Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis, notwendige Beiladung
Leitsatz (NV)
Hat das FA gegen mehrere Mitberechtigte einen einheitlichen Feststellungsbescheid zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erlassen, so sind nach § 48 Abs. 2 FGO alle Betroffenen klagebefugt. Hat nur ein Betroffener Klage erhoben, so sind die anderen nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Die Beschränkungen des § 48 Abs. 1 FGO gelten hier nicht. Die Beiladung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn der Mitberechtigte unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich betroffen ist.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 2, § 60 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb 1983 zusammen mit dem Beigeladenen B ein Mietwohngrundstück. Das Gebäude wurde in der Folgezeit umgebaut und durch notarielle Teilungserklärung vom 11. Juli 1984 in fünf Eigentumswohnungen aufgeteilt.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) stellte die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks für die Streitjahre 1983 und 1984 gesondert und einheitlich fest und rechnete sie der Klägerin und B zu. Zu dem Einspruchsverfahren der Klägerin zog das FA B hinzu.
Die Klage, mit der sich die Klägerin in erster Linie weiterhin gegen die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wendet, ist beim Finanzgericht (FG) anhängig. Dieses hat durch Beschluß vom 4. Mai 1990 B nach § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahren beigeladen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
Es liege kein Fall notwendiger Beiladung vor. Der Beigeladene sei nie ,,Mitberechtigter" an den vier der Klägerin gehörenden Eigentumswohnungen gewesen. Spätestens mit dem Antrag auf Feststellung von Wohnungseigentum am 24. April 1984 sei für jeden Dritten erkennbar gewesen, daß es sich bei dem formal einheitlichen Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin und den Beigeladenen um geteiltes Wohnungseigentum habe handeln sollen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unbegründet.
Das FG hat B zu Recht beigeladen.
a) Nach § 60 Abs. 3 FGO sind Dritte, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, notwendig beizuladen. Klagebefugnis und notwendige Beiladung hängen in dem Sinn zusammen, daß die Klagebefugten, die nicht selbst Klage erhoben haben, notwendig beizuladen sind (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 28. November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209).
b) Klagebefugt sind gemäß § 48 Abs. 2 FGO alle Mitberechtigten, gegen die ein einheitlicher Feststellungsbescheid ergangen ist, unabhängig von den Beschränkungen, die § 48 Abs. 1 FGO für die Feststellung gewerblicher Einkünfte ausspricht (vgl. BFH-Urteil vom 29. September 1981 VIII R 90/79, BFHE 134, 505, BStBl II 1982, 216). Insbesondere die Anwendung des § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO, wonach bei einer Frage, die einen Gesellschafter persönlich angeht, nur der Gesellschafter befugt ist, der durch die Feststellung über diese Frage berührt wird, ist nicht anwendbar. Die notwendige Beiladung kann allerdings ausnahmsweise unterbleiben, wenn die nicht klagenden Gesellschafter unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich betroffen sind (vgl. BFH-Urteile vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544, und vom 14. Februar 1989 IX R 128/84, BFH/NV 1989, 707). Danach ist B klagebefugt. Die von der Klägerin angefochtenen Feststellungsbescheide für 1983 und 1984 enthalten die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für die Klägerin und B. B ist zudem durch die Feststellung nicht allein hinsichtlich der Höhe des Gesamtüberschusses der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betroffen, sondern auch deshalb, weil ihm gegenüber als Miteigentümer des Grundstücks bindend über die rechtliche Einordnung der Umbaukosten und die Höhe der Absetzungen für Abnutzung entschieden wird.
Über die Frage, ob das FA zu Recht für 1983 und 1984 gesonderte und einheitliche Feststellungen durchgeführt hat, ist erst im anhängigen Klageverfahren zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 422799 |
BFH/NV 1991, 330 |