Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Eröffnung des Finanzrechtswegs gegen Ermittlungsmaßnahmen der Steuerfahndung
Leitsatz (NV)
1. Der Finanzrechtsweg ist nicht eröffnet zur Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes gegen solche Maßnahmen zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, die nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen den Steuerpflichtigen oder seine Vertreter von der Steuerfahndung oder auf deren Veranlassung von den Wohnsitzfinanzämtern durchgeführt werden.
2. Im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist nur antragsbefugt, wer geltend machen kann, daß eine ihm unmittelbar zukommende Rechtsstellung durch den Antragsgegner verletzt oder gefährdet ist.
Normenkette
AO 1977 § 208 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 33 Abs. 1-2, §§ 34, 40 Abs. 2, § 114
Tatbestand
Die Staatsanwaltschaft führt seit . . . auf Betreiben des Antragsgegners und Beschwerdegegners zu 2. (Finanzamt - FA -) ein Ermittlungsverfahren gegen die beiden Geschäftsführer der Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin). Nach einem Durchsuchungsbeschluß des Amtsgerichts stehen die Geschäftsführer in dem Verdacht, als Verantwortliche der Antragstellerin veranlaßt zu haben, daß Zahlungen an ausländische Unternehmen als Betriebsausgaben verbucht worden sind, obwohl es sich tatsächlich um Gewinnausschüttungen an die Gesellschafter gehandelt haben soll. Am . . . wurden bei der Antragstellerin etwa . . . Aktenordner beschlagnahmt. Die Beschlagnahme wurde vom Amtsgericht und Landgericht bestätigt.
Die Antragstellerin beantragte im . . . beim Verwaltungsgericht (VG) den Erlaß einer einstweiligen Anordnung des Inhalts, daß die Verwertung jeglicher Informationen aus den bei ihr beschlagnahmten Unterlagen unterlassen werde. Im . . . stellte sie einen entsprechenden Antrag beim Finanzgericht (FG). Auf die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des VG verwies das Oberverwaltungsgericht (OVG) die Sache mit Beschluß . . . an das FG. Dieses lehnte die inhaltsgleichen Anträge in gesonderten Beschlüssen als unzulässig ab. Es vertrat die Auffassung, daß der Finanzrechtsweg (§ 33 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) nicht eröffnet sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seien alle nach Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens getroffenen Maßnahmen einheitlich als solche im Rahmen eines Strafverfahrens anzusehen. Für die Überprüfung derartiger Maßnahmen seien die FG gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 FGO nicht zuständig. Die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung gemäß § 208 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gehöre in derartigen Fällen als nicht abtrennbarer Teil zur Erforschung der Steuerstraftat (vgl. BFH-Urteil vom 20. April 1983 VII R 2/82, BFHE 138, 164, BStBl II 1983, 482, 483). Im Streitfall sei nach dem Vorbringen der Antragstellerin von der Einleitung eines Strafverfahrens auszugehen, so daß das nach Auffassung der Antragstellerin für die Zukunft zu unterbindende Vorgehen des FA dem Strafverfahren zuzurechnen sei. Eine Verweisung an das zuständige Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit komme nicht in Betracht, da nach der Rechtsprechung des BFH eine Verweisung nach § 34 Abs. 3 FGO außerhalb des Urteilsverfahrens unzulässig sei (vgl. BFH-Beschluß vom 29. Mai 1969 VII B 199/67, BFHE 95, 526, BStBl II 1969, 491; offengelassen in BFH-Urteil vom 28. Januar 1986 VII R 37/85, BFHE 146, 7, BStBl II 1986, 410, und BFH-Beschluß vom 4. September 1989 IV B 54/89, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Abgabenordnung, § 208, Rechtsspruch 11).
