Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Umdeutung einer von einem Rechtsanwalt eingelegten Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde; Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 115 FGO a.F. nicht verlängerbar; keine Akteneinsicht bei unzulässigem Rechtsmittel
Normenkette
FGO § 115 Abs. 3 S. 3, Abs. 1, § 120 Abs. 1, § 78 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen, ohne die Revision zuzulassen. Das Urteil wurde dem Kläger und Revisionskläger (Kläger) am 22. Dezember 2000 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Am 22. Januar 2001 legte Rechtsanwalt X unter Vorlage einer Vollmacht gegen das finanzgerichtliche Urteil Revision ein, deren Begründung in einem gesonderten Schriftsatz folgen sollte.
Nach Hinweis der Geschäftsstelle des X. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 5. Februar 2001, dass die Revision im finanzgerichtlichen Urteil nicht zugelassen worden sei, zeigte Rechtsanwalt Y mit Schreiben vom 8. Februar 2001 "nunmehr die weitere Vertretung des Klägers" an. Der Kollege X habe ihn lediglich während seiner urlaubsbedingten Abwesenheit bis 26. Januar 2001 vertreten. "Offensichtlich aufgrund eines Übertragungsfehlers" habe Kollege X statt der Beschwerde Revision eingelegt. Er bitte deshalb, die Revision als Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zu verstehen. Rein vorsorglich beantrage er Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und lege gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde ein. Die Beschwerde werde in einem späteren Schriftsatz begründet. Mit Schriftsatz vom 21. Februar 2001 nahm der Kläger zur Sache Stellung und bat zur weiteren Begründung um Akteneinsicht.
Entscheidungsgründe
II. 1. Im Streitfall richten sich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des Rechtsmittels noch nach Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) und § 115 Abs. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757); denn das angefochtene Urteil des FG ist bereits vor dem 1. Januar 2001 zugestellt worden (Art. 4 des 2.FGOÄndG).
2. Die Revision ist unzulässig. Denn nach Art. 1 Nr. 5 BFHEntlG findet die Revision abweichend von § 115 Abs. 1 FGO a.F. nur statt, wenn sie das FG oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung der BFH zugelassen hat oder wenn ein Fall der zulassungsfreien Revision nach § 116 FGO a.F. gegeben ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
3. Eine Umdeutung in eine Nichtzulassungsbeschwerde kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil das Rechtsmittel von einem Rechtsanwalt ―bei dem die Kenntnis der Prozessordnung vorausgesetzt wird― eingelegt und ausdrücklich als Revision bezeichnet worden ist (st. Rspr., z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. März 1995 VIII R 7/95, BFH/NV 1995, 995, und vom 25. März 1997 I B 112/96, BFH/NV 1997, 796, jew. m.w.N.). Eine Umdeutung scheitert darüber hinaus auch daran, dass zwischen einer Revision und einer Nichtzulassungsbeschwerde erhebliche rechtliche und verfahrensmäßige Unterschiede bestehen (z.B. BFH-Beschluss vom 24. November 1994 X R 115/94, BFH/NV 1995, 626, m.w.N.).
4. Im Übrigen könnte auch eine Auslegung des Schriftsatzes vom 8. Februar 2001 als Nichtzulassungsbeschwerde dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg verhelfen. Denn die Nichtzulassungsbeschwerde ist ―anders als die Revision (vgl. § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO a.F.)― nicht nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einzulegen, sondern auch innerhalb dieser Frist zu begründen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.); die Frist ist nicht verlängerbar (st. Rspr., z.B. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 1994 IV B 7/94, BFH/NV 1995, 678, m.w.N.). Innerhalb der am 22. Januar 2001 abgelaufenen Beschwerdefrist wurde keine Begründung vorgelegt. In dem Schreiben vom 21. Februar 2001 sind im Übrigen ebenfalls keine Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 FGO a.F. (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung von einem höchstrichterlichen Urteil, Verfahrensfehler) dargelegt worden. Denn Einwendungen gegen die Richtigkeit des Urteils allein rechtfertigen keine Zulassung der Revision (z.B. BFH-Beschluss vom 29. November 1999 X B 52/99, BFH/NV 2000, 701, m.w.N.).
5. Mangels Darlegung eines Zulassungsgrundes wäre auch die mit Schriftsatz vom 8. Februar 2001 vorsorglich eingelegte selbständige Beschwerde ―unabhängig von der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag wegen der versäumten Beschwerdefrist― unzulässig. Der Senat sieht daher ―zugunsten des Klägers― davon ab, die Beschwerde als selbständiges Verfahren zu registrieren.
6. Dem Antrag, für eine weitere Begründung die Gerichtsakte zur Einsicht zu überlassen, wird nicht entsprochen. Da das Rechtsmittel unzulässig ist, ist eine Einsicht in die Akten nicht geeignet, dem Rechtsschutz des Klägers im vorliegenden Verfahren zu dienen (z.B. BFH-Beschluss vom 5. August 1996 X B 83/96, BFH/NV 1997, 61, m.w.N.).
Fundstellen