Entscheidungsstichwort (Thema)

Die Verfassungsmäßigkeit des Kinderlastenausgleichs für Eltern mit zwei Kindern im Jahre 1986

 

Leitsatz (NV)

1. Die Frage, ob der Kinderlastenausgleich für Eltern mit zwei Kindern im Jahre 1986 verfassungsgemäß war, ist durch das BFH- Urteil vom 14. Januar 1994 III R 194/90 (BFHE 173, 528, BStBl II 1994, 429), das die Verfassungsmäßigkeit bejaht hat, hinreichend geklärt. Weiterer Klärungsbedarf in dem Sinne, daß die Frage nach wie vor grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO hätte, ist auch durch den Beschluß des BVerfG vom 14. Juni 1994 1 BvR 1022/88 (DStR 1994, 1222) nicht entstanden.

2. Eine endgültige Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit kann nur im Wege einer Verfassungsbeschwerde gegen diesen, die Zulassung der Revision ablehnenden, Beschluß herbeigeführt werden.

 

Normenkette

EStG i.d.F. des StSenkG 1986/1988 § 32 Abs. 6; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Tatbestand

Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eltern zweier in den Jahren 1983 und 1985 geborener Kinder. Sie wurden für das Streitjahr (1986) mit einem zu versteuernden Einkommen von 86 485 DM zusammen zur Einkommensteuer veranlagt; es ergab sich eine festzusetzende Einkommensteuer von 23 008 DM. Der Grenzsteuersatz beträgt danach 42,59 v. H.

Einspruch und Klage, mit denen die Kläger geltend machten, der Grundfreibetrag und die Kinderfreibeträge seien verfassungswidrig niedrig, blieben ohne Erfolg.

Ihre Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision stützen die Kläger auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, soweit es um die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrages und der Kinderfreibeträge geht. Außerdem rügen sie, das Finanzgericht (FG) sei vom Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. März 1985 VIII R 225/83 (BFHE 143, 491, BStBl II 1985, 603) abgewichen. Nach diesem Urteil müsse ein zusammengefaßter Steuerbescheid jedem Ehegatten gesondert bekanntgegeben werden, sofern sich die Eheleute nicht -- wie auch im Streitfall -- gegenseitig zur Empfangnahme bevollmächtigt hätten.

 

Entscheidungsgründe

1. Die Beschwerde ist unbegründet.

a) Bei der Divergenzrüge fehlt es bereits am schlüssigen Vortrag (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Die Kläger hatten sich -- entgegen ihren Ausführungen im Beschwerdeverfahren -- damit einverstanden erklärt, daß der angefochtene Bescheid jedem von ihnen auch mit Wirkung für und gegen den anderen bekanntgegeben werden könne. Sie hatten den betreffenden Text auf Seite 1 der Steuererklärung für das Streitjahr beide unverändert unterschrieben.

b) Die von den Klägern als klärungsbedürftig angesehenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung mehr.

aa) Die Frage der Verfassungsmäßigkeit des bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr (1986) zu berücksichtigenden Grundfreibetrags ist durch den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 25. September 1992 2 BvL 5/91 und andere (BVerfGE 87, 153, BStBl II 1993, 413) geklärt worden (s. auch Senatsbeschluß vom 18. März 1994 III B 543/90, BFHE 173, 506, BStBl II 1994, 473, Abschn. II Nr. 2 a der Entscheidungsgründe).

bb) Zur Verfassungsmäßigkeit des Kinderlastenausgleichs für Eltern mit zwei Kindern im Streitjahr 1986 hat sich der erkennende Senat im Urteil vom 14. Januar 1994 III R 194/90 (BFHE 173, 528, BStBl II 1994, 429) -- in einem Hauptsacheverfahren -- grundlegend geäußert. Er hat die maßgebende Vorschrift des § 32 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. d. F. des Steuersenkungsgesetzes (StSenkG) 1986/1988 für Fälle wie den vorliegenden als gerade noch verfassungsgemäß angesehen.

