Entscheidungsstichwort (Thema)
Arztpraxen als notwendiges Betriebsvermögen einer Apotheke; grundsätzliche Bedeutung; Divergenz; Ausschluss eines Richters
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, wann ein Wirtschaftsgut dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen ist, ist im Grundsätzlichen geklärt; es besteht keine Veranlassung, für einzelne Geschäftszweige und besondere Formen der Ausübung ihrer Tätigkeit allgemeine Maßstäbe der Zuordnung herauszuarbeiten.
2. Aus der vom Finanzgericht angestellten Würdigung bestimmter Tatumstände kann nicht gefolgert werden, das Finanzgericht habe daraus jeweils einen abstrakten Rechtssatz abgeleitet und das angefochtene Urteil darauf gestützt.
3. Hat ein Richter in seiner früheren Tätigkeit in der Finanzverwaltung eine von einem anderen angeordnete Betriebsprüfung auf Jahre erweitert, die im konkreten finanzgerichtlichen Verfahren nicht im Streit sind, so ist er von der Ausübung seines Richteramtes in diesem Verfahren nicht ausgeschlossen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1; FGO § 51 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 119 Nr. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind teils nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebotenen Weise dargelegt, teils liegen sie nicht vor.
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hält die Frage, "ob Arztpraxen in einem Apothekengebäude zum notwendigen Betriebsvermögen gehören", für grundsätzlich bedeutsam i.S. des § 115 Abs. 2 FGO, weil sie bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden und aus der bisherigen von ihm angeführten Rechtsprechung heraus nicht beantwortet werden könne.
Damit ist die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage nicht dargetan. Der Kläger lässt außer Acht, dass sich der Bundesfinanzhof (BFH) und das Schrifttum bereits umfangreich zur Frage, wann ein Wirtschaftsgut dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen ist, geäußert und dazu Maßstäbe entwickelt haben, die eine Beurteilung dieser Rechtsfrage im Grundsätzlichen ermöglichen. Danach verlangt die Zuordnung zum notwendigen Betriebsvermögen objektiv die Eignung, den Betrieb zu fördern, und subjektiv eine eindeutig erkennbare Widmungsentscheidung (s. z.B. BFH-Entscheidungen vom 18. Dezember 1996 XI R 52/95, BFHE 182, 204, BStBl II 1997, 351, unter II. 2.; vom 20. April 1999 VIII R 63/96, BFHE 188, 358, BStBl II 1999, 466, unter II. 1., und vom 5. Juli 2000 XI B 152/99, BFH/NV 2000, 1492, 1493; Schmidt/Heinicke, EStG, 27. Aufl., § 4 Rz 104 ff. und 143, jew. m.w.N.). Keine Voraussetzung ist, dass das Wirtschaftsgut für den Betrieb notwendig im Sinne von "erforderlich" ist (vgl. auch BFH-Urteile vom 1. Oktober 1981 IV R 147/79, BFHE 134, 552, BStBl II 1982, 250; vom 3. Oktober 1989 VIII R 328/84, BFH/NV 1990, 361). Vor diesem Hintergrund besteht keine Veranlassung, für einzelne Geschäftszweige und besondere Formen der Ausübung ihrer Tätigkeit allgemeine Maßstäbe der Zuordnung herauszuarbeiten. Gerichtliche Entscheidungen zu diesem Problem betreffen daher im Wesentlichen Tatfragen (Senatsbeschluss vom 23. Juni 1999 X B 103/98, BFH/NV 2000, 30, 33). Insoweit hat der Kläger keine neuen Gesichtspunkte vorbringen können, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage im Grundsätzlichen durch den BFH erforderlich machen und die Zulassung der Revision rechtfertigen würden.
2. Der Kläger ist der Ansicht, die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordere eine Entscheidung des BFH gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO. Er ist der Auffassung, das Urteil des Finanzgerichts (FG) weiche von dem Urteil des FG Düsseldorf vom 3. April 2001 3 K 6400/94 G (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2001, 1055) und von mehreren von ihm genau bezeichneten Urteilen des BFH ab, insbesondere auch insoweit als sich das FG u.a. darauf stütze, wie der Kläger in Vorjahren Ausgaben in Zusammenhang mit den Arztpraxen steuerlich behandelt habe.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde insoweit den Anforderungen genügt, die an die Darlegungen des Zulassungsgrundes der Divergenz gestellt werden, insbesondere ob der Kläger aus dem angefochtenen Urteil und den behaupteten Divergenzentscheidungen einander entgegenstehende tragende Rechtssätze herausgearbeitet hat.
