Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensmangel: Rüge unterlassener Aktenbeiziehung
Leitsatz (NV)
Rügt der Kläger, bestimmte Akten hätten beigezogen werden müssen, bedarf es unter anderem der Darlegung, welche Tatsachen sich voraussichtlich aus den Akten ergeben hätten und welchen Einfluss diese Tatsachen auf das Entscheidungsergebnis hätten haben können. Das nicht weiter begründete Vorbringen des Klägers, aus den Handakten des Betriebsprüfers ergebe sich die Nichtigkeit der angefochtenen Bescheide, entspricht diesen Anforderungen nicht.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3; GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) das Fehlen von Entscheidungsgründen i.S. der §§ 116 Abs. 1 Nr. 5, 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) geltend macht, ist die Beschwerde nicht statthaft. Die Verfahrensverstöße des § 116 Abs. 1 FGO können nur mit der zulassungsfreien Revision und nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemacht werden (Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 9. Juni 1986 IX B 90/85, BFHE 146, 395, BStBl II 1986, 679). Für eine Nichtzulassungsbeschwerde fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Eine Umdeutung in eine zulassungsfreie Verfahrensrevision kommt nicht in Betracht (BFH-Beschluss vom 27. Oktober 1997 X B 203/95, BFH/NV 1998, 707, m.w.N.).
2. Soweit der Kläger mangelnde Sachaufklärung wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes durch das Finanzgericht ―FG― (§ 76 FGO) und die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, ist die Beschwerde unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht.
Bei der Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO durch das FG muss dargelegt werden, welche Tatsachen unaufgeklärt geblieben sind, obwohl sie aufklärungsbedürftig waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG nicht erhoben hat, warum der Kläger ―sofern er durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten war― nicht von sich aus einen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, warum sich eine weitere Aufklärung bzw. Beweiserhebung dem FG nach dessen insoweit maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunkt auch ohne Antrag als erforderlich hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer weiteren Sachaufklärung oder Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und schließlich inwieweit die als unterlassen gerügte Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung durch das FG hätte führen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 10. Dezember 1998 VIII B 56/98, BFH/NV 1999, 804, und vom 5. Mai 2000 III B 14/00, BFH/NV 2000, 1349, m.w.N.). Wird gerügt, bestimmte Akten hätten beigezogen werden müssen, bedarf es u.a. der Darlegung, welche Tatsachen sich aus den vom FG nicht beigezogenen Akten ergeben hätten und welchen Einfluss diese Tatsachen auf das Entscheidungsergebnis hätten haben können (BFH-Beschluss vom 6. Mai 1998 II B 109/97, BFH/NV 1998, 1498).
Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, welche Tatsachen sich aus den nicht angeforderten Handakten hätten ergeben sollen. Unabhängig davon fehlt es an einem Tatsachenvortrag, der eine Nichtigkeit der Bescheide als möglich und eine weitere Sachaufklärung als notwendig oder wenigstens naheliegend erscheinen lässt.
Dem Vortrag des Klägers zufolge waren die im Anschluss an die Prüfung ergangenen Einkommensteuerbescheide das Ergebnis eines "Deals" zwischen ihm und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―). Welchen Inhalt diese Vereinbarung hatte, die Grundlage der Steuerfestsetzungen für die Jahre 1982 bis 1985 gewesen sein soll, wer die hieran beteiligten Personen waren, weswegen er sich hierauf eingelassen haben will und warum dies zur Nichtigkeit der Bescheide führen soll, teilt der Kläger nicht mit. Seinem Vorbringen lässt sich nur entnehmen, dass ihm Einnahmen der X-AG zugerechnet worden sein sollen. Damit habe er sich einverstanden erklärt, weil er geglaubt hätte, die Einkommensteuer durch Umsatzsteuerrückerstattungen begleichen zu können. Hieraus folgt weder eine Vereinbarung mit dem FA noch ist erkennbar, weswegen diese Motive des Klägers, die ihn zu einem einvernehmlichen Abschluss der Betriebsprüfung veranlasst haben mögen, zur Nichtigkeit der Bescheide hätten führen können.
Soweit der Kläger andeutet, er sei illegal in der Schweiz überwacht worden, was sich aus der Handakte des Prüfers ergebe, fehlt jeder substantiierte Vortrag, durch wen und in welcher Weise diese Überwachung erfolgt sein soll, welche Erkenntnisse oder Folgerungen sich hieraus ergeben haben, inwieweit diese Einfluss auf die Einkommensteuerfestsetzungen im Anschluss an die Außenprüfung gehabt haben sollen und weswegen er nicht in der Lage war, sich gegen diese Bescheide ―notfalls mit Hilfe des FG― zu wehren.
Davon abgesehen hat der Kläger nicht dargetan, inwieweit die unterlassene Beiziehung der Akten zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können. Das Gericht hielt eine Anhörung des vom Kläger als Zeugen benannten Betriebsprüfers, wie es zu dem im Prüfungsbericht "im Einvernehmen mit dem Steuerpflichtigen" ermittelten Gewinn bzw. dem vom Kläger geltend gemachten "Deal" gekommen sei, für nicht erforderlich, da es zur Beantwortung der Rechtsfrage, ob Festsetzungsverjährung eingetreten sei oder nicht, hierauf nicht ankomme. Daraus folgt, dass die Frage, ob den Steuerfestsetzungen im Anschluss an die Außenprüfung ein "Deal" des Klägers mit dem FA zugrunde lag oder nicht, für das Gericht nicht entscheidungserheblich war, da dies nach dessen Rechtsauffassung zu keiner Nichtigkeit der Bescheide geführt hätte.
Unschlüssig ist auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der Kläger hat nicht dargelegt, zu welchen Sach- und Rechtsfragen er sich vor dem FG nicht äußern konnte oder welches Vorbringen vom FG nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung in Erwägung gezogen worden sein soll.
3. Im Übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs i.d.F. des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom 17. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2447) ohne Angabe weiterer Gründe.
Fundstellen