Entscheidungsstichwort (Thema)
Secondhandladen; Abgrenzung: Eigenhandel - Vermittlung
Leitsatz (NV)
- Beim Verkauf gebrauchter Kleidung in einem Secondhandladen ist für die Annahme eines (bloßen) Vermittlungsgeschäftes des Ladeninhabers nicht erforderlich, dass die Käufer der gebrauchten Waren den Namen und die Anschrift des jeweiligen Einlieferers erfahren.
- Der Ladeninhaber muss aber im Außenverhältnis hinreichend deutlich machen, dass durch den Verkauf nicht er selbst, sondern der jeweilige Einlieferer des gebrauchten Kleidungsstückes verpflichtet werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 16. März 2000 V R 44/99, BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361).
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1, 9, § 13 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 164 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 Sätze 1, 3
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), betrieb in den Streitjahren (1989 bis 1992) einen sogenannten Secondhandladen für gebrauchte Kinderoberbekleidung, Baby- und Kinderausstattung sowie Damenoberbekleidung; ferner betrieb sie den Einzelhandel (Eigenhandel) mit Baby- und Kinderbekleidung.
In ihren Umsatzsteuererklärungen unterwarf die Klägerin bei An- und Verkauf der gebrauchten Waren lediglich die Differenz zwischen Erlös und Einkaufspreis der verkauften Waren (Provision) der Umsatzsteuer. Dagegen sah der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) die Klägerin ―auch insoweit― als Eigenhändlerin an und unterwarf jeweils den vollen Kaufpreis der gebrauchten Waren der Umsatzsteuer.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage der Klägerin als unbegründet ab.
Die Klägerin legte gegen die Nichtzulassung der Revision im FG-Urteil "Widerspruch" ein und beantragte, das Urteil dahin gehend abzuändern, dass eine Revision in diesem Fall möglich sei.
Entscheidungsgründe
II. Der Senat versteht den "Widerspruch" der Klägerin als Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision im Urteil des FG. Diese Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr. 1) oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr. 2) oder bei einem geltend gemachten Verfahrensmangel die angefochtene Entscheidung auf den Verfahrensmangel beruhen kann (Nr. 3). In der Beschwerdeschrift muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Im Streitfall hat die Klägerin keinen Revisionsgrund dargelegt.
a) Sie hat in der Beschwerdeschrift zur Begründung (lediglich) ausgeführt, im bisherigen Schriftwechsel sei eindeutig dargestellt worden, dass es sich bei den strittigen Punkten ―so man exakt den Buchstaben des Gesetzes ohne jedwede Auslegung folge― grundsätzlich zwar um eine gesetzeskonforme Entscheidung handle. Im Urteil sei aber Bezug auf ihren Sachvortrag genommen worden, der auf die besonderen Begebenheiten im vorliegenden Fall (Art und ―geringer― Preis der Waren, Lage des Geschäfts in einer Kleinstadt usw.) abstelle. Da diese Besonderheiten über den vorliegenden Fall hinaus allerdings von immenser Bedeutung seien, halte sie es für angebracht, in dieser Angelegenheit den BFH zur höchstrichterlichen Entscheidung anzurufen.
Dieses Vorbringen rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung des BFH). Hierzu hat die Klägerin keine Ausführungen gemacht.
b) Die Revision kann auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO wegen Divergenz zugelassen werden.
Die Klägerin hat insoweit ―erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO für die Begründung der Beschwerde― zwar auf das BFH-Urteil vom 16. März 2000 V R 44/99 (BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361) hingewiesen. Um eine Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO schlüssig darzulegen, muss die Beschwerdebegründung aber einen abstrakten Rechtssatz wiedergeben, der in einer zu zitierenden Entscheidung des BFH enthalten ist; ihr muss ein anderer Rechtssatz gegenübergestellt werden, der sich aus der Vorentscheidung ergibt und der von dem erstgenannten abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. März 2000 V B 175/99, BFH/NV 2000, 1112, m.w.N.). Hierzu hat die Klägerin nichts vorgetragen.
Eine ―entscheidungserhebliche― Divergenz ist auch nicht offenkundig. Das Urteil des FG weicht zwar im Hinblick auf die Anforderungen, die an das Vorliegen eines Handelns im Namen des Vertretenden gestellt werden, von dem ―bei der Entscheidung noch nicht bekannten― BFH-Urteil in BFHE 191, 97, BStBl II, 2000, 361 ab. Denn nach der genannten BFH-Entscheidung ist für die Annahme eines (bloßen) Vermittlungsgeschäfts ―im Gegensatz zur Auffassung des FG― nicht erforderlich, dass die Käufer der gebrauchten Waren den Namen und die Anschrift des jeweiligen Einlieferers erfahren. In einem Revisionsverfahren nicht zu beanstanden wäre aber die auf tatsächlichem Gebiet liegende Feststellung des FG, die Klägerin habe im Außenverhältnis nicht hinreichend deutlich gemacht, dass durch den Verkauf nicht sie selbst, sondern der jeweilige Einlieferer des gebrauchten Kleidungsstückes habe verpflichtet werden sollen (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 191, 97, BStBl II 2000, 361, unter II. 2. a).
Fundstellen