Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine konkludente Zulassung der Beschwerde durch Verwendung einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung
Leitsatz (NV)
Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist die Beschwerde vom FG nicht schon i. S. von § 128 Abs. 3 Satz 1 FGO in der Entscheidung zugelassen, wenn dieses erkennbar versehentlich eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung verwendet hat, derzufolge gegen den ablehnenden Beschluß innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe Beschwerde eingelegt werden könne (Anschluß an BFH-Beschluß vom 23. Juni 1987 VIII B 212/86, BFHE 150, 114, BStBl II 1987, 635).
Normenkette
FGO § 128 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Ehegatten. Sie haben in vorliegenden Verfahren am 15. März 1996 beim Finanzgericht (FG) beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung auf der Lohnsteuerkarte 1995 des Ehemannes aus Billigkeitsgründen die Steuerklasse III einzutragen. In der Hauptsache hatte der Ehemann Verpflichtungsklage erhoben, hinsichtlich der das FG mit Gerichtsbescheid vom 8. März 1996 den ablehnenden Bescheid und die Beschwerdeentscheidung aufgehoben und den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) verpflichtet hatte, den Ehemann erneut zu bescheiden. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Finanzverwaltung habe sich im Streitfall nicht der Prüfung entziehen dürfen, ob die der Steuerklasse III entgegenstehende beschränkte Steuerpflicht der in der Türkei wohnenden Ehefrau auf einen offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakt der Ausländerbehörden zurückzuführen sei und die Betroffenen diese Rechtswidrigkeit nicht hätten verhindern können.
Den hier streitbefangenen Antrag verwarf das FG als unzulässig. Ein diesbezügliches Begehren der Ehefrau sei deshalb unzulässig, weil sie durch die Eintragungen auf der Lohnsteuerkarte ihres Ehemannes nicht unmittelbar betroffen sei. Für den Antrag des Ehemannes sei mit Ablauf des Monats März 1996 das Rechtsschutzbedürfnis für die Eintragung der begehrten Steuerklasse auf einer Lohnsteuerkarte 1995 entfallen (Beschluß des Bundesfinanzhofs vom 21. Dezember 1982 VIII B 36/82, BFHE 137, 232, BStBl II 1983, 232).
Gegen diesen Beschluß wurde die Beschwerde nicht ausdrücklich zugelassen. In der im Anschluß an den Tenor abgedruckten Rechtsmittelbelehrung heißt es jedoch: "gegen diesen Beschluß kann innerhalb von zwei Wochen nach der Bekanntgabe Beschwerde beim Finanzgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Über sie entscheidet der Bundesfinanzhof, wenn das beschließende Gericht ihr nicht abhilft."
Mit der Beschwerde beantragen die Antragsteller, den angefochtenen Beschluß abzuändern und das FA im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, auf der Lohnsteuerkarte 1996 des Antragstellers aus Gründen der Billigkeit die Steuerklasse III einzutragen.
Eine angekündigte ergänzende Begründung wurde nicht nachgereicht.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise, sie als unbegründet zurückzuweisen.
Der Senat geht davon aus, daß im oben wiedergegebenen Antrag der Antragsteller nur versehentlich von der Lohnsteuerkarte 1996 statt 1995 die Rede ist.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Senat kann offenlassen, ob der Antrag -- wie das FG entschieden hat -- zu Recht auf eine einstweilige Anordnung und nicht auf eine Aussetzung der Vollziehung gerichtet gewesen sei, weil er eine Billigkeitsmaßnahme zum Gegenstand habe. Denn in beiden Fällen stand den Beteiligten die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung zugelassen worden ist (§ 128 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung). Eine derartige Zulassung ist nicht erfolgt.
Im Hinblick auf eine mögliche Irreführung durch die Rechtsmittelbelehrung wird für das Beschwerdeverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes von der Erhebung von Gerichtskosten abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 421667 |
BFH/NV 1996, 843 |