Entscheidungsstichwort (Thema)
Divergenz; vGA bei Sondervergütung
Leitsatz (NV)
Kommt das FG zu dem (in einem Revisionsverfahren bindenden, s. § 118 Abs. 2 FGO) Schluss, dass sich eine Sondervergütung auf eine bis zur vertraglichen Vereinbarung bereits erbrachte Arbeitsleistung bezieht, kann die Ablehnung, eine zeitanteilige Berücksichtigung vorzunehmen (Vergütungsanteil ab Vereinbarungsdatum), keine Divergenz begründen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; KStG § 8 Abs. 3 S. 2
Verfahrensgang
FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 28.05.2008; Aktenzeichen 8 K 345/06) |
Tatbestand
I. Streitig ist der einkommenserhöhende Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA).
Gesellschafter der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), einer GmbH, sind die Eheleute AB (alleiniger Geschäftsführer; Beteiligung 7/10) und BB (Beteiligung 3/10). Am 9. Juli des Streitjahres 2001 fasste die Gesellschafterversammlung unter anderem folgenden Beschluss:
"Für die leistungsbestimmenden Mitarbeiter der (Klägerin) wird in Anerkennung außerordentlicher Leistungen in Vorbereitung des … (Projekts) eine differenzierte Sondertantieme gezahlt.
Frau X |
5.000,00 DM |
Frau BB |
15.000,00 DM |
Herr AB |
20.000,00 DM |
Die Auszahlung der Sondertantieme ist mit der Gehaltszahlung des Monats Juli 2001 über das Steuerbüro zu veranlassen."
Auf der Grundlage dieses Beschlusses ergänzten die Klägerin und der Geschäftsführer den Geschäftsführeranstellungsvertrag am selben Tag zu § 7 (Vergütung) wie folgt:
"8. Aufgrund der Anerkennung von außerordentlichen Leistungen hinsichtlich der Vorbereitung des … (Projekts) erhält der Geschäftsführer eine einmalige Sonderprämie von brutto DM 20.000,00. Diese wird mit der Gehaltszahlung des Monats Juli 2001 ausgezahlt."
Die Klägerin zahlte die Sondervergütungen im Juli 2001 an die Begünstigten aus und erfasste die Zahlung einkommenswirksam als Tantiemeaufwand (insgesamt 40 000 DM). Im Rahmen einer finanzbehördlichen Erörterung trug sie vor, die Zahlungen seien insbesondere im Hinblick auf eine Steigerung des Umsatzes um rund 100 % geleistet worden. Die betreffenden Arbeitnehmer hätten jahrelang einen zeitintensiven Arbeitsaufwand gehabt, durch den dieses positive Ergebnis habe erreicht werden können.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) setzte 35 000 DM als vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) einkommenserhöhend an. Die Klage, die auf eine Herabsetzung der vGA auf den hälftigen Betrag gerichtet war, blieb erfolglos (Finanzgericht --FG-- Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28. Mai 2008 8 K 345/06).
Die Klägerin verweist auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und beantragt, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist als unbegründet zurückzuweisen.
1. Es kann dahinstehen, ob die Klägerin den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dadurch in ausreichendem Maße nachgekommen ist, dass sie einen tragenden Rechtssatz des FG aufgestellt und auch auf verschiedene Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) hingewiesen hat. Denn jedenfalls liegt eine Abweichung des FG-Urteils von der durch die Klägerin angeführten BFH-Rechtsprechung --als Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO)-- nicht vor. Denn an einer Abweichung in diesem Sinne fehlt es, wenn das FG erkennbar von den in der Rechtsprechung des BFH entwickelten und auch den (mutmaßlichen) Divergenzentscheidungen zugrunde liegenden Rechtsgrundsätzen ausgeht, diese aber (möglicherweise) fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalls angewendet hat.
2. Als tragenden Grund der klageabweisenden Entscheidung hat das FG angeführt, dass den Anforderungen der Rechtsprechung an eine steuerrechtliche Anerkennung einer Vereinbarung mit einem (beherrschenden) Gesellschafter bzw. einer diesem nahestehenden Person --im Sinne einer klaren und eindeutigen Bemessungsgrundlage einer gewinnabhängigen Zuwendung-- nicht entsprochen worden sei. Darüber hinaus hat sich das FG mit dem Einwand der Klägerin, auf der Grundlage der BFH-Rechtsprechung (Senatsurteil vom 10. Juli 1974 I R 205/72, BFHE 113, 218, BStBl II 1974, 719; s. auch Senatsurteile vom 11. Dezember 1991 I R 49/90, BFHE 166, 545, BStBl II 1992, 434; vom 17. Dezember 1997 I R 70/97, BFHE 185, 224, BStBl II 1998, 545) sei eine zeitanteilige Aufteilung vorzunehmen, befasst. Es ist allerdings zu dem tatrichterlichen (d.h. in einem etwaigen Revisionsverfahren das Revisionsgericht gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden) Schluss gelangt, dass sich die Sondervergütung auf eine bis zur Vereinbarung bereits erbrachte Arbeitsleistung bezieht ("außerordentliche Leistungen hinsichtlich der Vorbereitung des … (Projekts)”), was eine Zuordnung der Vergütung zum gesamten Wirtschaftsjahr 2001 und damit eine --zeitanteilige-- Vergütung der in der Zukunft (10. Juli bis 31. Dezember 2001) zu erbringenden Arbeitsleistung ausschließt. Einen von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Rechtssatz zur Frage der steuerrechtlichen Anerkennung von im Laufe eines Wirtschaftsjahres zugesagten Sondervergütungen hat das FG damit nicht aufgestellt.
3. Indem die Klägerin vorträgt, der Rechtsstreit sei nicht nach dem Maßstab der Anforderungen der BFH-Rechtsprechung an eine Vereinbarung mit einem beherrschenden Gesellschafter ("klare, eindeutige und im Voraus getroffene Vereinbarung”), sondern nach dem "Grundsatz der zeitanteiligen Aufteilung von Sondervergütungen” zu ihren Gunsten zu entscheiden gewesen, macht sie keine Abweichung des FG-Urteils von der BFH-Rechtsprechung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO geltend, sondern einen Rechtsanwendungsfehler. Damit kann sie eine Zulassung der Revision aber nicht erreichen. Denn ein zur Zulassung der Revision führender Rechtsfehler liegt nur vor, wenn die Entscheidung des FG willkürlich ist und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar erscheint (z.B. BFH-Beschluss vom 21. Mai 2004 III B 107/03, BFH/NV 2004, 1220). Hat sich das FG aber mit der Rechtslage auseinandergesetzt, führt selbst eine im Ergebnis (möglicherweise) falsche Rechtsanwendung nicht zur Zulassung der Revision.
Fundstellen