Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB durch mittellose, nicht postulationsfähige Person

 

Leitsatz (NV)

Beantragt ein mittelloser Antragsteller innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist PKH und wird diesem Antrag stattgegeben, so kann ihm anschließend Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist gewährt werden. Der Antrag auf PKH für das Rechtsmittelverfahren ist beim BFH zu stellen.

 

Normenkette

ZPO § 114; FGO § 142

 

Tatbestand

Der Antragsteller hatte im finanzgerichtlichen Verfahren, in dem es um die Wirksamkeit eines -- bestandskräftig gewordenen -- Haftungsbescheids ging, Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beifügung eines Sozialhilfebescheids und einer Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gestellt. Ohne über diesen Antrag zu entscheiden, wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit Urteil vom 8. Oktober 1996 ab. Die Revision ließ es nicht zu. Die Rechtsmittelbelehrung im Urteil enthält den Hinweis auf den beim Bundesfinanzhof (BFH) bestehenden Vertretungszwang.

Der Antragsteller legte gegen das Urteil persönlich Nichtzulassungsbeschwerde ein. Nachdem er von der Geschäftsstelle des Senats mit Schreiben vom 23. Dezember 1996 auf den Vertretungszwang hingewiesen worden war, stellte er Antrag auf Gewährung von PKH für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren. Dem Antrag waren wiederum eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und ein Sozialhilfebescheid vom 25. November 1996 beigefügt.

Der Antragsgegner (das Finanzamt -- FA --) beantragt, den Antrag mangels ausreichender Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

Dem Antrag kann nicht stattgegeben werden. Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren kann im Streitfall jedoch keinen Erfolg haben, weil die Beschwerde entgegen Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs vom Antragsteller persönlich, d. h. von einer nicht postulationsfähigen Person, eingelegt wurde und daher unzulässig ist. Auch ist die Frist für eine durch eine postulationsfähige Person einzulegende Beschwerde mittlerweile abgelaufen. Allerdings ist es nach ständiger Rechtsprechung des BFH nicht ausgeschlossen, einer mittellosen Person im Anschluß an die PKH- Gewährung Wiedereinsetzung in die Rechtsmittelfrist zu gewähren. Dies setzt allerdings voraus, daß der Antragsteller beim Rechtsmittelgericht innerhalb der maßgeblichen Rechtsmittelfrist den Antrag auf Bewilligung der PKH gestellt und die erforderliche Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gemäß § 117 Abs. 2 und 3 ZPO unter Beifügung entsprechender Belege vorgelegt hat (vgl. z. B. BFH-Beschlüsse vom 18. Januar 1996 V S 11/95, V B 122/95, BFH/NV 1996, 633, m. w. N.; vom 6. September 1995 XI S 26/95, BFH/NV 1996, 252, und vom 24. Mai 1995 I S 1/95, BFH/NV 1996, 167). Der Antragsteller hat den PKH-Antrag für das Rechtsmittelverfahren erst am 30. Dezember 1996 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Beschwerdefrist gemäß § 115 Abs. 3 FGO für das dem Antragsteller am 16. November 1996 zugestellte Urteil bereits abgelaufen. Der Antragsteller kann sich insoweit auch nicht auf seinen bereits beim FG am 30. Mai 1996 gestellten PKH-Antrag berufen. Nach § 119 ZPO erfolgt die Bewilligung der PKH für jeden Rechtszug besonders, d. h., sie ist für jede Instanz auch besonders zu beantragen (vgl. Zöller, Zivilprozeßordnung, 18. Aufl., § 119 Rdnr. 1).

Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423824

BFH/NV 1997, 895

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