Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur PKH für eine juristische Person
Leitsatz (NV)
1. Für die Verpflichtungsklage einer GmbH auf Erlaß von Säumniszuschlägen kann allenfalls der GmbH und nicht ihrem Liquidator Prozeßkostenhilfe (PKH) bewilligt werden.
2. Der GmbH kann die PKH nur bewilligt werden, wenn die Unterlassung der Rechtsverfolgung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde.
3. Im Beschwerdeverfahren ist eine gesonderte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorzulegen.
Normenkette
FGO § 142 Abs. 1; ZPO §§ 114, 116 S. 1, § 117 Abs. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist eine in Liquidation befindliche GmbH. Liquidator der Antragstellerin ist der Antragsteller.
Aufgrund einer Steuerfahndungsprüfung nahm der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) die Antragstellerin wegen Umsatzsteuer für die Streitjahre (1979 bis 1983) in Anspruch, die die Antragstellerin in Scheinrechnungen offen ausgewiesen, jedoch nicht an das FA abgeführt hatte. Die entsprechenden Umsatzsteuerbescheide sind rechtskräftig.
Mit ihrer Klage begehrt die Antragstellerin den Erlaß von Säumniszuschlägen zur Umsatzsteuer 1979 bis 1983. Sie hat ferner unter Vorlage einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beantragt, ihr zur Durchführung des Klageverfahrens Prozeßkostenhilfe (PKH) zu gewähren und Steuerberater X als Prozeßbevollmächtigten beizuordnen.
Das Finanzgericht (FG) hat diesen Antrag mit Beschluß vom 14. Juli 1993 abgelehnt.
Die Beschwerde gegen diesen Beschluß ist beim Senat anhängig. Für das Beschwerdeverfahren beantragen sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsteller PKH.
Entscheidungsgründe
Den Anträgen auf PKH kann nicht entsprochen werden.
Gemäß § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) kann eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten einer Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH erhalten, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für eine inländische juristische Person setzt § 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO weiter voraus, daß die Kosten des Verfahrens weder von ihr noch von den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die Unter lassung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Gemäß § 117 Abs. 2 ZPO hat ein Antragsteller dem Prozeßkostenhilfeantrag eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
1. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, daß die Unterlassung der Rechtsverfolgung im Streitfall allgemeinen Interessen zuwiderlaufen würde. Ein allgemeines Interesse i. S. des § 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO kann nur angenommen werden, wenn außer den an der Führung des Prozesses wirtschaftlich Beteiligten ein erheblicher Kreis von Personen durch die Unterlassung der Rechtsverfolgung in Mitleidenschaft gezogen werden kann (ständige Rechtsprechung; vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 12. November 1987 V B 58/87, V S 13/87, BFHE 151, 338, BStBl II 1988, 198). Dies ist insbesondere zu bejahen, wenn ohne die Durchführung des Rechtsstreits eine Vielzahl von Arbeitsplätzen bedroht oder eine Vielzahl von Gläubigern betroffen wäre (BFH-Beschluß vom 28. April 1993 I S 2/93, BFH/NV 1994, 55, 56 m. w. N. aus der Rechtsprechung). Hierfür bestehen im Streitfall keinerlei Anhaltspunkte.
Darüber hinaus hat es die Antragstellerin versäumt, ihrem Antrag gemäß § 117 Abs. 2 ZPO, § 142 FGO eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beizufügen. Wird PKH -- wie hier -- zur Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens beantragt, so muß ein Antragsteller entweder erneut eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorlegen, und zwar bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist (BFH-Beschluß vom 19. Dezember 1986 VIII S 9/86, BFH/NV 1988, 659 m. w. N.), oder auf eine im früheren Verfahrensstadium abgegebene Erklärung mit der klaren Bekundung Bezug nehmen, daß seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seitdem unverändert geblieben sind (vgl. BFH in BFH/NV 1988, 659). Hieran fehlt es im Streitfall.
2. Soweit der Antragsteller PKH begehrt, ist sein Antrag unzulässig; denn der Antragsteller ist am Beschwerdeverfahren nicht i. S. von § 57 FGO (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 142 Rz. 2 m. w. N.) beteiligt. Er ist als Liquidator der Antragstellerin ferner nicht Partei kraft Amtes gemäß § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO.
Fundstellen