Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen FG-Beschluss nach § 69 Abs. 3 FGO ohne Zulassung nicht statthaft; ausnahmsweise Statthaftigkeit als außerordentliche Beschwerde
Normenkette
FGO § 128 Abs. 3; GG Art. 103
Tatbestand
I. Mit Beschluss vom 18. April 2000 15 V 7720/99 E hatte das Finanzgericht (FG) den Antrag des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheides 1993 zurückgewiesen. Mit Schriftsatz vom 4. Mai 2000 beantragte der Antragsteller erneut AdV mit der Begründung, dass das FG das rechtliche Gehör verletzt habe. Das FG wies den Antrag mit Beschluss vom 29. Mai 2000 zurück. Die Wiederholung eines bereits abgelehnten AdV-Antrags sei nur unter den Voraussetzungen des § 69 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zulässig. Im Streitfall lägen aber weder "veränderte" noch im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte (unveränderte) Umstände vor. Entgegen der Auffassung des Antragstellers habe der Senat die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers berücksichtigt.
Mit der Beschwerde macht der Antragsteller geltend:
Zwar habe das FG die Beschwerde nicht zugelassen. Die Beschwerde sei jedoch deshalb zulässig, weil der Beschluss des FG in offensichtlichem Widerspruch zum Gesetz stehe, da u.a. der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Das FG habe nicht berücksichtigt, dass der Antragsteller seinen tatsächlichen Vortrag durch eine eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht habe. Die Beschwerde sei im Übrigen auch als Gegenvorstellung zu verstehen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. November 1999 auszusetzen.
Gegen den Beschluss des FG hat der Antragsteller mit Schriftsatz vom 15. Juni 2000 Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die Beschwerde mit Beschluss vom 25. Juli 2000 2 BvR 1041/00 nicht zur Entscheidung angenommen. Die Verfassungsbeschwerde werfe keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Fragen auf. Soweit der Antragsteller die Verletzung rechtlichen Gehörs geltend mache, hätte er zunächst nochmals einen Antrag gemäß § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO stellen müssen. Soweit der Antragsteller geltend gemacht habe, dass es sich um Willkürentscheidungen gehandelt habe, hätte er eine außerordentliche Beschwerde einlegen müssen, die vom Bundesfinanzhof (BFH) in Fällen einer "greifbaren Gesetzesverletzung" als statthaft angesehen werde. Im Übrigen ergäben sich keine Anhaltspunkte, dass das FG die Rechtsgrundsätze des § 69 Abs. 3 FGO verkannt habe, noch dafür, dass das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung von einem im Widerspruch zum Vortrag des Antragstellers stehenden Sachverhalt ausgegangen sei. Vielmehr habe das FG den Sachvortrag des Antragstellers einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden eigenen Gesamtwürdigung unterzogen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Beschwerde gegen den Beschluss nach § 69 Abs. 3 FGO ist gemäß § 128 Abs. 3 FGO nicht statthaft. Das FG hat die Beschwerde nicht zugelassen.
2. Auch als außerordentliche Beschwerde ist das Rechtsmittel nicht statthaft (zu diesem Rechtsmittel vgl. BFH-Beschlüsse vom 12. Juli 1999 VI B 20/99, BFH/NV 2000, 60; vom 7. Dezember 1999 IV B 146/99, BFH/NV 2000, 413; vom 17. Dezember 1999 VI B 218/99, BFH/NV 2000, 481; vom 13. Juli 2000 XI B 24/00, BFH/NV 2001, 51; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, Rz. 28 Vor § 115, § 128 Rz. 3a). Die Statthaftigkeit eines solchen in der FGO nicht vorgesehenen "Ausnahme-Rechtsmittels" hat die Rechtsprechung allenfalls für Sonderfälle greifbarer Gesetzeswidrigkeit in Erwägung gezogen, d.h. für Fälle, in denen die erstinstanzliche Entscheidung jeglicher Grundlage entbehrt und sie damit eine nicht hinzunehmende Gesetzeswidrigkeit zur Folge hat (BFH-Beschluss vom 26. August 1991 IV B 135/90, BFH/NV 1992, 509). Die erstinstanzliche Entscheidung muss demgemäß unter schwerwiegender Verletzung von Verfahrensvorschriften zustande gekommen sein oder auf einer Gesetzesauslegung beruhen, die offensichtlich dem Wortlaut und dem Zweck des Gesetzes widerspricht und die eine Gesetzesanwendung zur Folge hat, die durch das Gesetz ersichtlich ausgeschlossen werden sollte (BFH-Beschluss vom 22. November 1994 VII B 144/94, BFH/NV 1995, 791, m.w.N.).
Ein solcher Sonderfall liegt hier nicht vor. Die Entscheidung des FG beruht weder auf einer schwerwiegenden Verletzung von Verfahrensvorschriften noch auf einer offensichtlich rechtswidrigen Gesetzesauslegung. Das FG hat zu Recht darauf hingewiesen, dass gemäß § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO die Änderung eines Beschlusses nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände erwirkt werden kann.
Im Übrigen hat bereits das BVerfG darauf hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass das FG bei seiner Entscheidungsfindung von einem im Widerspruch zum Vortrag des Antragstellers stehenden Sachverhalt ausgegangen sei. Vielmehr habe das FG den Sachvortrag des Antragstellers einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden eigenen Gesamtwürdigung unterzogen.
Fundstellen