Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung
Leitsatz (NV)
Ist streitig, ob eine zur Umsatzsteuer veranlagte Gesellschaft als Organgesellschaft in das Unternehmen eines Dritten (Organträgers) eingegliedert war, kann dieser auf Antrag des FA zum Verfahren beigeladen werden.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 5 S. 2; UStG 1980 § 2 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist zulässig (zur Statthaftigkeit vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Januar 1987 II B 108/86, BFHE 148, 444, BStBl II 1987, 267). Sie ist jedoch unbegründet.
Ist aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts ein Steuerbescheid ergangen, der aufgrund eines Rechtsbehelfs des Steuerpflichtigen durch das Gericht aufgehoben oder geändert wird, so können aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlaß oder Änderung eines Steuerbescheids die richtigen steuerlichen Folgerungen gezogen werden (§174 Abs. 4 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung -- AO 1977 --). Dies gilt auch gegenüber Dritten, wenn sie an dem Verfahren, das zur Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheids geführt hat, beteiligt waren (§174 Abs. 5 Satz 1 AO 1977). Ihre Beiladung zu diesem Verfahren ist zulässig (§174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977).
Eine Beiladung nach §174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 setzt demnach voraus,
a) daß ein Steuerbescheid möglicherweise wegen irriger Beurteilung eines Sachverhalts aufzuheben oder zu ändern ist,
b) daß hieraus sich steuerliche Folgerungen für einen Dritten durch Erlaß oder Änderung eines Steuerbescheids ziehen lassen und
c) daß das Finanzamt die Beiladung ver anlaßt und beantragt hat (vgl. Beschlüsse des BFH vom 26. Juni 1990 V B 41/90, BFH/NV 1992, 787; vom 1. Juli 1993 V B 41/93, BFH/NV 1994, 297).
Alle drei Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) hat die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) als selbständige Unternehmerin zur Umsatzsteuer veranlagt. Demgegenüber kommt nach Auffassung des Finanzgerichts (FG), der Klägerin und des FA ernsthaft in Betracht, daß sie gemäß §2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) in das Unternehmen des Beigeladenen eingegliedert und demzufolge keine selbständige Unternehmerin war.
Ist dem zu folgen, ist der Betrieb der Klägerin -- soweit dies abgabenrechtlich noch möglich ist -- umsatzsteuerrechtlich dem Beigeladenen zuzuordnen. Das FA hat deshalb dessen Beiladung beantragt.
Für eine Beiladung gemäß §174 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 reicht es aus, daß sich bei einem Erfolg der Klage eine Folgeänderung i. S. des §174 Abs. 4, 5 AO 1977 ergeben kann. Es ist nicht zu prüfen, ob eine etwaige Folgeänderung Bestand haben wird (vgl. BFH in BFHE 148, 444, BStBl II 1987, 267). Etwas anderes gilt nur dann, wenn eindeutig Interessen des Betroffenen nicht berührt sein können (BFH-Beschluß vom 10. Juni 1988 IX B 102/87, BFH/NV 1989, 15).
Im Streitfall ist nicht eindeutig, daß Interessen des Beigeladenen nicht berührt sein können. Wie sich aus dem Vortrag der Klägerin selbst ergibt, sind sie berührt, da eine (von dem Geschäftsführer X begangene) Steuerhinterziehung und damit eine Festsetzungsfrist von zehn Jahren in Frage kommt. Die Klägerin meint zwar, der Beigeladene könne nachweisen, daß er durch die Steuerhinterziehung keinen Vermögensvorteil erlangt habe und daß die Steuerhinterziehung nicht darauf beruhe, daß er die im Verkehr erforderlichen Vorkehrungen zur Verhinderung von Steuerverkürzungen unterlassen habe. Dieser Nachweis kann aber im vorliegenden Verfahren nicht geführt werden; er kann geführt werden, falls der Beigeladene wegen der hinterzogenen Umsatzsteuer in Anspruch genommen wird.
Daß der Beigeladene mittlerweile seine Anteile an der Klägerin auf seine Tochter übertragen hat, ist ebenfalls unbeachtlich, da es allein auf die Verhältnisse in den Streitjahren ankommt.
Fundstellen