Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Beendigung der Steuerpflicht ohne Veräußerungsanzeige
Leitsatz (NV)
- Für die Beendigung der Kfz-Steuerpflicht kommt es nicht auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages mit dem Erwerber eines Fahrzeuges, sondern auf die Abgabe einer Veräußerungsanzeige an.
- Eine Beendigung der Steuerpflicht nach Treu und Glauben kommt jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Kfz-Halter leichtfertig nicht erkannt hat, dass das FA von der Abgabe einer Veräußerungsanzeige nicht unterrichtet worden ist und vom Fortbestehen der Steuerpflicht ausgeht. Die Einziehung der Steuern ist dann auch nicht treuwidrig oder sonst unbillig, selbst wenn ein Hinweis auf die Pflichten, welche der Kfz-Halter zur Beendigung seiner Steuerpflicht erfüllen muss, unterblieben ist.
- Ob Fehler der Straßenverkehrsbehörde dem FA zuzurechnen sind und ob es zur Beendigung der Kraftfahrzeugsteuerpflicht führt, dass eine Veräußerungsanzeige zwar nicht abgegeben worden ist, der Kfz-Halter jedoch aufgrund des Verhaltens der Zulassungsstelle davon ausgehen durfte, er habe seinen diesbezüglichen Obliegenheiten genügt, bleibt offen.
Normenkette
KraftStG § 5 Abs. 5; StVZO § 27 Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) begehrt vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) die Erstattung von Kraftfahrzeugsteuer für den Zeitraum vom 17. November 1992 bis zum 6. August 1998 für ein Fahrzeug, das er verkauft und bei der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde abgemeldet haben will. Antrag und Klage sind ohne Erfolg geblieben. Das Finanzgericht (FG) urteilte, die Steuerpflicht habe vor dem 6. August 1998 mangels Abgabe einer Veräußerungsanzeige nicht nach § 5 Abs. 5 des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG) geendet. Ihr Ende sei auch nicht nach § 5 Abs. 4 Satz 1 KraftStG zu bestimmen, weil es ―selbst wenn diese Vorschrift auch bei Veräußerung eines Fahrzeuges anwendbar sein sollte― jedenfalls an der Rückgabe des Fahrzeugscheines fehle. Auch eine Vorverlegung des Zeitpunktes der Beendigung der Steuerpflicht nach § 5 Abs. 4 Satz 2 KraftStG komme nicht in Betracht, weil der Kläger die Abmeldung seines Fahrzeuges nicht schuldlos verzögert habe; denn er habe Kfz-Brief und Kfz-Schein aus der Hand gegeben und sich damit der Möglichkeit begeben, eine vorübergehende Stilllegung oder ein endgültiges Aus-dem-Verkehr-Ziehen herbeizuführen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist nach Art. 4 des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (BGBl I 2000, 1757) nach Maßgabe der Vorschriften der Finanzgerichtsordnung (FGO) in der bis zum In-Kraft-Treten dieses Gesetzes geltenden Fassung (FGO a.F.) zu beurteilen. Sie ist ―abgesehen von Mängeln der Bezeichnung bzw. Darlegung der Zulassungsgründe (vgl. § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO a.F.)― unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil ein Revisionszulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 FGO a.F.) nicht vorliegt.
1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO a.F.). Die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich klärungsbedüftig angesehene Frage, ob "ein ursprüngliches Verschulden der Verwaltungsbehörde durch ein nachfolgendes, unbewusstes Unterlassen des Steuerschuldners die Steuerpflicht weiter bestehen" lässt, bedarf nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren, soweit sie sich im Streitfall stellt.
Aufgrund der tatrichterlichen Feststellungen steht fest, dass der Kläger eine Veräußerungsanzeige i.S. des § 5 Abs. 5 KraftStG nicht abgegeben hat. Denn diese Vorschrift nimmt sinngemäß auf § 27 Abs. 3 Satz 1 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) Bezug, verlangt also, dass der Zulassungsbehörde, die dem Fahrzeug ein amtliches Kennzeichen zugeteilt hat, Name und Anschrift des Erwerbers des betreffenden Fahrzeuges anzeigt werden. Das ist nicht geschehen. Die Vorlage des Kaufvertrages über das Fahrzeug hat das FG rechtlich zutreffend (jedenfalls) deshalb nicht als Veräußerungsanzeige i.S. dieser Vorschrift gelten lassen, weil Name und Anschrift des Erwerbers nicht lesbar gewesen seien. Daran wäre der beschließende Senat in dem angestrebten Revisionsverfahren gebunden.
Das FG hat in diesem Zusammenhang erwogen, ob die Steuerpflicht nach § 5 Abs. 5 KraftStG deshalb beendigt sein könnte, weil die Vorlage des Kaufvertrages zwar keine ordnungsgemäße Veräußerungsanzeige darstellte, der Kläger jedoch auf das Fehlen der Veräußerungsanzeige bzw. die Mängel, die eine Würdigung der Vorlage des Kaufvertrages als Veräußerungsanzeige ausschließen, von der Zulassungsbehörde hätte hingewiesen werden müssen, jedoch nicht hingewiesen worden ist. Das FG hat in diesem Zusammenhang zugunsten des Klägers unterstellt, dass ein solcher Hinweis unterblieben ist; es hat eine Beendigung der Steuerpflicht nach § 5 Abs. 5 KraftStG jedoch im Ergebnis sinngemäß deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger aufgrund der weiterhin jahrelang vorgenommenen Abbuchung der Kraftfahrzeugsteuer und dem Ausbleiben eines Endbescheides über die Kraftfahrzeugsteuer sowie der Erstattung des Restguthabens der Kraftfahrzeugsteuer, ferner dem Ergehen eines Änderungsbescheides über die Kraftfahrzeugsteuer hätte erkennen müssen, dass die Verkehrsbehörde von dem Vorliegen einer ordnungsgemäßen Veräußerungsanzeige nicht ausgeht.