Weiteren Klärungsbedarf sieht der Senat (auch) insoweit nicht. Einen solchen haben weder die Kläger geltend gemacht noch ergibt er sich aus dem Beschluß des BVerfG vom 14. Juni 1994 1 BvR 1022/88 (BStBl II 1994, 909, Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 1994, 1222), nach dem der Kinderlastenausgleich für Eltern mit drei und mehr Kindern in den Jahren 1986 und 1987 verfassungsgemäß war. Der Senat verweist insoweit -- zur Vermeidung von Wiederholungen -- auf seinen Beschluß vom 4. August 1994 III B 190/90 (BFHE 175, 97, BStBl II 1994, 900). Dies gilt auch für die dort wiedergegebene Auffassung, daß sich die Frage, ob das BVerfG in einem Fall wie dem vorliegenden (Kinderlastenausgleich für Eltern mit zwei Kindern) die Grundauffassungen des Senats in dessen Urteil in BFHE 173, 528, BStBl II 1994, 429 teilen würde, nur im Wege einer Verfassungsbeschwerde klären lasse. Eine solche wäre gegen diesen oder einen anderen, in einem vergleichbaren Fall ergangenen, die Zulassung der Revision ablehnenden Beschluß zu erheben.

c) Im übrigen ergeht die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Angabe von Gründen.

2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 25 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes i. d. F. des Kostenrechtsänderungsgesetzes 1994 vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1325). Der Streitwert entspricht hier der im angefochtenen Bescheid vom 12. Oktober 1988 festgesetzten Einkommensteuer in Höhe von 23 008 DM. Die Kläger haben mit der Beschwerde nämlich auch die völlige Aufhebung dieses Bescheides (wegen eines Bekanntgabemangels) angestrebt.

3. Zur Besetzung der Richterbank im vorliegenden Verfahren weist der Senat -- vorsorglich -- auf folgendes hin:

Anhand von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes ist lediglich zu prüfen, ob der Vorsitzende bei der Bestimmung von Berichterstatter und Mitberichterstatter willkürfrei verfahren ist (vgl. auch den BFH-Beschluß vom 29. Januar 1992 VIII K 4/91, BFHE 165, 569, BStBl II 1992, 252). Anhaltspunkte für eine willkürliche Maßnahme sind nicht ersichtlich. Die Bestimmung von Berichterstatter und Mit berichterstatter entspricht im Streitfall vielmehr allgemeinen mündlich und schriftlich festgelegten Grundsätzen des Senats. Danach ist für das Aufgabengebiet Kinderlastenausgleich in erster Linie Richter am BFH X als Berichterstatter zuständig. Die Bestimmung des Mitberichterstatters beruht auf Abschn. II Nr. 3 des senatsinternen Mitwirkungsplanes i. d. F. ab 2. März 1994. Nach dieser Regelung ergibt sich der Mitberichterstatter im Regelfall aus den Endziffern der Geschäftsnummern des Senats, die den einzelnen Richtern -- mit Ausnahme des Vorsitzenden -- in genau festgelegter Reihenfolge zugeordnet sind. Für die Endziffer 9 -- das vorliegende Verfahren hat das Aktenzeichen III B 389/90 -- ist grundsätzlich Richter am BFH Y Mitberichterstatter. Dieser wurde im Streitfall auch mit der Mitberichterstattung betraut.

Die teilweise fehlende schriftliche Abfassung der Mitwirkungsgrundsätze ist im laufenden Jahr -- auch im Hinblick auf § 21 g Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes -- noch hinzunehmen. Der erkennende Senat schließt sich insoweit -- wie auch im übrigen -- der Auffassung der Vereinigten Großen Senate des Bundesgerichtshofs in deren Beschluß vom 5. Mai 1994 VGS 1--4/93 (mitgeteilt u. a. in Neue Juristische Wochenschrift 1994, 1735 und Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1994, 491) an.

 

Fundstellen

Haufe-Index 420343

BFH/NV 1995, 504

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