Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug eines Trabrennvereins mit steuerfreien und steuerpflichtigen Umsätzen
Leitsatz (NV)
Der Umfang der Leistungen, die zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist schätzbar. Der Teil der Vorsteuerbeträge ist nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 9 Buchst. b, § 15 Abs. 1, 2 Nr. 1, Abs. 4
Tatbestand
1. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein eingetragener Verein, der Trabrennen veranstaltet und außerdem den Besuchern der Pferdesportveranstaltungen die Möglichkeit bietet, zu wetten und gastronomische Leistungen zu erwerben.
In den Streitjahren 1988 bis 1991 ließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) den Vorsteuerabzug aus Rechnungen der S-GmbH an den Kläger nur in Höhe von 50 v.H. des darin ausgewiesenen Steuerbetrags zu.
Die S-GmbH vermittelte für den Kläger gegen Provision Totalisatorwetten und berechnete außerdem bestimmte Prozentsätze des Wettumsatzes für "Werbefonds" und "Technikgebühr". Das FA war der Auffassung, daß die nicht zum Abzug zugelassenen Vorsteuerbeträge mit steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 9 Buchst. b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980/1991 zusammenhingen und vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1980/1991 ausgeschlossen seien. Den Umfang der nicht abziehbaren Teilbeträge schätzte es auf 50 v.H.
Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, soweit sie sich gegen die Aufteilung der erwähnten Vorsteuerbeträge richtete, als unbegründet ab. Es führte zur Begründung unter anderem aus, ein weiterer Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der S-GmbH sei ausgeschlossen. Nach den dem Gericht vorliegenden Rechnungen und den maßgebenden Leistungsbeschreibungen entfalle der ganz überwiegende Teil der Leistungsbezüge des Klägers auf das Wettgeschäft und sei von ihm zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet worden. Soweit die S-GmbH in geringem Umfang auch Werbeleistungen abgerechnet habe, die möglicherweise nicht nur mit Wettumsätzen zusammenhingen, sei der vom FA bereits gewährte Vorsteuerabzug von 50 v.H. der auf dem Konto "Werbung" gebuchten Kosten als angemessen zu erachten.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und wegen Verfahrensfehlern.
Das FA hält die Beschwerde für unbegründet, weil kein Zulassungsgrund gegeben sei.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
a) Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Der Kläger hält die Rechtsfrage für bedeutsam, nach welchen Grundsätzen für den Vorsteuerabzug des Unternehmers zu verfahren sei, wenn eine bezogene Leistung sowohl mit umsatzsteuerbefreiten Umsätzen des Totalisatorbetriebes als auch mit umsatzsteuerpflichtigen Umsätzen im Zweckbetrieb und im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zusammenhänge. Es ist jedoch nicht gerechtfertigt, die bezeichnete Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren zu beantworten.
Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie sich bereits ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten läßt oder durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Rechtsfrage durch den Bundesfinanzhof (BFH) erforderlich machen (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).
Die von dem Kläger herausgestellte Rechtsfrage beantworten § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1991 bzw. § 15 Abs. 4 bis 6 UStG 1980 (für 1988 bis 1990). Danach ist ―sofern wie im Streitfall keine Aufteilung nach Umsatzschlüssel (für 1988 bis 1990) in Betracht kommt― der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlichzuzurechnen ist, wenn der Unternehmer die für sein Unternehmen bezogenen Leistungen nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Der Umfang der Leistungen, die zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, die den Vorsteuerabzug ausschließen, ist schätzbar (vgl. zu den dabei zu beachtenden Grundsätzen die Rechtsprechung des Senats in den Urteilen vom 12. März 1992 V R 70/87, BFHE 168, 447, BStBl II 1992, 755, und vom 12. März 1998 V R 50/97, BFHE 185, 530, BStBl II 1998, 525).
Die Schätzung der Höhe der nach § 15 Abs. 4 UStG 1980/1991 nicht abziehbaren Teilbeträge wirft im Streitfall ebenfalls keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Eine Schätzung hängt weitgehend von der tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalls ab (vgl. BFH-Beschluß vom 7. Juli 1994 VIII S 1/94, BFH/NV 1995, 92). Sie muß ―wie im Streitfall― lediglich plausibel sein (BFH-Beschluß vom 26. Oktober 1995 I B 20/95, BFH/NV 1996, 378). Somit ist nicht zu erwarten, daß in dem angestrebten Revisionsverfahren Rechtsfragen von allgemeiner Bedeutung geklärt werden würden.
b) Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.
Ein unzutreffendes Schätzungsergebnis, sollte es im Streitfall vorliegen, wäre kein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. BFH-Beschluß vom 24. Oktober 1995 I B 14/95, BFH/NV 1996, 339). Verfahrensmängel sind Verstöße des FG gegen das Gerichtsverfahrensrecht (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Tz. 65). Allerdings kann die Nichtberücksichtigung von Umständen, die richtigerweise in die Schätzung hätten einfließen müssen, verfahrensfehlerhaft sein, wenn das FG seiner Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO nicht nachkommt (BFH-Beschluß vom 31. Mai 1991 V S 1/91, BFH/NV 1992, 119) oder Teile des Gesamtergebnisses des Verfahrens (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) unberücksichtigt läßt.
Die Rüge des Klägers, das FG habe den an Gerichtsstelle anwesenden früheren Geschäftsführer als Zeugen von Amts wegen vernehmen müssen, ist jedoch weder in der zulässigen Form (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) erhoben worden, noch läßt sie den Schluß auf Aufklärungsversäumnisse des FG zu.
Das FG hat die ihm vorgelegten Rechnungen der S-GmbH und die darin beurkundeten Leistungsbeschreibungen gewürdigt und ist zu der Überzeugung gelangt, daß der Kläger den ganz überwiegenden Teil der Leistungsbezüge zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG 1980/1991 verwendet hat. Damit ist es seiner Sachaufklärungsverpflichtung in einer dem Gesetz angemessenen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1, 4 UStG 1980/1991) Weise nachgekommen. Anhaltspunkte dafür, daß das FG weitere Rechnungen übergangen oder auf den Rechnungen enthaltene Leistungsbeschreibungen nicht zur Kenntnis genommen hat, sind nicht vorhanden. Unerheblich ist, auf welchen Konten der Kläger die abgerechneten Leistungen verbucht hat.
3. Im übrigen ergeht der Beschluß gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.
Fundstellen
Haufe-Index 302458 |
BFH/NV 1999, 1650 |