Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendige Beiladung bei Streit über Sondervergütung
Leitsatz (NV)
Die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO a.F. bzw. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO n.F. in eigener Person klagebefugt und daher notwendig beizuladen, wenn gegen einen Feststellungsbescheid Einwendungen erhoben werden, die ihre Sondervergütung betreffen.
Normenkette
FGO § 48 Abs. 1, § 60 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 6; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Zwei Kommanditisten der Klägerin waren als Geschäftsführer bzw. Angestellter einer Tochtergesellschaft (GmbH) der Klägerin tätig. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) vertrat im Anschluss an eine Außenprüfung die Auffassung, die Gehaltszahlungen an die beiden Kommanditisten seien im Rahmen der Gewinnfeststellung der Klägerin als Vergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) dem Gewinn der Klägerin hinzuzurechnen. Er erließ entsprechende Gewinnfeststellungsbescheide für die Streitjahre 1991 bis 1993. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit dem Begehren, den Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft um die hinzugerechneten Sondervergütungen zu mindern, ab, ohne die beiden Kommanditisten zum Verfahren beigeladen zu haben.
Die Klägerin rügt mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision u.a. als Verfahrensfehler die fehlende Beiladung. Sie ist der Auffassung, die Kommanditisten seien notwendig zum Verfahren beizuladen gewesen (§ 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung des Rechtsstreits zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (vgl. § 116 Abs. 6 FGO). Das FG hat dadurch einen Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO begangen, dass es die beiden Kommanditisten nicht zum Verfahren beigeladen hat.
Gegenstand der Klage gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen der Streitjahre 1991 bis 1993 ist die Frage, ob die Kommanditisten über die Tochtergesellschaft Leistungen an die Klägerin erbracht haben, die es rechtfertigen, ihre Gehälter als Sondervergütungen i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zu qualifizieren und dem Gewinn der Klägerin hinzuzurechnen. Diese Rechtsfrage kann gegenüber der Klägerin und den betroffenen Kommanditisten nur einheitlich entschieden werden, so dass die Kommanditisten gemäß § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO notwendig beizuladen sind.
Die Pflicht zur Beiladung entfällt nicht gemäß § 60 Abs. 3 Satz 2 FGO, wonach Mitberechtigte, die nicht nach § 48 FGO klagebefugt sind, nicht notwendig beizuladen sind. Denn die Gesellschafter einer Personengesellschaft sind nach § 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO a.F. bzw. § 48 Abs. 1 Nr. 5 FGO n.F. in eigener Person klagebefugt, wenn gegen einen Feststellungsbescheid Einwendungen erhoben werden, die mit ihren Sondervergütungen zusammenhängen (vgl. z.B. Urteile des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. Juli 1990 IV R 25/89, BFH/NV 1991, 648; vom 7. Februar 1995 VIII R 27/93, BFH/NV 1996, 136; vom 15. März 2000 VIII R 8/99, BFH/NV 2000, 1214).
Das Unterlassen einer notwendigen Beiladung ist ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens, der regelmäßig Einfluss auf die Entscheidung des FG haben kann, so dass das Urteil ―wie in § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO gefordert― auf diesem Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Juni 1990 VIII B 3/89, BFHE 161, 404, BStBl II 1990, 1068).
Fundstellen
Haufe-Index 933455 |
BFH/NV 2003, 926 |