Entscheidungsstichwort (Thema)
Unerheblichkeit der Abrechnungslast bei Inanspruchnahme aus § 14 Abs. 3 UStG 1967
Leitsatz (NV)
Ein Nichtunternehmer, der über seine Leistung mit Steuerausweis abrechnet, kann der Inanspruchnahme aus § 14 Abs. 3 UStG 1967 nicht entgegenhalten, das Abrechnungspapier sei nach den Grundsätzen über die Verteilung der Abrechnungsbefugnis nicht als Rechnung, sondern als Gutschrift anzusehen.
Normenkette
UStG 1967 § 14 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger ist bei einer Möbelspedition nichtselbständig tätig. In einer ,,Vereinbarung" vom Mai 1978 mit Herrn A verpflichtete er sich, diesem einen von ihm bestellten PKW zu überlassen, während sich Herr A verpflichtete, eine ,,Provision" von 1 000 DM an den Kläger sowie den ,,gesamten Listenpreis" an die PKW-Vertretung, bei der der PKW bestellt war, zu zahlen. Zusätzlich war vereinbart: ,,Es wird eine Rechnung mit MwSt erstellt." Herr A erhielt eine vom Kläger unterzeichnete Rechnung vom Dezember 1978 über den PKW, in der gesondert ein Umsatzsteuerbetrag von 2 959,06 DM ausgewiesen war.
Das Finanzamt (Beklagter und Beschwerdegegner) setzte gegen den Kläger gemäß § 14 Abs. 3 UStG 1973 den Steuerbetrag von 2 959 DM fest. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage hat der Kläger beantragt, den Umsatzsteuerbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung aufzuheben, und vorgetragen: Die Vereinbarung vom Mai 1978 sei kein Kaufvertrag über den PKW, sondern lediglich ein Vertrag über die Abtretung der Rechte des Klägers aus dem Kaufvertrag mit der PKW-Vertretung. Sowohl der Text der Vereinbarung als auch die Rechnung seien von Herrn A abgefaßt worden, der unter Ausnutzung seiner Unkenntnis in Steuerfragen die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug habe erlangen wollen. Bei dieser Sachlage widerspreche die Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG 1973 dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Nicht er, sondern Herr A habe hinsichtlich der Rechnungserstellung mißbräuchlich gehandelt, weil er geistiger Urheber der Vereinbarung und Aussteller der Rechnung gewesen sei. Herr A habe seinem Sohn den Text der Rechnung telefonisch diktiert; er habe die Rechnung anschließend nur unterschrieben. Deshalb sei die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs anzuwenden, derzufolge der Leistungsempfänger, der den Vertragstext erstellt habe, als Aussteller der Abrechnung mit gesondertem Steuerausweis anzusehen sei.
Das Finanzgericht hat die Klage abgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Finanzgericht hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er stützt sie zum einen auf grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Anwendung des § 14 Abs. 3 UStG 1973 (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), zum anderen darauf, daß das Urteil des Finanzgerichts von den BFH-Urteilen vom 18. März 1982 V R 196/81 (BFHE 135, 124, BStBl II 1982, 312) und vom 4. März 1982 V R 107/79 (BFHE 135, 118, BStBl II 1982, 309) abweiche und auf dieser Abweichung beruhe (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Wenn der Bundesfinanzhof in der erstgenannten Entscheidung bei Abrechnung auf dem Vertragsformular eines Gebrauchtwagenhändlers diesen als Abrechnenden angesehen habe, müsse erst recht derjenige als Abrechnender angesehen werden, der - wie hier - den veräußernden Nichtunternehmer in ausschließlich eigenem Interesse dazu bestimme, eine Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer zu erteilen und sogar noch den Inhalt der Rechnung diktiere. Im Hinblick auf die einseitige Bestimmung des Abrechnungsinhalts durch den Erwerber könne von einem zweiseitigen Individualvertrag hier nicht die Rede sein. Selbst bei Vorliegen eines Individualvertrags sei nach dem Urteil des Finanzgerichts Münster vom 18. Mai 1982 V 5028/81 U (EFG 1983, 45) die angegebene BFH-Rechtsprechung einschlägig.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde des Klägers ist unbegründet.
