Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertungsverbot
Leitsatz (NV)
1. Die Frage, "ob die von einer örtlich unzuständigen Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung getroffenen Feststellungen zu einem in dem Verfahren gegen den aufgrund dieser Prüfungsfeststellungen erlassenen Bescheid zu beachtenden Verwertungsverbot führen können", hat keine grundsätzliche Bedeutung.
2. Im Besteuerungsverfahren besteht kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden.
3. Im Steuerrecht besteht vielmehr nur ein verfahrensrechtliches Verwertungsverbot, auf das sich nur derjenige berufen kann, der die Prüfungsanordnung - oder einzelne Prüfungsmaßnahmen mit Verwaltungscharakter - erfolgreich angefochten hat bzw. der nach Abschluss der Prüfung oder Erledigung des betreffenden Prüfungs-Verwaltungsakts dessen Rechtswidrigkeit nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO hat feststellen lassen.
4. Bei einer Prüfungsanordnung führt die örtliche Unzuständigkeit nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2; AO § 195 S. 2, § 125 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Der Senat kann offenlassen, ob die Beschwerdebegründung den Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen i.S. von § 115 Abs. 2 i.V.m. § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht, denn jedenfalls ist die Beschwerde unbegründet. Die Rechtssache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
a) Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Entwicklung und Handhabung des Rechts betrifft (ständige Rechtsprechung zu § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 23 ff., m.w.N.; BFH-Beschluss vom 31. Mai 2000 IV B 55/99, juris). Es muss sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln.
aa) Nach diesen Maßstäben hat die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als grundsätzlich bedeutsam erachtete Rechtsfrage, "ob die von einer örtlich unzuständigen Finanzbehörde im Rahmen einer Außenprüfung getroffenen Feststellungen zu einem in dem Verfahren gegen den aufgrund dieser Prüfungsfeststellungen erlassenen Bescheid zu beachtenden Verwertungsverbot führen können", keine grundsätzliche Bedeutung. Denn es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass im Besteuerungsverfahren ein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden, nicht besteht. Im Steuerrecht besteht vielmehr nur ein verfahrensrechtliches Verwertungsverbot, auf das sich nur derjenige berufen kann, der die Prüfungsanordnung --oder einzelne Prüfungsmaßnahmen mit Verwaltungsaktcharakter-- erfolgreich angefochten hat bzw. der nach Abschluss der Prüfung oder Erledigung des betreffenden Prüfungs-Verwaltungsakts dessen Rechtswidrigkeit nach § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO hat feststellen lassen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 4. Oktober 2006 VIII R 53/04, BFHE 215, 12, BStBl II 2007, 227, m.w.N.; vom 19. Juni 2007 VIII R 99/04, BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7). Im Streitfall hat der Kläger selbst eingeräumt, dass die Anfechtung der gegen ihn ergangenen Prüfungsanordnung unterblieben ist.
bb) Keine grundsätzliche Bedeutung hat auch die Rechtsfrage, ob die in der Prüfungsanordnung angegebene Beauftragung einer an sich örtlich unzuständigen Behörde durch die zuständige Behörde einen schwerwiegenden, zur Nichtigkeit der Prüfungsanordnung führenden Mangel darstellt, wenn tatsächlich keine Beauftragung gemäß § 195 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) vorliegt. Zum einen führt bei einer Prüfungsanordnung die örtliche Unzuständigkeit nach der Rechtsprechung des BFH nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Rechtswidrigkeit (BFH-Urteil vom 25. Januar 1989 X R 158/87, BFHE 156, 18, BStBl II 1989, 483). Zum anderen folgt aus § 125 Abs. 1 AO, dass ein Verwaltungsakt nur dann nichtig ist, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Dass das bei Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit zu verneinen ist, ergibt sich aus dem klaren Wortlaut des § 125 Abs. 3 Nr. 1 AO.
b) Entgegen der Auffassung des Klägers ist auch zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des BFH geboten. Soweit er sich in diesem Zusammenhang auf die Entscheidung des BFH vom 21. April 1993 X R 112/91 (BFHE 171, 15, BStBl II 1993, 649) beruft, lässt der Kläger außer acht, dass nach jener Entscheidung die von der beauftragten Finanzbehörde durchgeführte Außenprüfung nur dann nicht den Ablauf der Verjährung hemmt, wenn die Rechtswidrigkeit der Beauftragung "auf Anfechtung hin" --also in einem gerade die Prüfungsanordnung als Streitgegenstand betreffenden Rechtsbehelfsverfahren oder anschließenden Klageverfahren-- aufgehoben oder festgestellt wurde. Im Streitfall indes ist die Rechtswidrigkeit der Beauftragung gerade nicht festgestellt worden, weil der Kläger die nach seiner Auffassung rechtswidrige Prüfungsanordnung gar nicht angefochten hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2184127 |
BFH/NV 2009, 1396 |