Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründe für eine zulassungsfreie Revision
Leitsatz (NV)
1. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt nicht unter § 116 FGO.
2. Ein Mangel in der Vertretung (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO) ist nicht schlüssig dargetan, wenn sich ein Prozeßbevollmächtigter mit der Revision gegen die Wirksamkeit der vom FG nach Art. 3 § 1 VGFGEntlG gesetzten Frist zur Vorlage der Vollmacht wendet und gleichzeitig geltend macht, es hätte dem FG bekannt sein müssen, daß er den Kläger schon seit Jahren vertrete.
Normenkette
FGO § 116; VGFGEntlG Art. 3 § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Mit Schriftsatz vom 27. November 1986 erhob der Rechtsanwalt U namens und im Auftrag des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) in Sachen Einkommensteuer 1985 Klage; eine Prozeßvollmacht war nicht beigefügt. Als diese auch nach Fristsetzung gemäß Art. 3 § 1 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) nicht vorgelegt wurde, wies das Finanzgericht (FG) die Klage als unzulässig ab.
Gegen das am 14./15. August 1987 zugestellte Urteil legte U Revision ein. Er rügt die Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör und führt hierzu im wesentlichen aus: Art. 3 § 3 VGFGEntlG decke nicht eine Fristsetzung zur Vorlage der Vollmacht. Auch sei ihm, U, nicht bekanntgeworden, daß er eine weitere Vollmacht an das FG hätte schicken sollen. Im übrigen sei gerichtsbekannt, daß er über Jahre hinweg den Kläger vertrete und sein Büro dessen Steuersachen erledige. Mit Schriftsatz vom 21. September 1987 reichte U eine am selben Tage vom Kläger auf ihn ausgestellte Prozeßvollmacht beim FG ein.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Gemäß Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs in der Fassung des Gesetzes zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher und finanzgerichtlicher Verfahren vom 4. Juli 1985 (BGBl I 1985, 1274, BStBl I 1985, 496) - BFHEntlG - findet abweichend von § 115 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) die Revision nur noch statt, wenn sie das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision gemäß § 116 FGO gegeben ist.
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. Das FG hat die Revision nicht zugelassen. Der Kläger hat dagegen keine Beschwerde erhoben, so daß für eine Zulassung durch den BFH schon aus diesem Grund kein Raum war. Schließlich hat der Kläger mit seiner Revision auch keine Gründe vorgetragen, die eine zulassungsfreie Revision rechtfertigen könnten.
§ 116 FGO zählt die Verfahrensmängel, die eine zulassungsfreie Revision begründen, abschließend auf. Die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fällt nicht darunter (siehe z. B. Tipke / Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 116 FGO Tz. 8 und 11, m. w. N.).
Ein Mangel in der Vertretung (§ 116 Abs. 1 Nr. 3 FGO) ist nicht schlüssig dargetan. U trägt im Gegenteil vor, daß er den Kläger schon seit Jahren vertrete und dies auch gerichtsbekannt hätte sein müssen. Er geht mithin von einer vorhandenen und nicht einer fehlenden Bevollmächtigung aus. Hinzu kommt, daß der Kläger durch die am 21. September 1987 erteilte Vollmacht das bisherige Vorgehen des U genehmigt hat (siehe hierzu Tipke / Kruse, a.a.O., § 116 FGO Tz. 17).
Ungeachtet dessen übersehen der Kläger und sein Bevollmächtigter, daß das FG die Frist für die Vorlage der Vollmacht nach Art. 3 § 1 (nicht § 3) VGFGEntlG gesetzt hat und auch setzen durfte. Wegen der Folgen der verspäteten Vollmachtsvorlage verweist der Senat schließlich noch auf das Urteil des BFH vom 4. Juli 1984 II R 188/82 (BFHE 142, 3, BStBl II 1984, 831).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO. Die Kosten hat der Kläger zu tragen; er hat U zur Revisionseinlegung bevollmächtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 423940 |
BFH/NV 1988, 321 |