Entscheidungsstichwort (Thema)
Wegfall der Stundungsmöglichkeit nach §25 ErbStG 1974 bei Wegfall der Belastung
Leitsatz (NV)
Die Frage, ob eine Stundung gemäß §25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 der auf eine Belastung entfallenden Steuer davon abhängig ist, daß die Belastung bei Festsetzung der Steuer noch besteht, ist nicht klärungsbedürftig. Denn nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift entfällt nach dem Erlöschen der Belastung ein Anspruch auf zinslose Stundung. Daraus folgt, daß eine Stundung im Rahmen der Besteuerung nach §25 ErbStG 1974 von vornherein ausscheidet, wenn im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die Belastung (z.B. wegen des Todes des Nutzungsberechtigten) nicht mehr besteht.
Normenkette
FGO §§ 76, 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3; ErbStG 1974 §§ 25, 30; BewG § 14 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Mutter des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hatte mit notarieller Urkunde vom 24. Juni 1991 von ihrer Beteiligung an der A-GmbH einen Teilgeschäftsanteil im Wege der Schenkung auf den Kläger und die übrigen Geschäftsanteile auf die Geschwister des Klägers übertragen. Der Kläger und seine Geschwister räumten in der notariellen Urkunde ihrer Mutter den lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch ein. Nach der notariellen Urkunde, die mit "Geschäftsanteilsabtretung" überschrieben ist, sollte u.a. "das zuständige Finanzamt -- Schenkungsteuerstelle --" eine beglaubigte Abschrift erhalten. Mit Schreiben vom 1. Juli 1991, in dem lediglich auf die als Anlage beiliegende "Urkunde vom 24. 6. 1991 wegen Geschäftsanteilsabtretung" hingewiesen wurde, wurde dem damals für die Schenkungsteuer zuständigen Zentralfinanzamt (ZFA) im Auftrag der Mutter des Klägers eine Abschrift der genannten notariellen Urkunde übermittelt. Nach Angaben des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt -- FA --) wurde diese Urkunde beim ZFA der Kapitalverkehrsteuerabteilung zugeleitet und dort abgelegt, ohne daß die Schenkungsteuerabteilung von der Urkunde Kenntnis erhielt.
1992 verunglückte die Mutter des Klägers tödlich.
Seit 1993 war das FA für die Schenkungsteuer des Klägers zuständig. Auf Anforderung des FA, das im Zuge der Erbschaftsteuerveranlagung erstmals mit Schreiben des Vertreters des Klägers vom 8. Juli 1993 von der Zuwendung vom 24. Juli 1991 Kenntnis erlangt hatte, reichten der Kläger und seine Geschwister hierzu am 16. August 1993 eine Schenkungsteuererklärung ein, in der sie die Ablösung der auf den Kapitalwert der Nießbrauchsbelastung entfallenden Schenkungsteuer mit dem Barwert gemäß §25 Abs. 1 Satz 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG 1974) beantragten und den Wert der gesamten Zuwendungen mit ... DM angaben. Mit unter Vorbehalt der Nachprüfung stehendem Bescheid vom 28. April 1994 setzte das FA gegenüber dem Kläger Schenkungsteuer unter Einbeziehung von Vorschenkungen fest. In einer Anlage zum Bescheid führte es aus, daß eine Stundung der Schenkungsteuer nach §25 ErbStG 1974 nicht möglich sei, weil die Nießbrauchsbelastung im Zeitpunkt der Fälligkeit der Steuer bereits erloschen gewesen sei. Wegen Fehlens der Stundungsvoraussetzungen sei zudem eine Ablösung der Steuer nach §25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG 1974 nicht möglich.
Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein, mit dem er sich gegen die Versagung der Stundung wandte und die Festsetzung eines Ablösungsbetrags in Höhe von ... DM geltend machte. Nach einer Betriebsprüfung änderte das FA den Schenkungsteuerbescheid und setzte die Schenkungsteuer gegenüber dem Kläger auf nunmehr ... DM fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Den Einspruch des Klägers wies das FA als unbegründet zurück.
