Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens wegen unterlassener Beiladung im Verfahren betr. Wirksamkeit und Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung; schlüssige Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; verzichtbarer Verfahrensmangel; zur Divergenz betr. Wirksamkeit der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung an Bevollmächtigten
Normenkette
FGO §§ 155, 53 Abs. 1; ZPO § 295; AO 1977 § 122 Abs. 1 S. 3, § 183 Abs. 1 S. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, Abs. 3 S. 3, § 60 Abs. 3, § 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben Verfahrensfehler i.S. des 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise bezeichnet.
a) Aus den von den Klägern vorgetragenen Tatsachen --ihre Richtigkeit unterstellt-- ergibt sich nicht, daß das Finanzgericht (FG) dadurch gegen die Grundordnung des Verfahrens verstoßen hat, daß es die KG nicht gemäß § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren beigeladen hat. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO sind Dritte beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (notwendige Beiladung).
Das ist der Fall, wenn die Entscheidung nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des Beizuladenden beeinflußt. Bei einer Prüfungsanordnung ist nach ihrem Regelungsgehalt eine einheitliche Entscheidung nicht sicherzustellen (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 19. Februar 1996 VIII B 5/95, BFH/NV 1996, 686, 687).
b) Die Kläger haben auch eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, §§ 96 Abs. 2, 119 Nr. 3 FGO) nicht schlüssig gerügt. Ist --wie im Streitfall-- die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten zwischen den Beteiligten umstritten, dann ist das FG nicht verpflichtet, vorher die Beteiligten darüber zu unterrichten, wie es aus welchen Gründen über die zwischen den Beteiligten umstrittenen Fragen zu entscheiden gedenkt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll die Beteiligten zwar nicht nur in tatsächlicher, sondern auch in rechtlicher Hinsicht vor Überraschungen schützen. Eine umfassende Erörterung ist jedoch nicht erforderlich und das Gericht ist nicht verpflichtet, den Beteiligten die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte zuvor anzudeuten (vgl. Urteil des BFH vom 28. Februar 1989 VIII R 303/84, BFHE 157, 51, BStBl II 1989, 711, 713; BFH-Beschluß vom 12. März 1998 IX B 112/97, BFH/NV 1998, 941).
Soweit die Kläger eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör mit der Begründung rügen, daß in der mündlichen Verhandlung der Beschluß über die Verbindung der verschiedenen Verfahren nur vom Vorsitzenden und nicht vom Gericht getroffen worden sei (vgl. § 73 Abs. 1 FGO), ist zu beachten, daß der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß § 155 i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung zu den verzichtbaren Rügen gehört (vgl. BFH-Urteil vom 26. Januar 1977 I R 163/74, BFHE 121, 286, BStBl II 1977, 348). Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs könnte deshalb insoweit nur dann schlüssig erhoben sein, wenn die Kläger vorgetragen hätten, daß sie die Rechtsverletzung bereits in der Vorinstanz gerügt haben. Dies ist nicht geschehen.
2. Die Revision ist auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Abweichung der Vorentscheidung von Entscheidungen des BFH zuzulassen. Dabei kann der Senat unerörtert lassen, ob das Vorbringen der Kläger die formalen Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllt. Denn die Vorentscheidung weicht jedenfalls nicht von den von den Klägern angeführten BFH-Urteilen ab.
a) Eine Divergenz setzt voraus, daß die einander widersprechenden abstrakten Rechtssätze in Anwendung derselben Rechtsvorschriften auf einen vergleichbaren Sachverhalt aufgestellt worden sind (vgl. BFH-Beschlüsse vom 1. Juli 1996 VIII B 113/95, BFH/NV 1997, 26; vom 5. Mai 1997 V B 57/96, BFH/NV 1997, 863, 864). Dieses Erfordernis ist im Streitfall nicht erfüllt. Denn hinsichtlich der Frage, ob die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung an den Bevollmächtigten (§ 122 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung --AO 1977--) wirksam war, befassen sich die von den Klägern zitierten BFH-Entscheidungen zwar mit der Wirksamkeit der Bekanntgabe an einen Bevollmächtigten, aber nicht mit der im Streitfall entscheidungserheblichen Frage der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung an einen Bevollmächtigten in dem Sonderfall, daß die Feststellungsbeteiligten in ihren Erklärungen für den Prüfungszeitraum einen der Feststellungsbeteiligten als Empfangsbevollmächtigten für alle Beteiligten benannt haben. Dementsprechend beziehen sich die von den Klägern wiedergegebenen Rechtssätze des BFH auch nur auf § 122 Abs. 1 AO 1977 und nicht auf die im Streitfall entscheidungserhebliche Rechtsfrage, wie sich bei der Bekanntgabe einer Prüfungsanordnung § 183 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 zu § 122 Abs. 1 Satz 3 AO 1977 verhält.
b) Wegen der Adressierung der Prüfungsanordnung mit dem Zusatz "zu Händen von" haben die Kläger einen abstrakten Rechtssatz wiedergegeben und als solchen des FG bezeichnet, den das FG tatsächlich so nicht aufgestellt hat. Aber selbst wenn aus den Ausführungen des FG der von den Klägern gebildete abstrakte Rechtssatz abgeleitet werden könnte, läge eine Divergenz nicht vor, weil dieser nicht --wie für die Annahme einer Divergenz erforderlich (vgl. BFH-Beschluß vom 2. August 1996 VIII B 74/95, BFH/NV 1997, 133)-- entscheidungserheblich für seine Entscheidung gewesen wäre. Denn bei seiner Entscheidung, wer als Inhaltsadressat der Prüfungsanordnung anzusehen war, hat das FG den Inhalt der Anlage zur Prüfungsanordnung für entscheidungserheblich gehalten.
c) Das FG ist auch nicht von der Rechtsprechung des BFH abgewichen, soweit es die Zuständigkeit des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt) für den Erlaß der Prüfungsanordnung nicht beanstandet hat. Denn das FG hat seine Entscheidung auf eine andere Vorschrift gestützt als diejenigen Rechtsvorschriften, die für das von den Klägern zitierte BFH-Urteil vom 6. Juli 1995 IV R 30/93 (BFHE 178, 176, BStBl II 1995, 831) entscheidungserheblich waren. Während sich der BFH mit der einkommensteuerrechtlichen Beurteilung des entgeltlichen Erwerbs eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft und mit den Bewertungsvorschriften des § 6 des Einkommensteuergesetzes befaßt, hat das FG seine Entscheidung auf § 2 Abs. 2 Nr. 9 der Verordnung zur Bestimmung der Bezirke und Sitze der Finanzämter in Bayern und zur Übertragung von Zuständigkeiten (Finanzamts-Zuständigkeitsverordnung) vom 7. Dezember 1992 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1992, 741, 742) gestützt. Die Vorschrift regelt die Zuständigkeit bei Beteiligungen an ausländischen Personengesellschaften oder Gemeinschaften, wenn die von unbeschränkt steuerpflichtigen Gesellschaftern oder Gemeinschaftern gehaltenen Gesellschafts- oder Gemeinschaftsanteile (Mitunternehmeranteile) "nicht insgesamt zum steuerlichen Betriebsvermögen einer inländischen Personengesellschaft zu rechnen sind" und befaßt sich nicht mit einkommensteuerrechtlichen Bilanzierungs- und Bewertungsfragen. Soweit nach Auffassung der Kläger der Verordnungsgeber damit ein "bilanzsteuerrechtliches Monster" beschreibt, machen sie selbst deutlich, daß diese Zuständigkeitsregelung nicht von einem bilanzsteuerrechtlichen Begriffsverständnis ausgeht.
3. Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen