Entscheidungsstichwort (Thema)
Eilverfahren betr. Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte
Leitsatz (NV)
1. Wird die Eintragung von Freibeträgen auf der LSt-Karte im Wege der einstweiligen Anordnung verfolgt, so fehlt es jedenfalls an einem Anordnungsgrund, wenn der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, daß seine wirtschaftliche oder persönliche Existenz ohne die begehrte einstweilige Anordnung unmittelbar bedroht ist.
2. Zur Umdeutung eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Normenkette
FGO § 114
Verfahrensgang
Nachgehend
Tatbestand
Der Antragsteller ist nichtselbständig tätig. Seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wohnt mit der gemeinsamen im Jahr 1968 geborenen Tochter im Ausland.
Im Lohnsteuerermäßigungsverfahren für das Jahr 1987 begehrte der Antragsteller die Änderung seiner Lohnsteuerkarte dahingehend, daß die Lohnsteuerklasse II/1 sowie ein Freibetrag in Höhe von 4 500 DM nach § 33 a Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für Unterhaltsleistungen an seine noch in Berufsausbildung befindliche Tochter eingetragen werde. Hilfsweise beantragte er die Eintragung des Betrages nach § 33 a Abs. 1 a EStG für Aufwendungen zur Pflege des Eltern-Kindverhältnisses.
Der Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) versagte durch Bescheid vom 11. Dezember 1986 die Eintragung eines Ausbildungsfreibetrages und des Freibetrages zur Pflege des Eltern-Kindverhältnisses sowie die Abänderung der Lohnsteuerkarte in die Lohnsteuerklasse II mit dem Hinweis darauf, daß die Tochter des Antragstellers im Ausland lebe, also nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sei. Eine Eintragung unter dem Gesichtspunkt von Unterhaltsleistungen nach § 33 a Abs. 1 EStG lehnte er deshalb ab, weil der Antragsteller keine Studienbescheinigung für die Tochter und keine Zahlungsnachweise vorgelegt habe.
Über den hiergegen eingelegten Einspruch hat das FA noch nicht entschieden. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens hat der Antragsteller Nachweise dafür vorgelegt, daß er im Jahre 1986 3 900 DM an seine Tochter überwiesen hat. Nunmehr hat er auch einen Studiennachweis der Tochter und Zahlungsunterlagen aus dem Jahre 1987 vorgelegt.
Vor dem Finanzgericht (FG) stellt der Antragsteller den Antrag, das FA im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
1. vorläufig die Eintragung der Steuerklasse II/1 auf die Lohnsteuerkarte 1987 einzutragen und außerdem einen Unterhaltsfreibetrag nach § 33 a Abs. 1 EStG in Höhe von 4 500 DM und ferner einen Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 1 800 DM nach § 33 a Abs. 2 EStG einzutragen und
2. für die dem Besteuerungszeitraum 1987 nachfolgenden Besteuerungszeiträume entsprechend den Anträgen zu Nr. 1 zu verfahren.
Daneben hat der Antragsteller noch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des ablehnenden Bescheides des FA vom 11. Dezember 1986 gestellt; dieser Antrag ist noch beim FG unter dem Aktenzeichen . . . anhängig.
Das FG hat den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen. Es hielt den Antrag für unzulässig und führte zur Begründung im wesentlichen aus: Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nach § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sei unzulässig, da vorläufiger Rechtsschutz gegen die Ablehnung von Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte nur im Wege der Aussetzung der Vollziehung nach § 69 FGO gewährt werden könne. Der Antrag zu 2. sei ebenfalls unzulässig, da dem Antragsteller insoweit das Rechtsschutzbedürfnis fehle. Dies folge aus dem Rechtsgedanken der Abschnittsbesteuerung, wonach für jedes Jahr ein erneuter Antrag zu stellen und ggf. jeweils ein Rechtsbehelfsverfahren durchzuführen sei. Unbeschadet der Unzulässigkeit der Anträge wären diese auch unbegründet, da ein Anordnungsgrund fehle. Der Antragsteller habe nicht glaubhaft gemacht, daß seine wirtschaftliche oder persönliche Existenz ohne die begehrte einstweilige Anordnung unmittelbar bedroht sei. Entsprechend dem im Lohnsteuerermäßigungsantrag mit 19 800 DM angegebenen Bruttolohn blieben bei einer der Tochter gewährten Unterhaltsleistung von 3 900 DM noch ausreichende Nettoeinkünfte zur Bestreitung des Lebensunterhalts zur Verfügung.
Der Antragsteller beabsichtigt, gegen den Beschluß des FG Beschwerde einzulegen. Dazu begehrt er unter Beifügung eines Formblatts der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH). Er ist wie im bisherigen Verfahren der Auffassung, die Versagung der Gewährung eines Kinderfreibetrages und der Eintragung der Lohnsteuerklasse II/1 sowie die gleichzeitige Versagung der in § 33 a EStG vorgesehenen Freibeträge (Unterhaltsfreibetrag und Ausbildungsfreibetrag) sei rechtswidrig, da die einschlägigen Vorschriften in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes 1986 verfassungswidrig seien. Das FG sei fehlerhaft davon ausgegangen, er, der Antragsteller, habe nur 3 900 DM an seine Tochter überwiesen. Tatsächlich habe er aber 4 200 DM gezahlt. Im übrigen gehe es im Streitfall aber nicht um eine Unterhaltsleistung in Höhe von rd. 4 000 DM; vielmehr gehe es darum, ihm zu ermöglichen, höhere Unterhaltsleistungen (Unterhalts- und Ausbildungskosten von 6 300 DM bzw. 6 900 DM) geltend zu machen. Denn der laufende Unterhaltsbedarf seiner Tochter sei durch Hinderung eines Steuerabzugs in dieser Höhe gefährdet. Schließlich hätte das FG seinen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung umdeuten müssen; dies allein wäre der Tendenz des Beschlusses des Großen Senats vom 14. April 1987 GrS 2/85 (BFHE 149, 493, BStBl II 1987, 637) gerecht geworden.
Entscheidungsgründe
Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von PKH für ein Beschwerdeverfahren gegen den eine einstweilige Anordnung ablehnenden Beschluß des FG ist unbegründet.
Nach § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) wird einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann, auf Antrag PKH gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Im vorliegenden Fall hätte eine Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des FG schon deshalb keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil das FG zutreffend einen Anordnungsgrund verneint hat. Der Senat verweist insoweit auf die vom FG gegebene Begründung.
Soweit der Antragsteller begehrt, das FA zu verpflichten, auch für die Jahre 1988 und später entsprechende Freibeträge auf den Lohnsteuerkarten einzutragen, hat das FG zutreffend das Begehren abgelehnt. Ein solcher Antrag kann allenfalls erst in einem die Lohnsteuerermäßigung 1988 oder später betreffenden Rechtsbehelfsverfahren gestellt werden.
Da der Antragsteller neben dem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung auch noch einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des ablehnenden Bescheides des FA beim FG gestellt hatte, hatte das FG keine Veranlassung, den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung in einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des ablehnenden Bescheides des FA umzudeuten.
Fundstellen
Haufe-Index 416143 |
BFH/NV 1989, 520 |