändertem Einkommensteuerbescheid 1981 rechnete das beklagte Finanzamt (FA) als zuständiges Wohnsitz-FA bei der Ermittlung der Summe der Einkünfte einen Betrag in Höhe der vorher abgesetzten Verluste gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG hinzu. Der überschießende Veräußerungsgewinn wurde in die Berechnung des Steuersatzes (§ 32 b des Einkommensteuergesetzes - EStG -) einbezogen. Das FA versagte den halben Steuersatz für den Hinzurechnungsbetrag.
In der Einspruchsentscheidung nahm das FA den überschießenden Veräußerungsgewinn von der Ermittlung des Steuersatzes aus. Der Einspruch im übrigen und die Klage blieben erfolglos.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Insbesondere ist sie unbegründet, soweit grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend gemacht wird.
1. Der Inhalt des Feststellungsbescheids ist eindeutig. Es wurde nur ein steuerfreier Veräußerungsgewinn festgestellt. Der Bescheid kann deshalb keine Bindung dahin auslösen, daß im Folgebescheid für den Hinzurechnungsbetrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG der halbe Steuersatz gemäß § 34 EStG zu gewähren wäre. Die von der Klägerin als grundsätzlich aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Feststellungsbescheid nicht nur außerordentliche Einkünfte i. S. des § 34 EStG benennen, sondern zusätzlich die Begünstigungsfähigkeit dieser Einkünfte gemäß § 34 EStG feststellen muß, bedarf deshalb im Streitfall keiner Klärung. Sie läßt sich überdies klar aus dem Gesetz beantworten: Der Feststellungsbescheid muß die Begünstigungsfähigkeit nicht feststellen, denn diese ist kein Tatbestandsmerkmal des § 34 Abs. 1 EStG. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. November 1975 I R 44/74 (BFHE 117, 539, BStBl II 1976, 304), das sich nicht mit außerordentlichen, sondern mit ,,laufenden" Einkünften befaßt.
2. Die weitere Rechtsfrage, ob das Veranlagungs-FA ohne weitere Prüfung auf Antrag stets den halben Steuersatz gemäß § 34 EStG gewähren muß, wenn der Feststellungsbescheid Einkünfte ausdrücklich als außerordentliche i. S. des § 34 EStG bezeichnet, ist ebenfalls nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Sie läßt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und dessen Auslegung durch die Rechtsprechung des BFH beantworten. Für den Hinzurechnungsbetrag nach § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG kommt nach der Entscheidung des BFH vom 2. März 1989 IV R 128/86 (BFHE 156, 187, BStBl II 1989, 543) der halbe Steuersatz gemäß § 34 EStG nicht in Betracht. Das Feststellungs-FA mußte die entsprechenden Einkünfte dennoch als außerordentliche qualifizieren. Es hatte nämlich - da ohne Kenntnis davon, ob der Steuerpflichtige die entsprechenden Verluste gemäß § 2 Abs. 1 AIG abgezogen hatte - auch für den Fall Sorge zu tragen, daß die Einkünfte bei der Veranlagung in die Berechnung des Steuersatzes einfließen, es sei denn, es handelte sich um außerordentliche (vgl. § 32 b Abs. 2 Nr. 2 EStG a. E.). Daraus ergibt sich - wie ausgeführt -, daß der Feststellungsbescheid keine Qualifikation der streitigen Einkünfte als begünstigte zum Inhalt haben kann. Daraus folgt aber auch, daß das Veranlagungs-FA nicht ungeachtet dessen, daß Einkünfte gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 AIG hinzuzurechnen sind, den halben Steuersatz gemäß § 34 EStG zu gewähren hat.
Fundstellen
Haufe-Index 417564 |
BFH/NV 1992, 108 |