Es kann dahinstehen, ob dem FG darin gefolgt werden könnte, dass es zur Beendigung der Kraftfahrzeugsteuerpflicht nach § 5 Abs. 5 KraftStG führt und einen ungeschriebenen Tatbestand der Beendigung der Kraftfahrzeugsteuerpflicht erfüllt, wenn eine Veräußerungsanzeige zwar nicht abgegeben worden ist, der Kfz-Halter jedoch aufgrund des Verhaltens der Zulassungsstelle davon ausgehen darf, er habe seinen diesbezüglichen Obliegenheiten nach § 27 Abs. 3 StVZO genügt. Dem FG wäre nämlich, wenn man überhaupt eine solche Beendigung der Steuerpflicht gleichsam nach Treu und Glauben für denkbar hält, jedenfalls darin beizupflichten, dass der Kfz-Halter aus dem Verhalten der Verkehrsbehörde gegen das Fortbestehen seiner Kraftfahrzeugsteuerpflicht dann nichts herleiten kann, wenn er leichtfertig war und infolge dessen nicht erkannt hat, dass das FA von der Abgabe einer Veräußerungsanzeige nicht unterrichtet worden ist und deshalb vom Fortbestehen der Steuerpflicht ausgeht. Denn ungeachtet dessen, ob und unter welchen Voraussetzungen Fehler der Straßenverkehrsbehörde dem FA überhaupt zuzurechnen sind, begreift sich, ohne dass dies der Klärung in einem Revisionsverfahren bedürfte, dass die Einziehung der gesetzlich geschuldeten Steuern nicht treuwidrig oder sonst unbillig ist, wenn ein nach Sachlage gebotener Hinweis auf die Pflichten, welche der Kfz-Halter zur Beendigung seiner Steuerpflicht erfüllen muss, unterblieben ist, der Kfz-Halter jedoch auch ohne einen solchen Hinweis Anlass hatte, sich um die Beendigung seiner Steuerpflicht zu kümmern, weil er aus dem Verhalten des FA ersehen musste, dass dieses vom Fortbestehen der Steuerpflicht ausgeht. Dass der Kläger im Streitfall dies hat erkennen können und müssen, hat das FG in tatrichterlicher Würdigung der Umstände des Streitfalls festgestellt; hiervon wäre in dem künftigen Revisionsverfahren auszugehen. Die von der Beschwerde formulierte, als grundsätzlich bedeutsam angesehene allgemeine Frage, ob die Steuerpflicht durch Verschulden einer Verwaltungsbehörde beendigt werden kann, obwohl der Steuerpflichtige die Handlungen "unbewusst" unterlassen hat, die an sich zur Beendigung der Steuerpflicht erforderlich sind, würde sich also so allgemein nicht stellen.
2. Die weitere von der Beschwerde als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob "ein spätestens durch Erfüllung rechtswirksamer Kaufvertrag von der … Behörde als rechtlich unwirksamer Vertrag oder als Vertrag mit ex nunc-Wirkung angesehen werden" könne, würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren von vornherein nicht stellen. Denn für die Beendigung der Steuerpflicht nach § 5 Abs. 5 KraftStG kommt es, wie das FG zutreffend und eingehend ausgeführt hat, nicht auf die Wirksamkeit des Kaufvertrages an, den der Kläger mit dem Erwerber seines Fahrzeuges geschlossen hat, sondern auf die Abgabe einer Veräußerungsanzeige nach § 27 Abs. 3 Satz 1 StVZO.
3. Die Behauptung der Beschwerde, das Urteil des FG werde dem Rechtsstaatsprinzip nicht gerecht, ist nicht geeignet, zur Zulassung der Revision zu führen. Denn ein solcher Verstoß stellt für sich genommen keinen der in § 115 Abs. 2 FGO a.F. abschließend aufgeführten Zulassungsgründe dar.
4. Schließlich führt auch die Rüge, das FG habe dem Kläger rechtliches Gehör versagt, nicht zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. Denn mit dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerde ist ein Verfahrensmangel, auf dem das Urteil des FG beruhen kann, nicht bezeichnet. Bei verständiger Würdigung des Urteils des FG ergibt sich aus seiner Begründung, dass die Klage nicht deshalb abgewiesen worden ist, weil der Versicherungsschutz für das fragliche Fahrzeug noch bis Juli 1998 bestanden hat, sondern ―zumindest selbständig tragend auch deshalb― weil der Kläger hätte erkennen müssen, dass das FA vom Fortbestehen der Steuerpflicht ausgeht, und er sich deshalb auf eine etwa zu Unrecht unterbliebene Belehrung der Zulassungsstelle über die Anforderungen an eine Veräußerungsanzeige nicht berufen kann.
Fundstellen
Haufe-Index 653736 |
BFH/NV 2002, 75 |