Der tragende Rechtssatz in dem angefochtenen Urteil besteht in der allgemein anerkannten Aussage, dass zum notwendigen Betriebsvermögen alle Wirtschaftsgüter gehören, die dem Betrieb dienen oder zu dienen bestimmt sind. Dagegen geht der Kläger fehl, wenn er aus der vom FG angestellten Würdigung bestimmter Tatumstände folgert, das FG habe daraus jeweils einen abstrakten Rechtssatz abgeleitet und das angefochtene Urteil darauf gestützt. Es handelt sich im FG-Urteil vielmehr um die Bewertung von Indizien im Rahmen der Gesamtwürdigung der Betriebsbezogenheit. Solche Indizien für die der Gewinnerzielung mittels der Arztpraxis dienende Funktion der Arztpraxen hat das FG in dem Durchgang vom Hausflur in die Apothekenräume, im Einbau eines Aufzugs zu den Arztpraxen, in den vom Kläger noch als Mieter der Apotheke vorgenommenen Investitionen in den ihm nicht gehörenden Arztpraxen und in deren steuerlichen Behandlung als Ausgaben des Apothekenbetriebs gesehen. Dass es entgegen der Auffassung des FG Düsseldorf der Höhe des Mietzinses keine ausschlaggebende Bedeutung für seine Würdigung beigemessen hat, stellt keine Abweichung in einem abstrakten Rechtssatz dar. Gleiches gilt für die Würdigung der Behandlung der Investitionen als Betriebsausgaben. Darin hat das FG lediglich ein Indiz für das subjektive Merkmal einer eindeutig erkennbaren Widmungsentscheidung gesehen, ohne den abstrakten Rechtssatz aufzustellen, allein deshalb sei ein Wirtschaftsgut dem notwendigen Betriebsvermögen zuzuordnen.
3. Der Kläger rügt, an dem angefochtenen Urteil habe ein Richter mitgewirkt, der gemäß § 51 Abs. 2 FGO von der Ausübung des Amtes als Richter ausgeschlossen gewesen sei. Es leide deshalb nach § 119 Nr. 2 FGO an einem Verfahrensmangel, der die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO rechtfertige. Dieses Vorbringen greift nicht durch.
Zwar ist das Tatbestandsmerkmal der "Mitwirkung im vorausgegangenen Verfahren" in § 51 Abs. 2 FGO weit auszulegen, so dass die Anordnung einer Außenprüfung, die einer angefochtenen Steuerfestsetzung vorausgeht, darunter fällt. Aber zum einen ist vorausgesetzt, dass das Gerichtsverfahren durch die Ergebnisse der Außenprüfung ausgelöst worden sein muss (Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 51 FGO Rz 12). Daran fehlt es im Streitfall, weil das FA die vermieteten Arztpraxen nicht erst nach der Betriebsprüfung, sondern bereits während der Veranlagung abweichend von der Steuererklärung des Klägers als notwendiges Betriebsvermögen der Apotheke des Klägers behandelt hat. Zum anderen hat der betreffende Richter nicht die Prüfung für das Streitjahr angeordnet, sondern diese von einem anderen Beamten angeordnete Prüfung lediglich auf die Jahre 1995 und 1996 erweitert und somit auf Jahre, die im konkreten finanzgerichtlichen Verfahren nicht im Streit sind. Da die Erweiterung einer Prüfungsanordnung nach allgemeiner Auffassung ein selbständiger Verwaltungsakt ist (z.B. Eckhoff in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 196 AO Rz 229) und nicht auf den Erlass der ursprünglichen Anordnung zurückwirkt (Klein/Rüsken, AO, 9. Aufl., § 196 Rz 30), erstreckt sich ihre Wirkung nicht auf die für das Streitjahr 1998 maßgebliche Prüfungsanordnung. Der betreffende Richter hat somit nicht an dem Verwaltungsverfahren mitgewirkt, das dem finanzgerichtlichen Rechtsstreit über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags für den Erhebungszeitraum 1998 vorausgegangen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 2142144 |
BFH/NV 2009, 771 |