Mit der Klage beantragte der Kläger, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Schenkungsteuerbescheid vom 12. Juni 1995 dahingehend zu ändern, daß die Schenkungsteuer in Höhe von ... DM wegen der Nießbrauchsbelastung ab dem Zeitpunkt der Entstehung der Steuer gestundet werde.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Die Voraussetzungen für eine teilweise Stundung der Schenkungsteuer seien nicht gegeben, "obgleich eine solche Stundung bei einer Steuerfestsetzung noch vor dem Ableben der Mutter des Klägers für einen Teil der am 24. Juni 1991 entstandenen Schenkungsteuer auszusprechen gewesen wäre". Nach §25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 sei beim Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen dem Schenker zustehen, die Besteuerung ohne Berücksichtigung der Belastung durch den Nießbrauch durchzuführen. Zum Ausgleich hierfür sei die Steuer bis zum Erlöschen der Belastung insoweit zinslos zu stunden, als sie auf den Kapitalwert der Belastung entfällt. Eine Stundung nach §25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 setze jedoch voraus, daß im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die Belastung noch bestehe und nicht bereits erloschen sei. Nach §25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 bestehe ein Anspruch auf zinslose Stundung dann nicht, wenn die Stundungsvoraussetzungen zwar beim Erwerb des belasteten Vermögens erfüllt waren, das belastende Nutzungsrecht aber bereits vor dem Zeitpunkt der Steuerfestsetzung wieder entfallen sei.
Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, mit der er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) sowie Verfahrensfehler (§115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) geltend macht.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
1. Grundsätzliche Bedeutung
a) Die vom Kläger aufgeworfene Frage
"Ist die Stundung gemäß §25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG der auf eine Belastung entfallenden Steuer im Rahmen einer fristgerecht abgegebenen Steuererklärung, in der gleichzeitig die Sofortablösung gemäß §25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG beantragt wird, davon abhängig, daß die Steuerfestsetzung vor Wegfall der Belastung erfolgt bzw. rechtskräftig wird?"
ist nicht klärungsbedürftig. Denn sie läßt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten und ist außerdem bereits höchstrichterlich entschieden.
Nach §25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974 wird der Erwerb von Vermögen, dessen Nutzungen -- wie im Streitfall -- dem Schenker zustehen, ohne Berücksichtigung dieser Belastungen besteuert. "Die Steuer, die auf den Kapitalwert dieser Belastungen entfällt, ist jedoch bis zu deren Erlöschen zinslos zu stunden" (§25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974). Das bedeutet nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift, daß nach dem Erlöschen der Belastung ein Anspruch auf zinslose Stundung entfällt. Daraus folgt weiter, daß insoweit eine Stundung im Rahmen der Besteuerung nach §25 ErbStG 1974 von vornherein ausscheidet, wenn im Zeitpunkt der Steuerfestsetzung die Belastung -- z.B. durch den Tod des Nutzungsberechtigten -- nicht mehr besteht. Hiervon ist der Senat bereits in seinem Urteil vom 6. März 1990 II R 165/87 (BFH/NV 1990, 809) ausgegangen. Diese Auffassung wird auch im Schrifttum vertreten (vgl. Moench, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, §25 ErbStG Rz. 21a, 29; Kapp/Ebeling, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., §25 Rz. 42, 44), ohne daß sie von irgendeiner Seite in Frage gestellt würde. Entgegen der Auffassung des Klägers vermag auch der Umstand, daß das Senatsurteil in BFH/NV 1990, 809 zu §25 ErbStG 1974 a.F. ergangen ist, die grundsätzliche Bedeutung der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfrage nicht zu begründen. Denn sowohl nach §25 Abs. 1b ErbStG 1974 a.F., als auch nach §25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974 in der ab 1. Januar 1980 geltenden Fassung des Steuervereinfachungsgesetzes vom 18. August 1980 (BGBl I 1980, 1537) ist die auf den Kapitalwert der Belastungen entfallende Steuer "bis zum Erlöschen der Belastungen" bzw. "bis zu deren Erlöschen" zu stunden, so daß sich diesbezüglich an dem Regelungsgehalt der Vorschrift durch das Steuervereinfachungsgesetz 1980 nichts geändert hat. Das Senatsurteil in BFH/NV 1990, 809 kann daher insoweit zur Auslegung des §25 ErbStG 1974 weiterhin herangezogen werden.
