Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Revision wegen Abweichung von einer BFH-Entscheidung
Leitsatz (NV)
1. Die Entscheidung über die Zulässigkeit der Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision kann offenbleiben, wenn die Beschwerde jedenfalls unbegründet ist.
2. Eine Abweichung des FG von einer Entscheidung des BFH ist nicht vorhanden, wenn das FG über einen mit der bezeichneten BFH-Entscheidung rechtlich nicht vergleichbaren Fall entschieden hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin) ist eine Bauträgergesellschaft, die sich gegenüber Grundstückserwerbern verpflichtete, auf deren Grundstücke je ein Reihenhaus mit Garage zu errichten. Die Verpflichtung war die Klägerin in derselben notariellen Urkunde eingegangen, in der die Grundstücksveräußerer den Erwerbern die Baugrundstücke verkauften. Die Erwerber übernahmen die Kosten des Vertrages sowie die Grunderwerbsteuer.
Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt -- FA --) beurteilte in den angefochtenen Umsatzsteueränderungsbescheiden für 1985 und 1986 die bezeichneten Leistungen der Klägerin als steuerpflichtige Werkleistungen. In die Bemessungsgrundlage bezog das FA außer dem Werklohn die Hälfte der auf die Grundstücksgeschäfte entfallenden Grunderwerbsteuer mit der Begründung ein, daß die Erwerber durch die vollständige Übernahme der Grund erwerbsteuer ein zusätzliches Entgelt gewährt hätten.
Das Finanzgericht (FG) erkannte in der Vorentscheidung dahin, daß die Klägerin keine nach § 4 Nr. 9 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 steuerfreie Werklieferung ausgeführt habe. In der Übernahme der Grunderwerbsteuer liege, so führte das FG weiter aus, jedoch kein zusätzliches Entgelt, weil die Klägerin nicht von einer eigenen Schuld gegenüber dem FA befreit werde; denn die Klägerin schulde keine Grunderwerbsteuer.
Mit der Beschwerde begehrt das FA Zulassung der Revision wegen Abweichung von mehreren im folgenden bezeichneten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hatte keinen Erfolg.
a) Eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision wegen Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des BFH (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) ist u. a. zulässig, wenn der Beschwerdeführer sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim FG einlegt (§ 115 Abs. 3 Sätze 1 und 2 FGO) und wenn er abstrakte entscheidungserhebliche Rechtssätze aus dem finanzgerichtlichen Urteil und abstrakte Rechtssätze aus -- divergierenden -- Entscheidungen des BFH und des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes so genau bezeichnet (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO), daß eine Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung des BFH, z. B. Beschluß vom 1. August 1990 II B 36/90, BFHE 161, 418, BStBl II 1990, 987; Beschluß vom 30. März 1983 I B 9/83, BFHE 138, 152, BStBl II 1983, 479). Der Senat braucht nicht zu klären, ob das FA diese Voraussetzungen im Streitfall erfüllt hat. Die Frage der Zulässigkeit einer Nichtzulassungsbeschwerde kann offenbleiben, wenn die Beschwerde jedenfalls unbegründet ist; denn durch die Zurückweisung einer etwa unzulässigen Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet entstehen dem Beschwerdeführer keine Nachteile (BFH-Beschluß vom 11. Februar 1987 II B 140/86, BFHE 148, 494, BStBl II 1987, 344).
b) Im Streitfall ist eine Abweichung der Vorentscheidung i. S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von den bezeichneten Entscheidungen des BFH nicht gegeben.
Die Vorentscheidung weicht nicht von dem Urteil des BFH vom 28. Januar 1987 II R 131/84 (BFH/NV 1988, 597) ab, weil über nicht vergleichbare Sachverhalte entschieden worden ist. Die Klägerin hat sich im Streitfall nur zur Herstellung von Reihenhäusern und Garagen auf einem noch nicht bebauten Grundstück verpflichtet. Dagegen hatte die Rechtsvorgängerin der Klägerin in der bezeichneten Entscheidung des BFH bereits mit Miteigentumsanteilen verbundene Bausubstanz auf einen Erwerber übertragen.
Eine Abweichung der Vorentscheidung von dem Urteil des BFH vom 7. Februar 1991 V R 53/85 (BFHE 164, 482, BStBl II 1991, 737) liegt schon deshalb nicht vor, weil das FG seine Entscheidung auf die Rechtssätze dieses Urteils gestützt hat. Deswegen rügt das FA bei verständiger Würdigung seiner Darlegungen eigentlich nicht Abweichung, sondern fehlerhafte Anwendung dieser Entscheidung.
Schließlich weicht die Vorentscheidung auch nicht von dem Urteil des BFH vom 10. Juli 1980 V R 23/77 (BFHE 130, 571, BStBl II 1980, 620) ab. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Streitfall hatte sich der Abnehmer eines bebauten Grundstücks dem Grundstückslieferer gegenüber verpflichtet, die Grunderwerbsteuer vollständig zu übernehmen. Eine Erhöhung des Entgelts für die Grundstückslieferung kam nach dieser Entscheidung deshalb in Betracht, weil der Grundstückslieferer Gesamtschuldner der Grunderwerbsteuer war. Das FG hatte demgegenüber Bauleistungen in Form von Werklieferungen zu beurteilen. Die bezeichnete Entscheidung enthält keine Aussage darüber, daß auch bei einem solchen Sachverhalt die Übernahme der Grunderwerbsteuer eine anteilige Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Werklieferung sein könnte.
Fundstellen