Zur Begründung ihrer gegen beide Beschlüsse eingelegten Beschwerden trägt die Antragstellerin vor, sie habe sich nicht nur gegen Ermittlungen unter Hinweis auf das Strafverfahren, sondern auch gegen solche Maßnahmen gewendet, die nach dem eigenen Vorbringen des FA von den Wohnsitzfinanzämtern der Empfänger ohne Hinweis auf die Verfolgung einer Steuerstraftat durchgeführt worden seien. Wegen dieser Handlungen von Finanzbeamten im Rahmen der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen Dritter sei der Antrag auch gegen das Land . . . gerichtet worden. Die betreffenden Maßnahmen seien gerade nicht ausschließlich im Rahmen des eingeleiteten Strafverfahrens ergriffen worden. Insoweit unterscheide sich der Streitfall von der dem BFH-Beschluß in BFHE 138, 164, BStBl II 1983, 482, 483 zugrunde liegenden Fallgestaltung. Jedenfalls für solche Maßnahmen, die tatsächlich allein im Besteuerungsverfahren zum Zwecke der Besteuerung Dritter ergriffen würden, hätte der Finanzrechtsweg nicht verneint werden dürfen. Dies gelt auch, soweit Maßnahmen nach dem eigenen Vorbringen des FA nicht in allen Fällen unter Hinweis auf die Verfolgung einer Steuerstraftat durchgeführt worden seien.
Das vorliegende Verfahren sei vom OVG an das FG verwiesen worden, weil das OVG angenommen habe, daß für den vorliegenden Antrag nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Finanzrechtsweg eröffnet sei. Diese Verweisung sei für das Adressatgericht auch dann bindend, wenn die Verweisung sachlich nicht gerechtfertigt sei. Auch deshalb habe das FG den Antrag nicht als unzulässig ablehnen dürfen.
Die Maßnahmen, deren Unterlassung begehrt werde, seien ehrkränkend und rufschädigend, weil durch die versandten Kontrollmitteilungen an die Wohnsitzfinanzämter der Zahlungsempfänger die Geschäftspartner auf das gegen sie, die Antragstellerin, eingeleitete Strafverfahren aufmerksam gemacht würden, obgleich bis zur rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung gelte. Dieses Vorgehen sei auch deshalb unzulässig, weil bereits die geringe Höhe der in den Kontrollmitteilungen ausgewiesenen Beträge dafür spreche, daß eine Versteuerung überhaupt nicht zu erfolgen habe und daß die Mitteilungen nur zu dem Zweck versandt worden seien, ihr, der Antragstellerin, zu schaden. Durch den in den Kontrollmitteilungen enthaltenen Hinweis auf das Strafverfahren habe den Betroffenen die weitere Zusammenarbeit mit ihr verleidet werden sollen. Deshalb werde beantragt, das FA aufzufordern, die vollständigen Akten über die Kontrollmitteilungen vorzulegen. In der Versendung der Kontrollmitteilungen liege ein Verstoß gegen Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Insbesondere werde auch ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Die Information der Geschäftspartner darüber, daß gegen ihre, der Antragstellerin, Geschäftsführer ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Unverhältnismäßig sei es auch, wenn 5‹ Jahre nach der Beschlagnahme der Unterlagen noch Maßnahmen zur Auswertung dieser Unterlagen durchgeführt würden. Eine derartige Verzögerung bei der Strafverfolgung sei unangemessen und damit rechtswidrig. Im übrigen seien bereits beim Zustandekommen des Durchsuchungsbeschlusses richterliche Pflichten verletzt worden, weil der Beschluß selbst gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße. Die Anordnung der vorläufigen Beschlagnahme hätte deshalb aufgehoben werden müssen. Die Verwertung rechtswidrig erlangter Informationen und Beweismittel sei ihrerseits rechtswidrig. Fehlerhaft sei es auch, daß das FG ihrem hilfsweise gestellten Antrag auf Verweisung an das zuständige Gericht nicht entsprochen habe. Die Auffassung, eine Verweisung nach § 34 Abs. 3 FGO sei außerhalb des Urteilsverfahrens unzulässig, sei überholt (vgl. Gräber / Koch, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 34 Rz. 3, m. w. N.; von Wallis in Hübschmann / Hepp / Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 34 Anm. 8). Auch das Landgericht sei davon ausgegangen, daß für den vorliegenden Unterlassungsanspruch der Finanzrechtsweg eröffnet sei. Schließlich sei die Entscheidung des FG auch insoweit fehlerhaft, als dieses unter Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gegen seine Hinweis- und Erörterungspflicht (§§ 76 und 93 Abs. 1 FGO) und gegen den Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 103 Abs. 1 GG verstoßen habe. Das FG habe es unterlassen, von Amts wegen festzustellen, ob die Staatsanwaltschaft nunmehr auch wegen des Verdachts der Lohnsteuerhinterziehung wegen fingierter Honorarzahlungen ermittele oder nicht.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Vorinstanz hat zu Recht angenommen, daß der Finanzrechtsweg für das Begehren der Antragstellerin nicht eröffnet ist und die Anträge auf Erlaß einstweiliger Anordnungen (§ 114 FGO) schon aus diesem Grunde unzulässig sind.