b) Soweit der Kläger mit der Beschwerde die Frage aufwirft:
"Ist bei bestandskräftiger Stundung gemäß §25 Abs. 1 Satz 2 ErbStG und Sofortablösung der Steuer bei dem späteren Wegfall der Belastung -- entgegen den Anweisungen in Abschnitt 8.7 letzter Satz des Einführungserlasses zum ErbStG -- §14 Abs. 2 BewG mit der Maßgabe anzuwenden, daß die ursprüngliche Stundung aufzuheben ist?",
entspricht die Begründung bereits nicht den gesetzlichen Anforderungen des §115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Denn zur Darlegung der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung gemäß §115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hätte der Kläger schlüssig ausführen müssen, daß die Entscheidung im Streitfall von der Beantwortung der aufgeworfenen Frage abhängt und daß zu erwarten ist, daß diese Frage im vorliegenden Rechtsstreit voraussichtlich geklärt werden kann (vgl. Senatsbeschluß vom 27. Januar 1982 II B 38/81, BFHE 135, 156, BStBl II 1982, 326). Daran fehlt es im Streitfall, in dem die vom Kläger seiner Frage zugrunde gelegte "bestandskräftige Stundung" und infolgedessen eine Sofortablösung der Steuer unterblieben ist und damit eine Berichtigung nach §14 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) entfällt.
c) Auch soweit der Kläger die Frage stellt:
"Widerspricht es dem Grundsatz von Treu und Glauben, wenn durch die vom zuständigen Finanzamt zu vertretende Fehlleitung der -- unmittelbar nach der Verwirklichung des Steuertatbestandes abgegebenen -- Anzeige einer Schenkung es dem Steuerpflichtigen unmöglich gemacht wird, die erst nach mehr als 2 Jahren angeforderte Schenkungsteuererklärung gleichzeitig mit dem gemäß Abschnitt 8.7 a) Satz 1 Einführungserlaß zum ErbStG möglichen Sofortablösungsantrag vor Wegfall der Belastung einzureichen?",
fehlt es an einer schlüssigen Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung (§115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Die Beschwerdebegründung läßt insbesondere nicht erkennen, warum die vom Kläger aufgeworfene Frage aus Gründen der Rechtssicherheit und der Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse einer Klärung durch den Bundesfinanzhof bedarf.
d) Ebensowenig wird mit der Frage
"Ist die Übersendung einer im Ausland in deutscher Sprache gefertigten notariellen Urkunde eine ordnungsgemäße Anzeige gemäß §30 Abs. 1 ErbStG i.V.m. Abs. 3 Satz 2 ErbStG, in deren Adressatsvermerk am Urkundenende u.a. das zuständige Finanzamt -- Schenkungsteuerstelle -- je eine beglaubigte Abschrift erhalten sollte und im übrigen weder einen Hinweis auf einen Verkauf (sondern Schenkung) bzw. auf eine Kapitalverkehrsteuerstelle enthält?"
eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung in schlüssiger Form aufgeworfen. Da die Vorinstanz der Frage einer ordnungsgemäßen Anzeige des Erwerbs i.S. des §30 ErbStG 1974 keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen hat, hätte der Kläger im einzelnen die Entscheidungserheblichkeit der Frage sowie die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage darlegen müssen.
2. Verfahrensmangel
Soweit der Kläger als Verfahrensmangel rügt, das FG habe nicht darüber Beweis erhoben, daß das Schreiben vom 1. Juli 1991 bzw. die notarielle Urkunde vom 28. Juni 1991 an die Kapitalverkehrsteuerstelle und nicht -- auch nicht danach -- an die Schenkungsteuerstelle des Finanzamts weitergeleitet worden sei, fehlt es an einer §115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Darlegung eines Verfahrensfehlers.
Da der Kläger ausweislich der Akten des FG weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, rügt der Kläger sinngemäß mangelnde Sachaufklärung infolge einer Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes (§76 FGO).
Dazu hätte der Kläger darlegen müssen, warum sich die von ihm vermißte Beweiserhebung dem FG auch ohne besonderen Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen und inwieweit die unterlassene Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können. Daran fehlt es im Streitfall.
Fundstellen
Haufe-Index 67518 |
BFH/NV 1998, 1224 |