Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; Bilanzänderung und -berichtigung; Fehlerkorrektur in der Eröffnungsbilanz; steuerliche Rückwirkung gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen; Verletzung der Sachaufklärungspflicht; Tatbestandsberichtigung
Leitsatz (NV)
1. Die Grundsätze der Bilanzberichtigung sind höchstrichterlich geklärt.
2. Bezüglich Fehlern in einer Eröffnungsbilanz wird die Auffassung vertreten, sie seien an ihrem Ursprung zu korrigieren, eine Korrektur in späteren Veranlagungszeiträumen mit Hilfe des formellen Bilanzzusammenhangs sei im Hinblick auf die Zweischneidigkeit von Bilanzansätzen in der Eröffnungsbilanz gar nicht zulässig.
3. Wird geltend gemacht, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht dadurch verletzt, dass es einen Beweisantrag übergangen habe, so muss substantiiert dargelegt werden, wo die als übergangen gerügten Beweiserhebungen beantragt worden sein sollen und inwiefern das angefochtene Urteil - ausgehend von der ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts - auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre.
4. Soweit Einwendungen gegen die Richtigkeit des dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegenden Tatbestandes geltend gemacht werden, sind diese ausschließlich in dem eigenständigen Verfahren nach § 108 FGO, dass nur vom Instanzgericht durchgeführt werden kann, zu prüfen und zu entscheiden.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (Urteil vom 06.04.2006; Aktenzeichen 11 K 1871/02 F) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 FGO nicht innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist nach § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO entsprechend den gesetzlichen Anforderungen hinreichend substantiiert dargetan (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache
Die Klägerin hält die Frage für klärungsbedürftig, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen die Änderung und/oder Korrektur einer Bilanz möglich sei. Zum anderen sei die Frage aufgeworfen, ob und inwieweit eine gesellschaftsvertragliche Rückwirkung möglich und dabei eine "juristische Sekunde" zu beachten sei.
a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen insbesondere zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Hierzu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), den Äußerungen im Schrifttum sowie mit den ggf. veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen.
Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, so ist zusätzlich darzulegen, weshalb eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. Eine weitere bzw. erneute Klärung der Rechtsfrage kann z.B. geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat. Darüber hinaus ist auf die Bedeutung der Klärung der konkreten Rechtsfrage für die Allgemeinheit einzugehen. Allein das Fehlen einer Entscheidung des BFH zu der konkreten Fallgestaltung begründet weder einen Klärungsbedarf noch erst recht das erforderliche Allgemeininteresse.
Ebenso fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung bei einer lediglich einzelfallbezogenen Beurteilung eines Streitfalles (vgl. BFH-Beschluss vom 24. April 2007 VIII B 249/05, BFH/NV 2007, 1465, m.w.N.).
b) Die Grundsätze der Bilanzberichtigung sind höchstrichterlich geklärt (BFH-Urteile vom 28. April 1998 VIII R 46/96, BFHE 185, 492, BStBl II 1998, 443; vom 30. März 2006 IV R 25/04, BFHE 213, 315, jeweils m.w.N.; ferner ausführlich Stapperfend in Herrmann/Heuer/Raupach, § 4 EStG Rz 419 ff.; Hoffmann in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, §§ 4, 5 EStG Rz 506 ff.; Schmidt/Heinicke, EStG, 26. Aufl., § 4 Rz 695 f. und 706 f.).
Dementsprechend hat der IV. Senat des BFH im Beschluss vom 12. Dezember 2003 IV B 62/02 (BFH/NV 2004, 770) einen weiteren Klärungsbedarf verneint. Die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 5. Juli 2005 2 BvR 492-501/04 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2005, 1019) nicht zur Entscheidung angenommen; dazu ausführliche Besprechung von P. Fischer in juris PR-SteuerR 40/2005, Anm. 1, m.umf.Nachw.
