Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge
Leitsatz (NV)
Der Anspruch eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör ist nur dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat.
Normenkette
FGO § 133a; GG Art. 103 Abs. 1
Gründe
Die Anhörungsrüge ist unbegründet und deshalb durch Beschluss zurückzuweisen (§ 133a Abs. 4 Sätze 2, 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Anspruch der Rügeführerin auf rechtliches Gehör wurde im Beschwerdeverfahren nicht verletzt.
1. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) gewährleistet den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens das Recht, vor Gericht Anträge zu stellen und Ausführungen zu machen. Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, die Ausführungen der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen, sofern das Vorbringen nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. März 2007 II S 1/07, BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.).
Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat, zumal es nach Art. 103 Abs. 1 GG nicht verpflichtet ist, sich mit jedem Vorbringen in der Begründung seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen. Der Umstand allein, dass sich die Entscheidungsgründe mit einem bestimmten Gesichtspunkt nicht ausdrücklich auseinander setzen, rechtfertigt grundsätzlich nicht die Annahme, das Gericht habe den Gesichtspunkt unter Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör übergangen. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör liegt nur dann vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des einzelnen Falles deutlich ergibt, dass das Gericht ein tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1094, m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben.
2. Die Rügeführerin wendet sich mit ihrer Anhörungsrüge dagegen, dass der Senat zur Begründung seiner Entscheidung auf den Beschluss des VII. Senats des BFH vom 22. Dezember 2006 VII B 165-167/06 (BFH/NV 2007, 785) Bezug genommen hat. In diesem Beschluss sei der Vortrag des dortigen Beschwerdeführers in allen wesentlichen Punkten als unschlüssig und unvollständig zurückgewiesen worden. Im vorliegenden Verfahren gälten jedoch andere Maßstäbe; hieraus ergebe sich die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Diese Ansicht der Rügeführerin trifft nicht zu. Der VII. Senat des BFH hat sich im Beschluss in BFH/NV 2007, 785 eingehend mit dem --dem Vorbringen im Verfahren IX B 248/06 im Wesentlichen entsprechenden-- Tatsachenvortrag und den daraus hergeleiteten Rechtsansichten befasst und hat diese, wie sich aus den dem Beschluss beigefügten Rechtssätzen ergibt, auch in der Sache abgelehnt. Der beschließende Senat hat sich dem durch die Bezugnahme angeschlossen. Hieraus wird deutlich, dass er ebenfalls das Vorbringen der Rügeführerin geprüft hat, aber ihren Rechtsansichten --einschließlich der daraus hergeleiteten Beweis- und Vorlageanträge-- nicht gefolgt ist. Hierin liegt keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör.
3. Mit dem Vorbringen, der beschließende Senat habe zu Unrecht das Einholen einer Vorabentscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) abgelehnt, kann die Rügeführerin im Anhörungsrügeverfahren von vornherein nicht gehört werden (s. dazu BFH-Beschluss vom 11. Mai 2007 V S 6/07, BFH/NV 2007, 1590, m.w.N.). Abgesehen davon bestanden für den beschließenden Senat --wie er durch die Bezugnahme auf den Beschluss in BFH/NV 2007, 785 zum Ausdruck gebracht hat-- keine Zweifel an der Auslegung oder Rechtsgültigkeit des Gemeinschaftsrechts, die zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH verpflichtet hätten. Ebenso hat der Senat hinsichtlich § 3 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes keine verfassungsrechtlichen Bedenken, die eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) erforderlich gemacht hätten (vgl. dazu BFH-Beschlüsse vom 20. Juni 2007 X B 156/06, und vom 21. Juni 2007 X B 84/06, jeweils nicht veröffentlicht --n.v.--).
4. Soweit die Rügeführerin geltend macht, der beschließende Senat habe im Beschwerdeverfahren IX B 248/06 den Sachverhalt nicht ausreichend ermittelt und Hinweispflichten verletzt, behauptet sie keine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern das Vorliegen von sonstigen Verfahrensfehlern.
5. Bei dem --erstmals in der Anhörungsrüge enthaltenen-- Hinweis auf die Richtlinie 2006/123/EG ist nicht ersichtlich, inwiefern sich daraus nach Ansicht der Rügeführerin eine entscheidungserhebliche Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör im Beschwerdeverfahren IX B 248/06 ergeben soll.
6. Der Senat kann offen lassen, ob --wie die Rügeführerin meint-- für die Rüge schwerwiegender formeller und/oder materieller Mängel gemäß § 133a FGO analog die Anhörungsrüge überhaupt gegeben ist (s. dazu die Rechtsprechung des BVerfG zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit: BVerfG-Plenums-Beschluss vom 30. April 2003 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395, 416, BVerfG-Kammer-Beschluss vom 16. Januar 2007 1 BvR 2803/06, Steuer-Eildienst 2007, 130) und ob --wenn dies zu bejahen sein sollte-- die Rügeführerin die Rüge analog § 133a Abs. 2 Satz 6 FGO hinreichend schlüssig dargelegt hat. Jedenfalls hat dieses Rechtsmittel keinen Erfolg. Denn die Rügeführerin macht nach dem tatsächlichen Gehalt ihres Vorbringens lediglich geltend, dass der beschließende Senat ihren im Beschwerdeverfahren IX B 248/06 vorgebrachten Einwendungen nicht gefolgt ist und die von ihr genannten Gerichtsentscheidungen falsch interpretiert hat; damit rügt sie aber keine schwerwiegenden formellen und/oder materiellen Mängel.
Fundstellen