Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufforderungen an die Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
Leitsatz (NV)
- Die Darlegung unterschiedlicher Auffassungen bei den Gerichten setzt auch nach dem ab dem 1.1.2001 geltenden Zulassungsrecht die Bezeichnung abstrakter Rechtssätze sowohl im angefochtenen Urteil als auch in der Divergenzentscheidung voraus.
- Will der Beschwerdeführer vortragen, eine Entscheidung des BFH sei zur vorbeugenden Sicherstellung der Einheit der Rechtsprechung notwendig, muss er eine bestimmte abstrakte, in der angefochtenen Entscheidung beantwortete tragende Rechtsfrage herausstellen und deren höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit darlegen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, § 116 Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat den geltend gemachten Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ―im Folgenden FGO n.F.― nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO n.F.) entsprechenden Weise dargelegt.
Macht die Beschwerdeführerin geltend, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), muss sie in der Beschwerdebegründung substantiiert darlegen, inwiefern über eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen bei den Gerichten bestehen (dazu unten 1.) oder welche sonstigen Gründe eine höchstrichterliche Entscheidung gebieten (dazu unten 2.; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl. 2002, § 116 Rz. 40). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.
1. Die Darlegung unterschiedlicher Auffassungen bei den Gerichten setzt neben der Bezeichnung der Divergenzentscheidung auch die Bezeichnung abstrakter Rechtssätze sowohl im angefochtenen Urteil des Finanzgerichts (FG) als auch in der Divergenzentscheidung voraus (ständige Rechtsprechung zum bis 2000 geltenden Zulassungsrecht, vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 4. Dezember 2000 V B 15/00, BFH/NV 2001, 819). Diese Erfordernisse gelten auch für Beschwerden, die auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 2 FGO n.F. gestützt sind (BFH-Beschluss vom 7. August 2002 VII B 214/01, BFH/NV 2002, 1606).
Die Klägerin hat in ihrer Beschwerdebegründung zwar mehrere BFH-Entscheidungen bezeichnet und diesen Entscheidungen abstrakte Rechtssätze entnommen. Es fehlt jedoch an der Bezeichnung eines abstrakten Rechtssatzes im FG-Urteil: Bezogen auf das angefochtene Urteil ist in der Beschwerdebegründung lediglich ausgeführt, das FG stütze "seine Entscheidung, die Bürgschaftszahlung nicht zum Abzug von den Einkünften im Jahr 1991 zuzulassen, darauf, dass die Klägerin zu keinem Zeitpunkt Unternehmerin der betroffenen Kommanditgesellschaft geworden" sei. Diese Passage gibt jedoch keinen abstrakten Rechtssatz wieder, sondern eine einzelfallbezogene Würdigung des FG.
Selbst wenn man der zitierten Passage den Rechtssatz entnehmen wollte, wonach Zahlungen auf eine durch Erbanfall übergegangene Bürgschaft für Verbindlichkeiten einer Personengesellschaft keine Betriebsausgaben darstellen, wenn der Zahlende zu keinem Zeitpunkt Mitunternehmer dieser Personengesellschaft gewesen sei, hätte die Beschwerde keinen Erfolg. Denn dieser Rechtssatz würde nicht von Aussagen in den von der Klägerin angeführten BFH-Entscheidungen abweichen, weil diese sich mit dem ―dem FG hier unterstellten― Rechtssatz gar nicht befassen: In den BFH-Urteilen vom 29. April 1993 IV R 16/92 (BFHE 171, 385, BStBl II 1993, 716) und vom 24. Januar 1996 X R 14/94 (BFHE 179, 406, BStBl II 1996, 287) geht es um die Bestimmung der zutreffenden Einkunftsart bei nachträglichen Einnahmen. Das BFH-Urteil vom 16. Mai 2001 I R 76/99 (BFHE 195, 328, BStBl II 2002, 487) befasst sich mit dem Abzug von bereits beim Erblasser eingetretenen Verlusten beim Erben. Auch die Klägerin selbst führt in ihrer Beschwerdebegründung aus, auf die angeführte Passage aus dem FG-Urteil komme es im vorliegenden Fall nicht an.
Die Beschwerdebegründung erschöpft sich vielmehr ―nach Art einer Revisionsbegründung― in Angriffen gegen die materiell-rechtliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Darauf kann eine mit der Notwendigkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung begründete Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht erfolgreich gestützt werden (Senatsbeschluss vom 22. Juni 1999 X B 25/99, BFH/NV 1999, 1612).
2. Sollte die Klägerin hingegen vortragen wollen, eine Entscheidung des BFH sei notwendig, um die Einheit der Rechtsprechung vorbeugend sicherzustellen, hätte sie eine bestimmte abstrakte, in der angefochtenen Vorentscheidung beantwortete tragende Rechtsfrage herausstellen und deren höchstrichterliche Klärungsbedürftigkeit darlegen müssen (Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz. 40). Insoweit fehlt es der Beschwerdebegründung zumindest an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit.
3. Von einer Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. ab.
Fundstellen