Das FG hätte - wie sich aus § 114 Abs. 2 Satz 1 FGO ergibt - die beantragten einstweiligen Anordnungen nur erlassen dürfen, wenn es auch für die Hauptsachen zuständig wäre. Dies trifft aber nicht zu, weil im Streitfall für die Hauptsache der Finanzrechtsweg nicht eröffnet ist.
a) Nach § 33 Abs. 1 FGO sind die FG zuständig in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten. Diese Vorschrift findet auf Straf- und Bußgeldverfahren keine Anwendung (§ 33 Abs. 2 Satz 2 FGO). Nach der Rechtsprechung des Senats gehört die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen als nicht abtrennbarer Teil unmittelbar zur Erforschung der Steuerhinterziehung. Denn für den Fall, daß die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen nicht zu der Feststellung führt, daß eine Steuerverkürzung eingetreten ist, ist auch der objektive Strattatbestand des § 370 AO 1977 nicht verwirklicht. Die Maßnahmen zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen durch die Steuerfahndung (§ 208 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977) sind jedenfalls dann keine Abgabenangelegenheit, wenn sie nach Einleitung eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens vorgenommen werden. In diesem Stadium der Ermittlungen wird die Steuerfahndung unabhängig davon als Strafverfolgungsbehörde tätig, ob die durchgeführten Ermittlungen auch dem Besteuerungsverfahren dienlich sind (vgl. Urteil in BFHE 138, 164, BStBl II 1983, 482, 483). Eine andere Betrachtungsweise würde zu unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten führen.
Im vorliegenden Fall ist in tatsächlicher Hinsicht zwischen den Beteiligten auch im Beschwerdeverfahren weiterhin unstreitig, daß seit dem Jahre . . . gegen die Geschäftsführer der Antragstellerin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft geführt wird. Dementsprechend ist in Übereinstimmung mit der angeführten Rechtsprechung des Senats und der Vorinstanz hier davon auszugehen, daß die Maßnahmen des FA, die der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen der Antragstellerin dienen, dem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zuzurechnen sind. Für Rechtsbehelfe gegen diese Maßnahmen ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 33 Abs. 2 Satz 2 FGO der Finanzrechtsweg nicht gegeben.
b) Der Finanzrechtsweg ist auch nicht eröffnet, soweit sich die Antragstellerin gegen solche Ermittlungsmaßnahmen wendet, die auf Veranlassung des FA unter Hinweis auf das vorliegende Strafverfahren durch andere Behörden (Wohnsitzfinanzämter) durchgeführt werden. Denn auch diese Nachforschungen dienen der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen der Antragstellerin insofern, als durch sie aufgeklärt wird, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Zahlungen tatsächlich abgeflossen sind und ob es sich insoweit um Betriebsausgaben handelt. Soweit diese Ermittlungen gleichzeitig auch der Überprüfung dienen, ob die Zahlungen von den Empfängern versteuert worden sind, ändert dies nichts an ihrem Charakter als Ermittlungen im Rahmen eine strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Dabei ist unerheblich, ob sich die ermittelnde Behörde auf ihre Befugnisse nach den Bestimmungen der AO 1977 oder der StPO beruft (vgl. Senats-Urteil in BFHE 138, 164, BStBl II 1983, 482, 483).
