Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für Streitwertsetzung durch den Senat
Leitsatz (NV)
- Ein förmlicher Einstellungsbeschluss ist bei der Zurücknahme einer Revision zwar nicht erforderlich. Nach § 121 FGO i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO kann aber das Revisionsverfahren durch förmlichen Beschluss eingestellt werden, wenn der BFH dies im Interesse der Klarheit für zweckmäßig hält.
- Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Streitwertfestsetzung durch das Gericht als Spruchkörper fehlt, wenn sich die Höhe des Streitwerts eindeutig aus den gestellten Sachanträgen sowie aus den von der Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts in gleichartigen Fällen entwickelten Grundsätzen ermitteln lässt.
Normenkette
FGO § 72 Abs. 2 S. 2, § 121; GKG § 25 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hat die Revision mit Schreiben vom 3. April 2001 zurückgenommen. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) haben mit Schriftsatz vom selben Tag den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt sowie beantragt, dem FA die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen und den Streitwert auf 108 736 DM (= Einkommensteuerschuld 1996: 14 196 DM plus Erstattung Einkommensteuer 1994 wegen Verlustrücktrag aus 1996: 94 540 DM) festzusetzen.
Entscheidungsgründe
1. Die Rücknahme der Revision durch das FA ist wirksam. Sie konnte ohne Einwilligung der Kläger erfolgen, weil eine der in § 125 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Ausnahmen nicht vorlag.
Ein förmlicher Einstellungsbeschluss ist bei der Zurücknahme einer Revision zwar nicht erforderlich. Nach § 121 FGO i.V.m. § 72 Abs. 2 Satz 2 FGO kann aber das Revisionsverfahren durch förmlichen Beschluss eingestellt werden, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) dies im Interesse der Klarheit für zweckmäßig hält (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 14. Juli 1976 VIII R 52/76, BFHE 119, 233, BStBl II 1976, 630, und vom 12. Mai 1993 X R 19/93, nicht veröffentlicht).
2. Der Antrag der Kläger auf Streitwertfestsetzung war als unzulässig abzulehnen, weil sie das erforderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis für die Festsetzung des Streitwerts durch den beschließenden Senat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Mai 1985 VIII R 65/84, BFH/NV 1986, 348, und vom 27. Januar 1994 VII S 36/93, BFH/NV 1994, 818; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., Vor § 135 Rz. 38, m.w.N.) nicht dargelegt haben. Die Ermittlung und Feststellung des Streitwerts ist im Regelfall unselbständiger Teil des Kostenansatzverfahrens und obliegt daher in erster Linie dem Kostenbeamten (ständige Rechtsprechung; vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, a.a.O., Vor § 135 Rz. 38). Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Streitwertfestsetzung durch das Gericht als Spruchkörper fehlt, wenn sich ―wie hier― die Höhe des Streitwerts eindeutig aus den gestellten Sachanträgen sowie aus den von der Rechtsprechung zur Bemessung des Streitwerts in gleichartigen Fällen entwickelten Grundsätzen ermitteln lässt (vgl. z.B. BFH-Beschluss in BFH/NV 1994, 818; Gräber/Ruban, a.a.O.).
Fundstellen