Bezüglich Fehlern in einer Eröffnungsbilanz wird hingegen die Auffassung vertreten, sie seien an ihrem Ursprung zu korrigieren, eine Korrektur in späteren Veranlagungszeiträumen mit Hilfe des formellen Bilanzenzusammenhangs sei im Hinblick auf die Zweischneidigkeit von Bilanzansätzen in der Eröffnungsbilanz gar nicht zulässig (vgl. BFH-Urteil vom 19. Januar 1982 VIII R 21/77, BFHE 132, 282, BStBl II 1982, 456; Weber-Grellet in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 4 Rz C 142, m.w.N.; ferner Urteile des Finanzgerichts --FG-- Berlin vom 26. März 1975 VI 198/74, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1975, 561; FG München vom 16. Dezember 1992 1 K 2023/90, juris).
Die Klägerin hat sich trotz der reichhaltigen Judikatur und der vielfältigen umfassenden Äußerungen im Fachschrifttum mit der Behauptung begnügt, das Problem sei bislang in der Rechtsprechung kaum geklärt. Damit wird indes offensichtlich kein erneuter oder weiterer Klärungsbedarf dargetan.
Darüber hinaus ist aber auch die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung für 1998, der eine zutreffende Schlussbilanz zugrunde liegt, für die Klägerin bestandskräftig. Gegen die rechtliche Würdigung des FG, dass keine die Bestandskraft durchbrechenden Korrekturvorschriften eingreifen und die dem Streitjahr 1999 zugrunde liegende Schlussbilanz ebenfalls die Personal-Computer mit dem zutreffenden --niedrigeren-- Teilwert ausweist, sind keine Zulassungsgründe i.S. von § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO bezeichnet worden.
Dementsprechend fehlt es an einem Vortrag, dass die Rechtsfrage überhaupt in einem künftigen Revisionsverfahren klärbar wäre.
c) Die unter Bezugnahme auf ein anderes beim FG anhängiges Klageverfahren (11 K 5938/03) aufgeworfene Rechtsfrage der gesellschaftsvertraglichen Rückwirkung unter Anwendung einer sog. "juristischen Sekunde" legt keine im streitgegenständlichen Verfahren klärungsbedürftige Rechtsfrage dar. Im Übrigen hat der BFH, so z.B. im Urteil vom 22. September 1992 VIII R 7/90 (BFHE 170, 29, BStBl II 1993, 228), zu der Problematik der Veräußerung eines Gesellschaftsanteils im Schnittpunkt zweier Jahre ausführlich Stellung genommen.
2. Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO
a) Wird geltend gemacht, das FG habe seine Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO dadurch verletzt, dass es einen Beweisantrag übergangen habe, so muss nach ständiger Rechtsprechung des BFH u.a. substantiiert dargelegt werden, wo die als übergangen gerügten Beweiserhebungen beantragt wurden (genaue Bezeichnung des Sitzungsprotokolls oder des Schriftsatzes mit Datum und Seitenzahl) und inwiefern das angefochtene Urteil --ausgehend von der ggf. auch unrichtigen materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre (BFH-Beschlüsse vom 9. Januar 2007 VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751; vom 26. Juni 2006 VIII B 212/05, juris; vom 5. Oktober 2004 X B 40/04, juris).
b) Die vermeintlich unzutreffende Würdigung der Erstellung und Bedeutung der sog. Hilfsbilanz der Klägerin auf den 1. Januar 1998 begründet keinen Verfahrensmangel, sondern stellt allenfalls einen materiell-rechtlichen Fehler des angefochtenen Urteils dar, der indes nicht zur Zulassung der Revision führt (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. August 2007 VIII B 36/06, BFH/NV 2007, 2293, m.w.N.; vom 16. August 2007 VIII B 210/06, BFH/NV 2007, 2286).
c) Soweit die Klägerin beanstandet, das FG habe hinsichtlich der Erstellung und des Inhalts der sog. Hilfsbilanz angebotene Beweise nicht erhoben, fehlt es offensichtlich an den unter Ziff. II.2.a der Entscheidungsgründe ausgeführten notwendigen Darlegungen.
3. Soweit Einwendungen gegen die Richtigkeit des dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Tatbestandes geltend gemacht werden, sind diese ausschließlich in dem eigenständigen Verfahren zur Berichtigung des Tatbestandes gemäß § 108 FGO, das nur vom Instanzgericht durchgeführt werden kann, zu prüfen und zu entscheiden (BFH-Beschluss in BFH/NV 2007, 1465).
Fundstellen