c) An der Feststellung, daß der Finanzrechtsweg nicht gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 FGO eröffnet ist, war das FG entgegen der Auffassung der Antragstellerin nach der bis zum 1. Januar 1991 geltenden Rechtslage nicht aufgrund des verweisenden Beschlusses des OVG gehindert. Die Verweisung einer Sache an das FG durch ein Gericht schloß gemäß § 34 FGO, der erst mit Wirkung ab dem 1. Januar 1991 aufgehoben worden ist (vgl. Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, Viertes Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung - 4. VwGOÄndG - vom 17. Dezember 1990, BGBl 1990, 2809, 2817) nicht aus, daß das FG ein anderes als das verweisende Gericht für zulässig hält. Die Weiterverweisung (§ 34 Abs. 3 FGO) an ein anderes Gericht war - jedenfalls im Urteilsverfahren - zuständig (vgl. Senats-Urteil vom 28. Januar 1986 VII R 37/85, BFHE 146, 7, BStBl II 1986, 410, 411). Im vorliegenden Fall hat das FG nicht das verweisende Gericht für zuständig gehalten.
2. Der Hilfsantrag auf Weiterverweisung an das zuständige Gericht ist trotz der Aufhebung von § 34 FGO und der seit dem 1. Januar 1991 gemäß § 70 FGO geltenden §§ 17 bis 17 b des Gerichtsverfassungsgesetzes - GVG - (vgl. Art. 4 des 4. VwGOÄndG) ebenfalls unbegründet. Denn der Streitfall weist die Besonderheit auf, daß inzwischen bereits eine Entscheidung des Gerichts vorliegt, an das die Verweisung gemäß § 70 FGO i. V. m. § 17 a Abs. 2 GVG zu erfolgen hätte.
Die Antragstellerin hatte beim OLG die Feststellung begehrt, das das FA rechtswidrig gehandelt habe, als es durch untergebene Behörden z. B. über Kontrollmitteilungen unter Nennung des Namens der Antragstellerin und der Namen ihrer Geschäftsführer Recherchen angestellt habe. Das OLG hat mit Beschluß . . . entschieden, daß dieser Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG zwar zulässig, aber unbegründet sei. Denn der in §§ 69 Abs. 1 Satz 2 und 161 a Abs. 1 Satz 2 StPO geregelte Grundsatz, daß dem Zeugen - im Streitfall dem jeweils in der Kontrollmitteilung genannten Zahlungsempfänger - vor seiner Vernehmung der Gegenstand der Untersuchung und die Person des Beschuldigten, sofern eine solche vorhanden sei, zu bezeichnen sei, gelte auch für die Vernehmung von Zeugen durch die Finanzbehörde (§ 404 Abs. 1 AO 1977); es handele sich dabei um einen aus dem Sinn und Zweck einer Zeugenvernehmung folgenden allgemeinen Vernehmungsgrundsatz. Dem hilfsweise gestellten Verweisungsantrag sei nicht zu entsprechen gewesen, da für die Entscheidung über den gestellten Antrag funktionell und örtlich die Zuständigkeit des OLG gegeben gewesen sei.
Im übrigen wird durch die seine Zuständigkeit bejahende Entscheidung des OLG auch die Richtigkeit der Auffassung der Vorinstanz und der hier vertretenen Ansicht bestätigt, daß nach Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens eine eindeutige Trennung der Ermittlungsmaßnahmen danach, ob sie dem Strafverfahren oder ausschließlich dem Besteuerungsverfahren dienen, deswegen nicht möglich ist, weil die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen mit der Entscheidung über das Vorliegen des Tatbestandes der strafrechtlichen Norm untrennbar zusammenhängt.