1. Das Urteil des Finanzgerichts weicht nicht im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs ab. Das Finanzgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Gesichtspunkt der Abrechnungslast (Urteil vom 4. März 1982, BFHE 135, 118, BStBl II 1982, 309; ferner vom 18. März 1982, BFHE 135, 124, BStBl II 1982, 312) die Auslegung des § 14 Abs. 3 UStG 1973 nicht berührt. Wie in dem Beschluß vom 13. September 1984 V B 53/83 (BFHE 142, 63, BStBl II 1985, 20) unter Bezugnahme auf die Entscheidungen zur Bestimmung des Schuldners im Sinne des § 14 Abs. 3 UStG 1967/1973 (Urteil vom 21. Februar 1980 V R 146/73, BFHE 129, 569, BStBl II 1980, 283, und vom 10. Dezember 1981 V R 3/75, BFHE 135, 107, BStBl II 1982, 229) und zur Abgrenzung von § 14 Abs. 2 und Abs. 3 UStG 1967/1973 (Urteil vom 7. Mai 1981 V R 126/75, BFHE 133, 127, BStBl II 1981, 547) ausgeführt, liegt eine unberechtigte Rechnungsausstellung im Sinne des § 14 Abs. 3 - 2. Alternative - UStG 1967 (durch Nichtunternehmer und Kleinunternehmer im Sinne des § 19 Abs. 1 UStG 1967) vor, wenn jemand ein Abrechnungspapier in den Verkehr gebracht hat, welches nach seinem äußeren Erscheinungsbild die in § 14 Abs. 1 UStG 1967 beschriebenen Merkmale einer Abrechnung ausweist; einer solchen Begebung der Abrechnung mit der Möglichkeit, daß sich der Empfänger unberechtigt Vorsteuerbeträge auszahlen läßt, soll § 14 Abs. 3 UStG 1967 entgegenwirken. Der Besteuerungsfolge des § 14 Abs. 3 UStG 1967 kann der Nichtunternehmer, der die Abrechnung erteilt hat, nicht entgegenhalten, im zivilrechtlichen Verhältnis zu seinem Rechnungsadressaten nicht abrechnungsbefugt gewesen zu sein. Überdies war der Kläger abrechnungsbefugt, weil er als Empfänger der Rechnung des PKW-Herstellers die wesentliche Abrechnungsgrundlage für sein Geschäft mit Herrn A hatte. Die Grundsätze der Abrechnungslast sind auf Abrechnungsverhältnisse zugeschnitten, bei denen der Leistende ein zum Steuerausweis berechtigter Unternehmer ist, also § 14 Abs. 3 UStG 1967 nicht zutrifft (BFHE 142, 63, BStBl II 1985, 20); wegen der Einzelheiten nimmt der Senat auf die Gründe dieser Entscheidung Bezug. Sie gelten gleichermaßen für den vorliegenden Fall, in dem nach den Feststellungen des Finanzgerichts davon auszugehen ist, daß der Kläger nicht Unternehmer war, aber eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis in den Verkehr gebracht hat.
Zudem liegen nach den Feststellungen des Finanzgerichts keine Anhaltspunkte dafür vor, der Kläger hätte in gutem Glauben an seine Unternehmereigenschaft die Rechnung mit gesondertem Ausweis der Steuer erstellt, was eine Rechnungsberichtigung nach § 14 Abs. 2 UStG 1967 ermöglicht hätte (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 126/75, BFHE 133, 127, BStBl II 1981, 547).
2. Die Sache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, weil die nach Ansicht des Klägers klärungsbedürftige Frage bereits durch den Beschluß des Senats vom 13. September 1984 (BFHE 142, 63, BStBl II 1985, 20) und die darin angeführten Urteile entschieden ist; von einer erneuten Entscheidung ist eine weitere Klärung nicht zu erwarten (vgl. BFH-Beschluß vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196).
Fundstellen