3. Soweit die Antragstellerin abweichend von ihrem beim OLG gestellten Antrag und über diesen Antrag hinaus nach ihrem ausdrücklichen Vorbringen im vorliegenden Beschwerdeverfahren eine Untersagung der Verwertung des beschlagnahmten Materials auch insoweit erstrebt, als die Verwertung gegenüber Dritten nicht unter Hinweis auf die Verfolgung einer Steuerstraftat durchgeführt wird, hat darüber das OLG zwar nicht entschieden. Es kann aber offenbleiben, ob auch insoweit die in dem Senats-Urteil in BFHE 138, 164, BStBl II 1983, 482 angenommene Untrennbarkeit der Ermittlungsmaßnahmen gegeben wäre. Denn selbst wenn dies nicht zuträfe und zugunsten der Antragstellerin angenommen wird, daß der Finanzrechtsweg insoweit eröffnet ist, ist ein entsprechender Antrag der Antragstellerin auf Unterlassung derartiger Maßnahmen jedenfalls deshalb unzulässig, weil die Antragstellerin insoweit nicht antragsbefugt ist.
Im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist antragsbefugt nur, wer eigene Rechte gegenüber der Verwaltung verfolgt (vgl. Senats-Beschluß vom 23. Oktober 1985 VII B 28/84, BFHE 144, 404, BStBl II 1986, 26, 27). Die in § 40 Abs. 2 FGO getroffene Regelung, daß eine Klage nur zulässig ist, soweit der Kläger geltend macht, in seinen Rechten verletzt zu sein, enthält einen allgemeinen Grundsatz des Verwaltungsprozeßrechts, der bewirkt, daß der Rechtsweg nur für jemanden geöffnet ist, der eigene Rechte gegenüber der Verwaltung geltend macht. Dieser Grundsatz ist wegen seiner Allgemeingültigkeit im verwaltungsgerichtlichen Verfahrensrecht auch bei der Geltendmachung eines Antrags auf einstweilige Anordnung zu beachten.
Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, daß eine einstweilige Anordnung auch schon erlassen werden kann, wenn eine Rechtsposition des Antragstellers durch ein Verhalten der Verwaltung gefährdet erscheint (vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. November 1975 I B 73/75, BFHE 117, 220, BStBl II 1976, 118; in BFHE 144, 404, BStBl II 1986, 26, 27). Das bedeutet, daß der Antragsteller zumindest geltend machen muß, daß eine ihm unmittelbar zukommende Rechtsstellung (Recht oder Rechtsverhältnis) durch das Verhalten der Verwaltung gefährdet sei. Zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung oder Rechtsgefährdung ist erforderlich, daß Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich bei Unterstellung ihrer Richtigkeit die Rechtsverletzung oder Rechtsgefährdung ergibt. Im Streitfall hat die Antragstellerin, soweit sie die Untersagung solcher Ermittlungshandlungen begehrt, die ohne Hinweis auf das strafrechtliche Verfahren durchgeführt werden, weder eine Verletzung eigener Rechte noch deren Gefährdung geltend gemacht. Denn wenn gemäß dem Vorbringen der Antragstellerin eine Verwertung der beschlagnahmten Unterlagen ohne Hinweis auf das gegen die Antragstellerin eingeleitete strafrechtliche Ermittlungsverfahren und ohne die Absicht der (gleichzeitigen) Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen der Antragstellerin durch die Verwaltung erfolgt oder zu erwarten ist, so wäre eine Gefährdung eigener Rechte der Antragstellerin durch derartige Maßnahmen der Verwaltung und mithin die Verfolgung eigener Rechte durch die Antragstellerin mit ihrem Begehren auf Untersagung nicht erkennbar.
Fundstellen
Haufe-Index 417874 |
BFH/NV 1992, 254 |